Die Impfstoffe kommen |
Eine so schnelle Entwicklung kann auch Angst machen und Fragen zur Sicherheit aufwerfen. Entsprechend steht ein Teil der Bevölkerung den neuen Impfstoffen skeptisch gegenüber. Das Ausmaß der Impfskepsis in Deutschland erfasst das Covid-19 Snapshot Monitoring (COSMO), ein Projekt der Universität Erfurt in Kooperation mit dem Robert-Koch-Institut, der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und weiteren Partnern. Seit April erhoben die Wissenschaftler Daten zu verschiedenen Themen, unter anderem der Impfbereitschaft für eine hypothetische Impfung gegen Covid-19. Die Impfbereitschaft sank von 79 Prozent Mitte April auf 54 Prozent Mitte November. Sie hängt der Erhebung zufolge stark vom Vertrauen in die Impfstoffe und vom Ergebnis der Nutzen-Risiko-Bewertung ab. Die Befragung zeigte auch, dass die Kenntnisse über die Impfstoffe noch recht gering sind.
Wer wird sich impfen lassen? Noch ist das Vertrauen der Menschen in die neuen Impfstoffe nicht allzu groß. / Foto: Adobe Stock/Rido
Dass eine persönliche Risiko-Nutzen-Bewertung für die Impfentscheidung eine große Rolle spielt, zeigt auch eine Untersuchung aus Israel. In dieser befragten Dr. Amiel Dror und seine Kollegen von der Bar-Ilan-Universität in Safed, Israel, 1941 Personen, davon 829 Beschäftigte aus dem Gesundheitswesen, ob sie sich gegen Covid-19 impfen lassen würden. Das Ergebnis: Menschen, die sich selbst als Risikopersonen ansahen, und medizinisches Personal, das mit Covid-19-Patienten arbeitete, waren offener für eine Impfung. Insgesamt zeigte sich beim medizinischen Personal aber eine deutliche Skepsis: So war die Impfbereitschaft bei Ärzten mit 78 Prozent knapp über dem Bevölkerungsdurchschnitt (75 Prozent), bei Krankenschwestern lag sie aber mit 61 Prozent deutlich darunter.
Nach den Gründen gegen eine Impfung gefragt, gaben 76 Prozent eine fragliche Sicherheit der Impfstoffe an und 13 Prozent stellten deren Wirksamkeit infrage. Zudem zweifelten 11 Prozent die Gefährlichkeit von SARS-CoV-2 an. Die Autoren betonen, dass gezielte Aufklärungskampagnen vor allem in den Risikogruppen hilfreich wären, um die Impfbereitschaft zu fördern. Hier sei noch viel Aufklärung zu den Impfstoffen nötig, betonte auch Becker. »Gerade beim medizinischen Personal ist es wichtig, dass es sich impfen lässt.«
Auch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) sieht in der Bevölkerung insgesamt beim Thema Corona-Impfungen noch viel Aufklärungsbedarf. Etwa 50 Prozent Impfbereitschaft seien gut, »es wäre allerdings schön, wenn die Bereitschaft noch etwas steigen würde«, sagte sie der Deutschen Presseagentur. Nach Angaben der WHO ist eine Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung nötig, um die Corona-Pandemie einzudämmen. Karliczek bekräftigt aber, dass es keinen Impfzwang geben werde. »Es bleibt dabei: Die Impfung wird freiwillig sein.« Die Impfung habe nicht nur einen Vorteil für jede Person selbst, die Impfung sei auch ein Dienst an der Gemeinschaft.
Theo Dingermann studierte Pharmazie in Erlangen. Nach der Approbation 1976 folgten Promotion und 1987 Habilitation. Von 1991 bis 2013 war er Geschäftsführender Direktor des Instituts für Pharmazeutische Biologie an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Jetzt ist er Seniorprofessor der Universität. Dingermann war von 2000 bis 2004 Präsident der DPhG und arbeitet in zahlreichen Gremien, unter anderem beim BfArM. Die Apotheker kennen ihn als Referenten, Autor und Co-Autor von wissenschaftlichen Fach- und Lehrbüchern. Seit April 2010 ist er externes Mitglied der Chefredaktion der PZ, seit Frühjahr 2019 einer der drei Chefredakteure.
Christina Hohmann-Jeddi studierte Biologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz. Nach Abschluss des Studiums absolvierte sie eine Ausbildung zur Wissenschaftsredakteurin, danach machte sie ein Volontariat bei der Pharmazeutischen Zeitung. Seit 2003 leitet sie das Ressort Medizin.