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Klare Indikationen für den Hormonersatz

Vaginale Symptome besser topisch behandeln

Sind sexuelle Probleme dagegen in erster Linie durch Scheidentrockenheit (vulvovaginale Atrophie) bedingt, ist eine systemische HRT nicht die erste Wahl. Sie erzielt insbesondere in niedrigen Dosierungen oft keine ausreichende Wirkung auf das Vaginalepithel. Stattdessen – bei behandlungsbedürftigen vasomotorischen Beschwerden auch zusätzlich – rät die Leitlinie zur lokalen Estriol-Therapie mit Vaginalcremes, -tabletten, -zäpfchen oder -ringen. Ebenfalls zugelassen ist Prasteron, das mit dem humanen Prohormon Dehydroepiandrosteron (DHEA) biochemisch identisch ist. Nach Applikation der Vaginalzäpfchen wird es in Estrogene und Androgene umgewandelt.

Hormonfreie Befeuchtungs- oder Gleitmittel konnten vaginale Schmerzen, Juckreiz und Trockenheit in Studien in etwa demselben Maß lindern wie ein topisches Estrogenpräparat. Auf den hormonell bedingten Abbau der Vaginalschleimhaut und den pH-Wert wirkten sie sich allerdings nicht aus.

Eine systemische HRT kann eine Harninkontinenz in und nach den Wechseljahren nicht nur nicht verhindern, sondern im Gegenteil sogar fördern. Das belegt unter anderem ein großer Cochrane-Review: Eine orale Estrogen-Monotherapie vervierfachte das Risiko einer Belastungsinkontinenz, eine kombinierte HRT verdreifachte es knapp. Bestehende Symptome einer Blasenschwäche verschlechterten sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 10 bis 30 Prozent. Über dieses Risiko sollten Ärzte und Apotheker Frauen vor Beginn einer HRT informieren.

Eine vaginale Estrogentherapie wirkt sich dagegen nachweislich positiv auf Inkontinenzbeschwerden aus – unabhängig vom Zustand der Scheidenschleimhaut. Auch bei einer überaktiven Blase mit Drangsymptomatik und bei häufigen Harnwegsinfekten kann topisches Estrogen (off Label) helfen.

Einfluss auf das Krebsrisiko

Viele Frauen mit menopausalen Beschwerden könnten von einer HRT profitieren, wenden die verordneten Präparate jedoch nicht an, weil sie Angst vor Brustkrebs haben. Hier kann das Apothekenteam viel zur Aufklärung beitragen.

Zwar belegte eine 2019 publizierte umfangreiche Metaanalyse von Interventions- und Beobachtungsstudien, dass jede Form der HRT das Brustkrebsrisiko erhöht. Die absoluten Zahlen sind jedoch im Vergleich zu anderen beeinflussbaren Risikofaktoren, etwa Übergewicht und Rauchen, nicht hoch (Kasten). Und sie hängen stark von der Behandlungsdauer ab. Eine HRT von maximal einem Jahr steigert das Risiko offensichtlich nicht. Bei einer Dauer von mehr als zehn Jahren ist es etwa doppelt so hoch wie bei fünf Jahren. Nach dem Ende der Hormontherapie sinkt die Gefahr einer Krebserkrankung wieder.

Unter einer sequenziellen Gestagengabe scheint das Risiko geringer zu sein als unter einer kontinuierlichen. Epidemiologische Daten weisen darauf hin, dass synthetische Gestagene mit einem höheren Risiko verbunden sind als bioidentisches Progesteron.

Eine Estrogen-Monotherapie erhöht das Brustkrebsrisiko – wenn überhaupt – in weitaus geringerem Maß als die kombinierte HRT; in der WHI-Studie zeigte sich sogar ein schützender Effekt. Topisches Estrogen in der Vagina hat nach bisherigen Erkenntnissen auch bei einer langjährigen Anwendung keinen Einfluss auf das Krebsrisiko.

Die Zugabe eines Gestagens gilt zwar prinzipiell als effektiver Schutz vor der Entstehung eines Endometriumkarzinoms, bei einer Therapiedauer von mehr als sechs Jahren kann das Risiko dennoch leicht ansteigen. Medroxyprogesteron scheint gegenüber Dydrosteron oder Progesteron sogar einen ausgeprägteren protektiven Effekt zu haben.

Auch das Risiko für ein Ovarialkarzinom erhöht sich unter der HRT geringfügig. Pro 1000 über fünf Jahre behandelte Frauen erkrankt laut einer Metaanalyse von 52 Studien eine Frau zusätzlich daran.

Dagegen reduziert die Hormontherapie das Risiko für Darmkrebs. In der WHI-Studie erhielten in der Placebogruppe 16 von 10.000 Frauen die Diagnose Darmkrebs, in der Gruppe mit einer kombinierten HRT waren es nur zehn. Auch in fast allen neueren Studien zeigte sich eine Risikoreduktion – im Schnitt etwa um ein Viertel. Eine Indikation für einen präventiven Einsatz der HRT ergibt sich laut Leitlinie daraus jedoch nicht.

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