Klare Indikationen für den Hormonersatz |
Weniger eindeutig ist die Studienlage zur Prävention anderer chronischer Erkrankungen. Insbesondere die Erwartung, dass sich durch die HRT das Herz-Kreislauf-Risiko senken lässt, erfüllte sich bisher nicht. Sie speist sich aus der Beobachtung, dass Frauen vor der Menopause deutlich seltener einen Herzinfarkt erleiden als Männer, die Inzidenz danach aber ansteigt. Einen signifikanten Einfluss der HRT auf das koronare Risiko belegen jedoch weder die WHI-Studie noch eine große Cochrane-Metaanalyse von 19 randomisierten Interventionsstudien mit mehr als 40.000 Teilnehmerinnen.
Bei vasomotorischen Beschwerden in den Wechseljahren kann eine Hormonersatztherapie hilfreich sein. / Foto: Getty Images/fizkes
Allerdings fanden sich Hinweise, dass eine vor dem 60. Lebensjahr beziehungsweise innerhalb von zehn Jahren nach der Menopause begonnene HRT die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarkts vermindern kann. In der WHI-Studie war das kardiovaskuläre Risiko unter einer reinen Estrogentherapie in allen Altersgruppen niedriger als unter der kombinierten HRT. Vor allem Medroxyprogesteronacetat in hohen Dosen scheint sich nachteilig auszuwirken. Deshalb liegt die Annahme nahe, dass die Gestagenkomponente hier einen entscheidenden Einfluss hat. Der Effekt von modernen Gestagenen oder bioidentischem Progesteron sei bisher nur ungenügend durch randomisierte Interventionsstudien geprüft, erklären die Leitlinienautoren.
In der WHI-Studie ergab sich unter der kombinierten HRT darüber hinaus eine signifikante Risikosteigerung um 87 Prozent für tiefe Beinvenenthrombosen und um 37 Prozent für Schlaganfälle. Verantwortlich dafür ist mutmaßlich vor allem das Estrogen, das bei oraler Einnahme in hohen Konzentrationen in die Leber gelangt und die Synthese von Gerinnungsfaktoren stimuliert. Die Zugabe von Medroxyprogesteronacetat scheint diesen Effekt noch zu verstärken, während bioidentisches Progesteron und neuere Derivate wie Dydrogesteron und Medrogeston offenbar neutral wirken. Für das individuelle Risiko spielen darüber hinaus Faktoren wie Alter, Gewicht und genetische Prädisposition, zum Beispiel eine Faktor-V-Leiden-Mutation, eine wichtige Rolle.
Bei einer transdermalen Estrogenanwendung ergab sich in großen Beobachtungsstudien bisher kein Hinweis auf ein erhöhtes thromboembolisches Risiko. Eine britische registerbasierte Fall-Kontroll-Studie fand allerdings ein erhöhtes Schlaganfallrisiko für hoch dosiertes transdermales Estrogen (über 50 µg). Valide Daten aus randomisierten Interventionsstudien fehlen auch hier.
Wegen der geringen Evidenz für einen Einfluss auf das kardiovaskuläre Risiko und wegen des möglichen Thromboserisikos ist eine HRT laut Leitlinienempfehlung zur Prävention koronarer Herzerkrankungen ungeeignet. Zur Behandlung klimakterischer Beschwerden sollte sie aus denselben Gründen vor dem 60. Lebensjahr begonnen werden.