Es kommt auf die Indikation an |
Als Ursache des arzneimittelinduzierten Delirs sind an erster Stelle anticholinerg wirksame Substanzen zu nennen (12). Deren Menge und Serumspiegel korrelieren direkt mit der Schwere des Delirs (13). Daher sollte die anticholinerge Gesamtbelastung möglichst niedrig sein. Der anticholinerge Score oder die anticholinerge Risiko-Skala können zur Risikoabschätzung herangezogen werden (14, 15). Ein Punktwert, ab dem ein Delir auftritt, ist nicht bekannt, da dies auch dosisabhängig ist.
Die erhöhte Empfindlichkeit älterer Patienten resultiert aus altersphysiologischen Veränderungen der cholinergen Transmission, etwa einer Verminderung von Plastizität und Funktionalität muskariner Rezeptoren (16, 17, 18). Es besteht – über verschiedene Neurotransmittersysteme, die sich gegenseitig beeinflussen – ein Acetylcholinmangel und ein Dopaminüberschuss.
Neben den Anticholinergika können auch andere zentral wirksame Pharmaka eine Dysbalance in der neurogenen Verschaltung der Transmittersysteme auslösen, was einen relativen Acetylcholinmangel am Rezeptor auslöst. Benzodiazepine können die GABA-Rezeptoren stimulieren, was indirekt eine Hemmung der Aktivität cholinerger Neurone bewirkt (19). Auch weitere indirekt anticholinerge Medikamente (Opioide, Anästhetika) verursachen einen relativen Mangel von Acetylcholin an den cholinergen Rezeptoren und verschieben das Gleichgewicht zu Gunsten der monoaminergen Systeme (20).
Eine Polymedikation begünstigt die Entwicklung eines Delirs bei Senioren. Besonders riskant sind anticholinerg wirksame Arzneimittel. / Foto: Adobe Stock/Przemek Klos
Delirien können auch serotonerg getriggert werden (21) und bei einer Serotonin-Intoxikation oder infolge einer Mono- oder Kombinationstherapie mit serotonergen Antidepressiva auftreten (22). Daneben können auch Elektrolytstörungen, zum Beispiel durch Diuretika, ein Delir induzieren.
Polymedikation ist also ein wichtiger Risikofaktor: In einer Kohortenstudie entwickelten 69 Prozent der Patienten mit Polypharmazie ein Delir gegenüber 30 Prozent in der Kontrollgruppe, die weniger als sechs Medikamente einnahm (23). Präventiv ist es unabdingbar, kontinuierlich die Medikation zu überprüfen und nicht dringend benötigte Medikamente abzusetzen. Hierbei kann die Priscus-Liste besonders hilfreich sein (24).