Neue Einsatzgebiete in der Psychiatrie |
Problematisch ist auch die Analytik der Substanzen im Drogenscreening. Im Handel befinden sich immunologische Urin- und Speicheltests auf neue psychoaktive Substanzen. Im normalen Drogenschnelltest schlagen die Wirkstoffe aufgrund der ähnlichen Struktur teilweise an, lassen sich jedoch dann nicht von den »altbekannten« Substanzen unterscheiden.
Einige Labore bieten spezielle Screenings auf NPS an. Um welche Substanz es sich genau handelt, kann nur massenspektrometrisch aufgeschlüsselt werden. Dabei ist es eine große Herausforderung, reine Substanzen für eine Validierung der Methode zu erhalten, sodass auch diese Analytik mit der schnellen Neuentwicklung an Wirkstoffen nie Schritt halten kann.
Für die Analytik von bekannten und unbekannten Substanzen ist die empfindliche und hochauflösende Q-TOF-Massenspektrometrie optimal. Diese ist besonders geeignet, um Designerdrogen in biologischen Matrizes zu bestimmen. Die Systeme sind schnell, hochselektiv und erlauben die simultane Analyse bekannter wie auch unbekannter neuartiger Verbindungen. Die Kombination mit aktuellen forensischen Datenbanken oder externen Strukturdatenbanken hilft, neue Substanzen zu identifizieren.
Auch intelligente Softwarelösungen sind von großem Nutzen. Neuartige Algorithmen erleichtern es, chromatografisch auffällige Signale zu finden und Fragment-Informationen zu verarbeiten. Dies ist in der Strafverfolgung hilfreich, hilft aber einem Patienten in der Notaufnahme nicht.
Psychoaktive Substanzen wie MDMA, Psilocybin, CBD und (Es-)Ketamin ergänzen das Behandlungsspektrum bei vielen psychischen Erkrankungen. Erste Zulassungen sind erfolgt, weitere werden in naher Zukunft und in weiteren Ländern erwartet. Unerlässlich ist es, dass die Substanzeinnahme in eine Psychotherapie eingebettet ist. Von Selbstversuchen ist angesichts von Kontraindikationen und schweren Nebenwirkungen dringend abzuraten.
Neue psychoaktive Substanzen stellen immer ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. Intoxikationen stellen eine Herausforderung für jeden Arzt in der Notaufnahme dar. Todesfälle sind möglich. Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, Kinder und Jugendliche vor den Gefahren zu warnen und vor der Einnahme zu schützen. Gerade in der Hirnreifungsphase haben psychoaktive und neue psychoaktive Substanzen eine besonders schädigende Wirkung auf das Gehirn.
Martina Hahn ist Fachapothekerin für Klinische Pharmazie. Derzeit arbeitet sie in der psychiatrischen Klinik des Universitätsklinikums Frankfurt und der Klinik für psychische Gesundheit am varisano Klinikum Frankfurt Höchst als klinische Pharmazeutin. Sie ist seit 2021 Professorin in Klinischer Pharmazie an der Philipps-Universität Marburg.
Sibylle C. Roll ist Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie mit Zusatzbezeichnung Suchtmedizin und als Dozentin an mehreren Ausbildungsinstituten und Universitäten tätig. Sie ist Professorin für Klinische Pharmazie am College of Pharmacy der Universität Florida. Professor Roll ist seit November 2020 Chefärztin der Klinik für psychische Gesundheit am varisano Klinikum Frankfurt Höchst.