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Mögliche Impfpflicht

Rationale Argumente können Impf-Ängste noch verstärken

Ungeimpfte haben oft irrationale Angst vor der Covid-19-Impfung. Rationale Argumente würden nicht viel helfen, sondern könnten die Ängste verstärken, erklärte der Soziologe Prof. Armin Nassehi im Rahmen eines Vortrags bei House of Pharma zu Aspekten einer Covid-19-Impfpflicht. Impfskepsis sei kaum mit Bildung zu erklären. Er kritisierte daher die staatlichen Impfkampagnen.
Charlotte Kurz
29.03.2022  12:00 Uhr

Pestquarantäne oder Pockendisziplinierung?

Medizinhistorisch gesehen, gebe es zwei Vorgehensweisen zur Bewältigung einer Pandemie, so Nassehi. Dabei verwies er auf den Medizinhistoriker Michel Foucault. Dieser unterschied zwischen einer Pestquarantäne, also einer Ausgrenzung, Isolation oder Ausmerzung und einer Pockendisziplinierung, die auf politische, pädagogische, moralische und ökonomische Regulierung angewiesen ist. Seit es Impfungen gibt, werde auch auf die Disziplin der zu impfenden Personen geachtet, damit kam noch eine disziplinierte Selbstverantwortung hinzu. Aus diesen Maßnahmen bedient sich auch die derzeitige Pandemie-Bewältigung.

Heute sieht die Situation aber so aus, dass laut der COSMO-Studie (Covid-19 Snapshot Monitoring, Stand: Mitte März 2022) 80 Prozent der bislang nicht-geimpften Personen ausgesagt haben, dass sie keine Absicht haben, sich impfen zu lassen. Selbst wenn es also eine wirkungsvollere Impfkampagne oder sogar eine Impfpflicht geben würde, wäre es also sehr schwierig diese Personen von einer Impfung zu überzeugen. Diese Impfskepsis sei zudem kaum mit Bildung zu erklären. »Bildung hilft dagegen so gut wie gar nicht« und »je höher die Bildung desto semantisch komplexer sind die Vorurteile«, betonte Nassehi. Damit spielt er auf die kontraintuitive Wirkung der Impfung an, die im 18. Jahrhundert erstmals anhand der Pocken entdeckt und gleich zu Anfang auch umstritten war. Die Gesundung durch Kontakt mit Substanzen eines Kranken oder sogar mit Substanzen eines Tieres widersprach dem kollektiven Gedächtnis der Gesellschaft aus der Pestzeit, wo jeglicher Kontakt mit Kranken vermieden wurde. Diese Behauptung des Gegenteils hat sich scheinbar im kollektiven Gedächtnis erhalten, schlussfolgerte Nassehi.

Impfskepsis existiert seit Anbeginn von Impfungen

Auch bereits um 1800 gab es Impfskepsis im Zuge der sogenannten Vernunftaufklärung, die damals gegen die wissenschaftliche Empirie diskutierte. Um 1900 war auch unter dem gebildeten Bürgertum in vielen europäischen Ländern ein Irrationalismus bezüglich Impfungen trotz hohen Bildungsgrads weit verbreitet, insbesondere unter kulturell und weniger unter naturwissenschaftlich gebildeten Menschen, so Nassehi. Das Problem auch heute: Rund 70 Prozent der Ungeimpften haben große Angst vor der Impfung (COSMO-Studie, Stand: Ende Februar 2022). Wer irrationale Ängste vor der Impfung habe, sei aber laut Nassehi nicht empfänglich für rationale Erklärungen. Rationale Argumente und Informationen könnten sogar das Gegenteil des Erwünschten hervorbringen, also noch mehr Ängste, weil den Informationen schlichtweg nicht vertraut wird. Im Vergleich zu Ende November 2021, zeigte die COSMO-Studie nun im Februar, dass die Angst unter den nicht-geimpften Personen sogar noch angewachsen war.

Offen blieb Nassehi allerdings in dem Punkt, wie man auf diese Ängste, etwa beim Beratungsgespräch in der Apotheke am besten reagiert. Er kritisierte jedoch die aktuellen staatlichen Kampagnen zu bestimmten Verhaltensweisen und zum Impfen. Diese seien in Deutschland nicht gut gemacht worden. »Da haben die Bundesregierung und auch die Landesregierungen es versäumt, anders als in anderen Ländern, hier Profis aus Marketing und Werbe-Agenturen ranzulassen«, so Nassehi.

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