Die Jugend isst zu ungesund |
Laura Rudolph |
11.12.2022 08:00 Uhr |
Gemeinsam schmeckt die Pizza doppelt so gut. Jedoch essen viele Jugendliche zu viel fettiges und salzhaltiges Fastfood sowie Süßigkeiten. / Foto: Adobe Stock/Prostock-studio
Adipositas hat sich in Europa zu einer Epidemie entwickelt. Es gibt mehr übergewichtige als normalgewichtige Erwachsene; nahezu jedes dritte Kind ist von Übergewicht betroffen. Das berichtete die Weltgesundheitsorganisation in ihrem »European Regional Obesity Report 2022« (1).
In Deutschland hat sich der Anzahl der Kinder und Jugendlichen, die zu dick sind, gegenüber den 1980er- und 1990er-Jahren etwa um die Hälfte erhöht (2). Seit der Jahrtausendwende hat sich die Prävalenz auf einem hohen Niveau von 15 Prozent stabilisiert. Bei rund einem Drittel davon ist das Übergewicht so massiv, dass man von Adipositas spricht (3).
Die Adipositasfälle im Kindes- und Jugendalter häufen sich in sozial schwachen Familien und vor allem in solchen, in denen auch die Eltern übergewichtig sind. Bereits ein von Übergewicht betroffenes Elternteil erhöht das Odds Ratio für kindliche Adipositas um das Dreifache, verglichen mit dem Adipositasrisiko von Kindern normalgewichtiger Eltern. Sind beide Elternteile betroffen, steigt das Odds Ratio um das Achtfache (2). Das liegt mitunter am Ernährungsverhalten der Kinder und Jugendlichen, das maßgeblich von ihren Eltern und nahen Bezugspersonen geprägt wird.
Wie sich Kinder und Jugendliche in Deutschland ernähren, hat die Ernährungsstudie »EsKiMo II« (2021; DOI: 10.25646/7028.2) des Robert-Koch-Instituts untersucht. An dieser haben 2644 Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 17 Jahren teilgenommen (4).
Die Autoren von »EsKiMo II« haben die tatsächlich konsumierten Lebensmittelmengen mit den Empfehlungen des Forschungsdepartments für Kinderernährung (FKE) der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin in Bochum verglichen. Mit dem Konzept der sogenannten »optimierten Mischkost« liefert das FKE alters- und geschlechtsabhängige Orientierungswerte für einzelne Lebensmittelgruppen (Tabelle 1). Dabei gelten drei einfache Grundregeln:
Alter in Jahren | 6 | 7y | 10–12 | 13–14 | 13–15 | 15–17 | 15–18 | ||
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Geschlecht | Mädchen | Jungen | Mädchen | Jungen | |||||
Empfohlene Lebensmittel | |||||||||
Reichlich | |||||||||
Getränke | ml/Tag | 750 | 850 | 950 | 1000 | 1200 | 1100 | 1400 | |
Gemüse, Rohkost | g/Tag | 230 | 270 | 300 | 320 | 390 | 340 | 440 | |
Obst | g/Tag | 210 | 250 | 280 | 300 | 360 | 310 | 410 | |
Brot, Getreide(flocken) | g/Tag | 130 | 160 | 180 | 190 | 230 | 200 | 260 | |
Kartoffeln, Nudeln, Reis | g/Tag | 120 | 140 | 160 | 170 | 200 | 180 | 230 | |
Mäßig | |||||||||
Milch(produkte)* | g/Tag | 350 | 420 | 470 | 490 | 600 | 520 | 680 | |
Fleisch, Wurst | g/Tag | 35 | 40 | 50 | 50 | 60 | 50 | 70 | |
Eier | Stück/Woche | 2 | 2–3 | 2–3 | 3 | 3 | 3 | 3–4 | |
Fisch | g/Woche | 70 | 80 | 90 | 100 | 110 | 100 | 130 | |
Sparsam | |||||||||
Öl, Margarine, Butter | g/Tag | 20 | 25 | 30 | 30 | 35 | 30 | 40 | |
Geduldete Lebensmittel | |||||||||
maximal | kcal/Tag | 135 | 160 | 180 | 190 | 230 | 190 | 260 |
Adaptiert nach: Forschungsinstitut für Kinderernährung, Empfehlungen für die Ernährung von Kindern und Jugendlichen, Bochum 2019
*) 100 ml Milch entsprechen 15 g Schnittkäse oder 30 g Weichkäse
Die empfohlenen Verzehrmengen orientieren sich dabei am durchschnittlichen Energiebedarf von körperlich wenig aktiven Kindern und Jugendlichen – und dienen daher lediglich als Orientierung (5).
Wie das RKI in seiner Ernährungsstudie ermittelte, sind die tatsächlichen Ernährungsgewohnheiten der Kinder und Jugendlichen in Deutschland weit entfernt von den Empfehlungen der optimierten Mischkost. Sie verzehren zu wenig Obst, Gemüse und komplexe Kohlenhydrate, dafür zu viele Süßigkeiten, Limonaden, Wurst und Fleisch (4).