Halsschmerzen immer hinterfragen |
Ein grippaler Infekt beginnt oft mit Halsschmerzen. Da meist Viren die Auslöser sind, ist eine symptomatisch lindernde Therapie angebracht. / Foto: Adobe Stock/ajlatan
Der Hals verbindet Kopf und Körper. Im Inneren liegen Wirbelsäule, Luft- und Speiseröhre dicht beieinander, der Kehlkopf sorgt für Stimmbildung und Luftröhrenverschluss und die Schilddrüse für eine lebenswichtige Hormonproduktion. Rachen-, Gaumen- und Zungenmandeln (Tonsillen) sind wichtige Bestandteile des Lymph- und Immunsystems. Mund und Rachen sind mit einer hoch spezialisierten Schleimhaut überzogen. Halsbeschwerden können infektiologisch oder nicht-infektiologisch jeden dieser Bereiche betreffen. Die fundierte Beratung in der Apotheke spielt eine große Rolle, um die Grenzen der Selbstmedikation auszuloten.
Egal ob Erwachsener oder Kind: Jeder kennt das Gefühl, wenn der Hals gerötet ist, das Schlucken schmerzt und sich eine Erkältung anbahnt. Je nach Erreger oder Lokalisation der Entzündung unterscheidet man eine Rachen- (Pharyngitis) oder Mandelentzündung (Angina tonsillaris, Tonsillitis). Sind beide Strukturen betroffen, spricht man von einer Pharyngotonsillitis oder Tonsillopharyngitis. Die Laryngitis beschreibt die Kehlkopfentzündung, die Pharyngolaryngitis betrifft zusätzlich den Rachen.
Es ist nicht sicher möglich, zwischen einer viralen, bakteriellen oder nicht infektiösen Entzündung zu unterscheiden. In jedem Beratungsgespräch sollte der Apotheker auf schwerwiegende Symptome und Warnzeichen (Red Flags) achten (Kasten).
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Im Beratungsgespräch in der Apotheke ist auf Warnzeichen, sogenannte »Red Flags«, zu achten, die eine ärztliche Abklärung der Halsschmerzen erfordern. Dazu zählen:
Störungen der Mundflora, die eine natürliche Schutzbarriere gegen diverse Krankheitserreger bildet, Schleimhautreizungen und unzureichende Mundpflege erhöhen das Risiko für Infektionen. Mucositis, Gingivitis, Stomatitis und Aphthen sowie virale Erkrankungen wie Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Mundfäule (Stomatitis aphthosa) und Herpangina werden von Hals- und Schluckbeschwerden begleitet.
Die aktuelle S3-Leitlinie »Halsschmerzen« vom Oktober 2020 (AWMF-Registernummer 053–010) unterscheidet akute Halsschmerzen mit einer Dauer von weniger als 14 Tagen von länger andauernden, chronischen Beschwerden. Die selbstlimitierende Infektion des Pharynx wird zu 50 bis 80 Prozent verursacht von Viren, hauptsächlich Rhino-, seltener Adeno-, Influenza- oder Coronaviren, und ist altersunabhängig die häufigste infektiologische Ursache für akute Halsschmerzen.
Diese können aber auch ein Symptom einer SARS-CoV-2-Infektion sein. Besonders bei der Infektion mit der Omikron-Variante klagen die Betroffenen über Schnupfen, Halsschmerzen und Husten.
Leitliniengerecht werden zur symptomatischen Linderung Lutschtabletten eingesetzt, die Lokalanästhetika (Lidocain, Benzocain), Ambroxol und/oder nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) enthalten. Lidocain und Benzocain binden an Natriumkanäle und blockieren die Erregungsleitung der Nerven, sodass keine Weiterleitung von Schmerzreizen mehr möglich ist. Damit erleichtern sie schmerzhaftes Schlucken, Essen und Trinken. Dies ist besonders wichtig für ältere Menschen und Kinder zur ausreichenden Versorgung mit Flüssigkeit. Ambroxol hat eine höhere anästhetische Potenz als Lidocain oder Benzocain und wird ab sechs Jahren empfohlen. Flurbiprofen und Benzydamin (als Spray oder Lutschtablette) sind lokal wirksame NSAR mit antiphlogistischem, analgetischem, lokalanästhetischem und antimikrobiellem Potenzial. Schmerzen und Entzündungen werden schnell gelindert, die Schleimhaut schwillt ab. Das Apothekenpersonal sollte darauf hinweisen, dass der Patient bei der Anwendung von Sprays die Luft anhalten sollte, denn der Wirkstoff soll auf die Rachenschleimhaut gelangen und nicht eingeatmet werden.
Auf das mögliche allergische Potenzial sowie Überempfindlichkeitsreaktionen der topisch eingesetzten Analgetika ist in der Apotheke zu achten. Im Gespräch mit dem Kunden sind mögliche Kontraindikationen und Wechselwirkungen der NSAR zu klären. Wichtig ist der Hinweis: Sollte in drei bis vier Tagen keine Besserung eintreten oder sich die Beschwerden verschlimmern, ist der Arzt aufzusuchen.