Therapiekontrolle für mehr Lebensqualität |
Ein gutes selbstbestimmtes Leben trotz schwerer Krankheit – das will die Palliativversorgung ermöglichen. / © Adobe Stock/pressmaster
Sinn und Zweck einer Arzneimitteltherapie ist die Heilung von Krankheiten oder die Linderung von Symptomen. Der Fokus der palliativmedizinischen Versorgung liegt auf der Linderung belastender Symptome und Verbesserung der Lebensqualität. Die medikamentöse Therapie spielt dabei eine zentrale Rolle, birgt jedoch auch Risiken. Dies erfordert eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und potenziellen Risiken.
Dies gilt insbesondere für vulnerable Patientengruppen, zu denen auch Palliativpatienten gehören. Diese können an einer nicht heilbaren Tumorerkrankung, aber auch an weit fortgeschrittenen internistischen oder neurologischen Erkrankungen mit begrenzter Lebenserwartung leiden. Es sind Patienten in allen Altersgruppen, häufig in höherem Lebensalter, und multimorbide mit vielfältigen Leiden und Symptomen. Zusätzlich leiden sie meist an Organinsuffizienzen. Häufige Beschwerden sind Schmerzen, Atemnot, Übelkeit, Angst oder Unruhe.
Um eine wirksame und sichere Therapie zu gewährleisten, ist das individuelle Monitoring der Arzneimitteltherapie ein wichtiger Schritt im Behandlungsprozess. So kann die Therapie bestmöglich auf den Patienten abgestimmt und bei fehlender Wirksamkeit oder belastenden Nebenwirkungen – unter Berücksichtigung der individuellen Situation – angepasst werden. Allerdings ist ein Therapiemonitoring im palliativen Kontext mit besonderen Herausforderungen verbunden. Dieser Artikel beleuchtet die Strategien und Werkzeuge und zeigt, wie das pharmazeutische Fachpersonal diesen Prozess unterstützen kann.
Verschiedene Faktoren spielen bei der Therapieplanung und -überwachung im palliativen Kontext eine entscheidende Rolle. Neben medizinischen Aspekten sind dies vor allem die Bedürfnisse und Wünsche der Patienten sowie die Möglichkeiten im individuellen Versorgungsumfeld (Kasten).
© Adobe Stock/Jürgen Fälchle
Die Palliativversorgung stellt die Lebensqualität der Patienten und ihrer Angehörigen in das Zentrum aller Bemühungen. Die Symptomlinderung ist ein Hauptziel der Behandlung unter Berücksichtigung physischer, psychosozialer und spiritueller Dimensionen. Ein weiterer Aspekt der palliativmedizinischen Versorgung ist die individuelle Behandlung der Patienten – dies beinhaltet sowohl die Versorgungsart als auch den Ort.
So unterscheidet man zwischen einer allgemeinen und einer spezialisierten Palliativversorgung. Die allgemeine, kurz AAPV, wird insbesondere durch Hospizvereine, Haus- und Fachärzte sowie ambulante Pflegedienste getragen. Die spezialisierte Palliativversorgung findet im stationären Setting auf Palliativstationen und in Hospizen statt, im ambulanten Bereich spielen SAPV-Teams (spezialisierte ambulante Palliativversorgung) eine große Rolle. Hier werden Patienten in ihrem Zuhause versorgt: zu Hause, in stationären Einrichtungen der Altenhilfe, in speziellen Wohnformen wie Demenz- oder Beatmungs-WG sowie in Einrichtungen der Behindertenhilfe.
Ein wesentliches Prinzip der spezialisierten Versorgung ist der multiprofessionelle und interdisziplinäre Ansatz. Palliativteams bestehen in der Regel aus speziell ausgebildeten Ärzten, Pflegekräften, Sozialpädagogen, Seelsorgern, Therapeuten und Apothekern. Dadurch wird man den körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Bedürfnissen der Patienten und Angehörigen in der letzten Lebensphase bestmöglich gerecht.
Palliativpatienten erhalten in der Regel mehrere, nicht selten bis zu 15 verschiedene Präparate (1). Knapp die Hälfte der Medikamente wird außerhalb ihrer Zulassung, im sogenannten Off-Label-Use, eingesetzt (2). Dies erhöht das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) zusätzlich (3). Darüber hinaus nehmen Patienten oftmals auf eigene Initiative frei verkäufliche Präparate, Phytotherapeutika und Nahrungsergänzungsmittel ein.
Mit der Anzahl der Medikamente steigt das Risiko für schwerwiegende UAW (4, 5). Durch Organinsuffizienzen wie eingeschränkte Leber- oder Nierenfunktion verändern sich zudem die Metabolisierung und Eliminierung. Mögliche Konsequenzen sind eine verminderte, fehlende oder verstärkte Wirkung, eine damit einhergehende Verschlechterung des Zustands sowie unnötige Krankenhauseinweisungen.
Ein hilfreiches Tool zur Einschätzung der Symptomlast im palliativen Kontext ist der sogenannte IPOS (Integrated Palliative Care Outcome Scale). Dieses Tool zur Erfassung der Belastungen und Probleme von Patienten bildet die aktuellen und jeweiligen Bedürfnisse ab. Dabei geht es nicht darum, wie stark Symptome oder Probleme ausgeprägt sind, sondern wie belastend sie für die Patienten sind. So gibt der Patient auf einer Skala von »gar nicht« bis »extrem stark« an, inwiefern ihn Symptome wie Schmerzen, Atemnot, Schwäche, Übelkeit oder Mundtrockenheit belasten (25, 26).
Auf diese Weise können klare Therapieziele festgelegt, die Auswirkungen von Interventionen festgestellt und der Therapieverlauf dargestellt werden. Zusätzlich ist eine Priorisierung stärker belastender Symptome möglich.