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Allergien bei Kindern

Rechtzeitig auf Toleranz polen

Ohne Frage sind Antihistaminika und Glucocorticoide gut wirksame Hilfen, um akute Beschwerden infolge von Pflanzenpollen, Milben oder Tierhaaren zu lindern. Doch warum eine Desensibilisierung langfristig auch für Kinder die bessere Wahl ist, erklärt Professor Dr. Ludger Klimek, Präsident des Ärzteverbandes deutscher Allergologen.
Elke Wolf
04.03.2022  18:00 Uhr

Es gibt immer mehr Allergiker in Deutschland. »Mindestens jedes dritte Kind, in manchen Risikogruppen fast die Hälfte, ist allergisch sensibilisiert. Meist sind es eine allergische Rhinitis, Neurodermitis oder Asthma bronchiale bei den Älteren, die Beschwerden machen. Und das ist eine enorm hohe Zahl«, informiert Klimek im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung. Das Risiko für einen Etagenwechsel vom Heuschnupfen zum Asthma ist nachweislich unabhängig von einer genetischen Vorbelastung und ist besonders dann erhöht, wenn Kinder bereits im Vor- bis Grundschulalter Beschwerden an Haut, Nase und Augen zeigen. »Die meisten Kinder entwickeln ihren Heuschnupfen nicht im Kindergartenalter, sondern zwischen sechs und zwölf Jahren. Dieser hat auch in der Regel nicht die Tendenz, sich zu verwachsen, wie man das manchmal von einer Neurodermitis kennt«, berichtet Klimek von seinen langjährigen Erfahrungen im allergologischen Zentrum in Wiesbaden.

Was heißt das für das beratende Apothekenteam, sollten besorgte Eltern generell bei Beschwerden ihrer Kinder immer erst an den Arzt verwiesen werden? »Natürlich kann das Apothekenteam kurzfristig für das Kind Antihistaminika empfehlen. Schließlich handelt sich um eine Ad-hoc-Medikation und ist eine schnell wirksame Hilfe. Wenn die Beschwerden aber länger bestehen und die Eltern immer wiederkommen, sollten PTA und Apotheker aufklärend tätig sein. Der Hinweis, dass eine Allergie auch immer eine Entzündung ist und bei längerem Bestehen Schaden anrichten kann, ist hilfreich und sollte in der Apotheke immer dazugehören.« In der Information und Beratung hinsichtlich einer effektiven Behandlung sieht der Allergologe deshalb die wichtigste Aufgabe des Apothekers.

In der Tat können bis rund 40 Prozent der Patienten mit allergischer Rhinokonjunktivitis ein chronisches Asthma entwickeln und somit einen Etagenwechsel erleben. Je länger die allergische Belastung bereits anhält, desto wahrscheinlicher werden sich Bronchialbeschwerden dazugesellen. Die Zuwachsraten beim Asthma bronchiale, die in den vergangenen Jahren zu verzeichnen sind, führen Experten vor allem auf unbehandelten Heuschnupfen zurück. »Die Tendenz, dass sich die Entzündung auch auf die Lunge ausdehnt, ist Grund genug, mit einer Hyposensibilisierung nicht zu lange zu warten. Das Risiko eines Asthmas lässt sich durch eine Immunisierung in etwa halbieren. Die Erfolgsquoten sind umso besser, je früher man damit beginnt.«

Arzneistoffgruppe Wirkstoff Besonderheiten
Antihistaminika oral Cetirizin (wie Zyrtec®) Cetirizin und Loratadin abhängig von Darreichungsform teils ab 1 Jahr
Antihistaminika oral Loratadin (wie Lorano®) Cetirizin und Loratadin abhängig von Darreichungsform teils ab 1 Jahr
Antihistaminika oral Levocetirizin (wie Levocetirizin Stada®) Levocetirizin ab 6 Jahre
Antihistaminika oral Desloratadin (wie Lorano® Pro) Desloratadin ab 2 Jahre
Antihistaminika topisch (Nasenspray und Augentropfen) Azelastin (wie Azedil®, Allergodil®, Pollival®, Azela-Vision®, Vividrin®) Azelastin als AT ab 4 Jahre (saisonal), ab 12 Jahre (ganzjährig), als NT ab 6 Jahre
Antihistaminika topisch (Nasenspray und Augentropfen) Levocabastin (wie Livocab®) Levocabastin ab 1 Jahr, vor Anwendung schütteln, da Suspension
Antihistaminika topisch (Nasenspray und Augentropfen) Ketotifen (wie Zaditen® ophtha) Ketotifen ab 3 Jahre
Nasale Steroide Beclometasonpropionat (wie Ratioallerg® Heuschnupfenspray, Rhinivict® nasal) rezeptfrei ab 18 Jahre
Nasale Steroide Fluticasonpropionat (wie Otri Allergie® Nasenspray Fluticason) rezeptfrei ab 18 Jahre
Nasale Steroide Mometasonfuroat (wie Momeallerg® Galenpharma, Mometahexal®, Nasonex®, rzpt.) rezeptfrei ab 18 Jahre,
Nasonex® für Kinder ab 3 Jahre
Nasale Steroide Flunisolid (wie Syntaris® Nasenspray, rzpt.) Kinder ab 5 Jahre
Nasale Steroide Budesonid (wie Aquacort®, rzpt.) Kinder ab 6 Jahre
Mastzellstabilisatoren topisch Cromoglicinsäure-Salze (wie Pollicrom® Nasenspray und Augentropfen, Allergo-Comod® Augentropfen) auch für Kinder geeignet
Orale und topische Interventionsmöglichkeiten zur Behandlung der allergischen Rhinokonjunktivitis bei Kindern und Jugendlichen, rezeptfrei oder -pflichtig
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