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Antikonvulsiva

Viel mehr als nur Krampfschutz

Antikonvulsiva oder Antiepileptika wurden zur Verhinderung von zerebralen Krampfanfällen entwickelt. Doch die umfangreiche Stoffgruppe kann noch viel mehr. Ein Überblick über Indikationen jenseits der Epilepsie.
Martina Hahn
Sibylle C. Roll
18.12.2022  08:00 Uhr

Das erste Antikonvulsivum Phenobarbital wurde bereits vor mehr als 100 Jahren auf den Markt gebracht. Seitdem wurden viele neue Wirkstoffe entwickelt und zugelassen. Heute fasst man unter dem Oberbegriff »Antikonvulsiva« eine sehr heterogene Arzneistoffgruppe zusammen, deren Vertreter sich chemisch, pharmakologisch und toxikologisch stark voneinander unterscheiden (Tabelle 1).

Antikonvulsiva werden bei Weitem nicht nur bei Epilepsie, sondern in vielen Indikationsgebieten eingesetzt. Dabei handelt es sich oft um einen Off-Label-Gebrauch. In vielen Leitlinien gibt es jedoch positive Empfehlungen, gerade in Indikationen, in denen andere Therapieoptionen fehlen und eine Symptomlinderung erzielt werden kann. So entwickelten sich die »Antiepileptika« zu einer vielseitig verwendeten Wirkstoffgruppe. Ähnliches gilt nur noch für Antidepressiva, die auch bei zahlreichen Indikationen – häufig off Label – eingesetzt werden.

Stoffgruppe Beispiele
Barbiturate Phenobarbital, Primidon
Hydantoine Phenytoin
Succinimide Ethosuximid, Mesuximid
Benzodiazepine Clonazepam, Diazepam
Carbamate Cenobamat, Felbamat
Carboxamide Carbamazepin, Oxcarbazepin, Eslicarbazepin, Rufinamid
Racetame Brivaracetam, Levetiracetam
Fettsäuren Valproinsäure
GABA-Derivate (ohne GABA-Wirkung) Gabapentin, Pregabalin, Vigabatrin
AMPA-Rezeptor-Antagonisten Perampanel
Phenyltriazine Lamotrigin
Salze Kaliumbromid
Sulfonamid-Derivate Sultiam, Zonisamid
Amide Lacosamid
Sulfamat-substituierte Monosaccharide Topiramat
Cannabinoide Cannabidiol
Tabelle 1: Wirkstoffgruppen, die unter dem Oberbegriff Antikonvulsiva oder Antiepileptika zusammengefasst werden

Leidet ein Epilepsiepatient an Komorbiditäten, sollte dies bei der Auswahl des Antikonvulsivums immer berücksichtigt werden. So kann man eventuell synergistische Effekte nutzen und zudem unerwünschte Wirkungen auf die Begleiterkrankungen verhindern. Antikonvulsiva haben ein breites Interaktionsspektrum, sodass immer auch eine Komedikation bei der Auswahl des Antikonvulsivums berücksichtigt werden muss. Grundsätzlich muss die Auswahl des geeigneten Medikaments immer patientenindividuell erfolgen.

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