Variabler und zielgenauer |
Die in diese Kategorie eingeordneten hochwirksamen Arzneistoffe sind therapeutische Antikörper, die entweder durch Bindung an Lymphozyten deren immunologische Depletion induzieren oder die Einwanderung von Lymphozyten aus dem Blutstrom in das ZNS unterdrücken (Abbildung 4).
Natalizumab (Tysabri®) ist ein Antikörper zur Blockade des Adhäsionsmoleküls Integrin α4 auf Lymphozyten, wodurch deren Einwanderung aus dem Gefäßsystem ins ZNS über die Blut-Hirn-Schranke verhindert wird. Es ist seit 15 Jahren in der MS-Therapie gut etabliert (2,2 Millionen DDD 2020, zunehmend) (9) und verringert bei monatlicher intravenöser Applikation von 300 mg die Schubhäufigkeit von RRMS-Patienten stark.
Abbildung 4: Übersicht der in der MS-Therapie angewendeten Immunmodulatoren / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Die mit Natalizumab verbundene Immunsuppression kann zum Auftreten einer potenziell tödlichen PML (progressive multifokale Leukenzephalopathie) führen. Daher ist ein enges Monitoring des JC-Virus-Antikörperstatus der Patienten vor und während der Therapie vorgeschrieben.
Alemtuzumab (Lemtrada®), ein Antikörper gegen das auf sowohl B- als auch T-Lymphozyten exprimierte Epitop CD52, folgt dagegen dem erstgenannten Wirkprinzip. Durch seine Bindung an Lymphozyten werden diese für eine Eliminierung durch verschiedene Abwehrmechanismen des Immunsystems markiert. Die damit einhergehende Immunsuppression hemmt die Schubanfälligkeit und die Behinderungsprogression bei der RRMS signifikant.
Der Antikörper wird als Stoßtherapie angewendet, wobei die Patienten an fünf aufeinanderfolgenden Tagen je 12 mg i.v. erhalten. Erst nach zwölf Monaten wird die Therapie mit einer dreimaligen Applikation fortgesetzt. Trotz einer hohen Wirksamkeit wird Alemtuzumab in Deutschland nur eingeschränkt für schwere Verlaufsformen der RRMS verwendet. Eine generell erhöhte Infektionsanfälligkeit der Patienten kann in schweren Fällen auch zu Autoimmunstörungen, zum Beispiel Schilddrüsenerkrankungen oder Nephropathien, führen.