Halsschmerzen immer hinterfragen |
Bestehen Halsbeschwerden wiederholt oder länger als 14 Tage und ergibt sich kein Hinweis auf schwerwiegende Symptome oder einen akuten Infekt, so ist von nicht infektiösen Ursachen auszugehen. Dazu gehören anatomische Probleme, Schleimhautirritationen oder Arzneimittelnebenwirkungen.
Alkohol und Rauchen reizen die empfindlichen Schleimhäute. Zahlreiche Umweltfaktoren, Autoabgase oder industriell bedingte Luftverschmutzung können länger andauernde oder wechselnde Halsbeschwerden verursachen, ohne dass immer eindeutig eine Noxe zuzuordnen ist. Im Winter trocknet die Heizung die Raumluft aus, im Sommer belasten Allergene und Ozon. Müssen FFP2-Masken und Mundschutz über mehrere Stunden getragen werden, ist die Luftzirkulation im Mundbereich gestört; dann verliert die Schleimhaut an Feuchtigkeit. Auch Schnarchen und Schlafen mit geöffnetem Mund führen zu einem trockenen Gefühl im Rachen. Ärztliche Untersuchungen wie eine Magenspiegelung oder eine tracheale Intubation reizen.
Manchmal sind die Ursachen von Halsbeschwerden recht banal. / Foto: Adobe Stock/Paolese
Je nach Intensität der Beschwerden können leitliniengerecht in der Apotheke Lutschtabletten mit Lokalanästhetika oder NSAR sowie eine systemische Behandlung mit NSAR empfohlen werden. Ebenso können die unter Allgemeinmaßnahmen beschriebenen Arzneimittel und nicht evidenzbasierte Phytopharmaka den Heilungsprozess unterstützen.
Ein gastroösophagealer Reflux oder Entzündungen der Speiseröhre reizen die Pharynxschleimhaut. Leitsymptom sind Halsschmerzen und Heiserkeit. Ein immer wieder auftauchendes Kloß- oder Druckgefühl oder persistierende Schluckbeschwerden im Rachen müssen abgeklärt werden. Darauf sollte das Apothekenpersonal die Patienten hinweisen und sie auch an jährliche Kontrolluntersuchungen der Schilddrüse erinnern. Schilddrüsenerkrankungen sind häufig mit Halsschmerzen assoziiert oder können sogar das führende Symptom einer neu diagnostizierten Thyreoiditis sein.
Ein Kunde kauft immer wieder Lutschbonbons. Ein Apothekenmitarbeiter fragt ihn, ob er unter akuten Beschwerden leidet. Der Kunde flüstert, er sei seit einer ganzen Weile so heiser. In der Apotheke wird ihm nahegelegt, zeitnah den Arzt aufzusuchen, da sich durchaus ein ernsteres Problem dahinter verbergen könne.
Singen, langes Reden oder Schreien beanspruchen den Kehlkopf; Halsschmerzen oder Heiserkeit können die Folge sein. Die Schleimhaut ist entzündet, die Stimmlippen gerötet und geschwollen. So ist die Phonation durch natürliche Schwingung gestört. Viele Menschen meinen, durch Flüstern diese Reizungen beruhigen zu können. Damit werden die Stimmlippen aber noch mehr angespannt. Empfehlenswert ist dagegen, wenig zu sprechen, bis die Beschwerden abgeklungen sind.
Heiserkeit kann auch ausgelöst werden durch funktionelle Störungen ohne anatomische Veränderungen der Stimmlippen, eine falsche Inhalationstechnik von Glucocorticoiden, Postnasal Drip, Reflux, Infektionen oder Stress.
Die Grenzen der Selbstmedikation sollten beachtet werden. Halten die Beschwerden mehrere Wochen an oder kommen schwerere Begleitsymptome wie ein Kloßgefühl beim Schlucken oder Atemnot hinzu, sollte das pharmazeutische Personal den sofortigen Arztbesuch empfehlen.
Eine Erkältung kann noch länger nachwirken und schon vergessene Halsschmerzen wieder aufflackern lassen. Ursache ist hier nicht der Erreger selbst, sondern ein andauernder Hustenreiz oder ein Postnasal Drip (eine Überproduktion von Schleim aus Nase und Nebenhöhlen, die sich im Rachenbereich staut und zu lokalen Reizungen führt). Dabei kommt es durch die Überproduktion von Schleim infolge einer Rhinitis oder Rhinosinusitis allergischen oder nicht allergischen Ursprungs, aber auch hormonell bedingt (Schwangerschaft) zu Räusperzwang, Reizgefühl im Rachen, Heiserkeit oder Schmerzen. Das Apothekenpersonal sollte dem Patienten zu einer ärztlichen Differenzialdiagnose oder auch einem Allergietest raten.
In seltenen Fällen wird eine Pharyngitis durch eine Vaskulitis wie die Kawasaki-Krankheit verursacht.