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Klare Indikationen für den Hormonersatz

Lange Zeit hatte die Hormonersatztherapie in den Wechseljahren einen schlechten Ruf. Zurzeit erlebt sie ein Revival: Insbesondere bioidentischen Hormonen werden zahlreiche Vorteile für die Gesundheit zugeschrieben. Was kann die HRT – und was nicht?
Clara Wildenrath
25.05.2023  11:00 Uhr

In ihrer rund 60-jährigen Geschichte erlebte die Hormonersatztherapie (HRT) für Frauen in den Wechseljahren manchen Imagewandel. In den 1960er-Jahren wurden konjugierte Estrogene aus Stutenurin als »Jungbrunnen« gefeiert. Nach ein paar Jahren stellte sich heraus, dass unter einer Estrogen-Monotherapie das Risiko für Endometriumkarzinome steigt. Die Entdeckung, dass sich dieses Risiko durch die Kombination mit einem Gestagen senken lässt, führte in den 1990er-Jahren zur Hochphase der HRT. Sie galt für Frauen ab der Lebensmitte als Standard – nicht nur zur Behandlung menopausaler Symptome, sondern auch zur Prävention von Osteoporose und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Im Jahr 2002 wurden die Ergebnisse der großen WHI-Studie (Women᾿s Health Initiative) veröffentlicht. Nach einem Follow-up von rund fünf Jahren zeigte sich in der Gruppe mit einer kombinierten HRT ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs, Thrombosen und Schlaganfälle. Wegen eines negativen Nutzen-Risiko-Profils wurde die Studie vorzeitig abgebrochen. Schlagartig ging die Verordnung von Hormonen zur Behandlung klimakterischer Beschwerden zurück.

Nachdem die HRT zwischenzeitlich verteufelt und in Fachkreisen vereinzelt sogar mit dem Contergan-Skandal verglichen wurde, begann vor einigen Jahren ein erneuter Aufschwung. Ein Grund ist die Neuinterpretation der WHI-Ergebnisse. Weil das durchschnittliche Alter der Studienteilnehmerinnen mit 63,3 Jahren sehr hoch lag und die eingesetzten konjugierten Estrogene weder hinsichtlich der Dosis noch des Applikationswegs modernen Präparaten entsprachen, gilt die Studie heute nur noch als eingeschränkt aussagekräftig.

Einen regelrechten Hype in der populärwissenschaftlichen Literatur und in den sozialen Medien erleben derzeit die bioidentischen Hormone, zunächst in den USA und zunehmend auch in Deutschland. Prominente wie die amerikanische Talk-Ikone Oprah Winfrey propagieren sie sogar als Lifestyle- und Anti-Aging-Mittel, das Hitzewallungen und Schlafprobleme verschwinden lässt, Haut und Gewebe strafft, die Knochen stärkt, Liebesleben und Stimmung verbessert und vor Demenz schützt. Unabhängig von der Art der eingesetzten Hormone: Als Lifestyle-Medikament ist die HRT in Deutschland nicht zugelassen.

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