Rationale Argumente können Impf-Ängste noch verstärken |
Der Soziologe Professor Dr. Armin Nassehi bezweifelt die Durchsetzbarkeit einer Covid-19-Impfpflicht. / Foto: Hans-Günther Kaufmann
Das Problem mit der Impfpflicht sei nun, dass sie aufzeige, welche Steuerungsprobleme in einem komplexen System wie unserer Gesellschaft herrschen können. Nassehi bezweifelte dabei, ob der Staat die politische Macht hätte, eine Impfpflicht auch durchzusetzen. Denn in einer Demokratie könne nur das reguliert werden, was auch tatsächlich sanktionierbar ist. Einen Impfzwang, also dass jemand von der Polizei abgeholt wird und zwangsmäßig geimpft werde, sei aber mit dem aktuellen Coronavirus nicht vorstellbar, so Nassehi. Deshalb sei eine Impfpflicht vor dem Hintergrund der 80 Prozent, die nicht die Absicht haben, sich impfen zu lassen, kaum durchzusetzen, auch bei Sanktionierung etwa durch wiederholte Bußgelder.
Erschwerend komme hier noch die sogenannte Gegenwärtigkeitsorientierung hinzu. »Wir sind eigentlich kaum zukunftsfähig«, konstatierte Nassehi. Damit meinte er, dass in den kommenden Sommermonaten, in denen die Corona-Inzidenzen wieder sinken werden, der Bedarf von weiteren Impfungen oder sogar einer Impfpflicht in der Gesellschaft kaum mehr als nötig erachtet wird. Diese Gegenwärtigkeitsorientierung erschwere Demokratien langfristige Ziele zu erreichen oder auch Probleme zu lösen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.