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Coronavirus-Pandemie

Die Impfstoffe kommen

Vier Covid-19-Impfstoff-Kandidaten warten zeitnah auf eine Zulassung in der EU. Andere werden sehr schnell folgen. Die Impfstoffe basieren auf unterschiedlichen Prinzipien. Was ist bisher zu den Vor- und Nachteilen bekannt? Welche Fragen sind noch offen? Eine Übersicht.
Theo Dingermann und Christina Hohmann-Jeddi
13.12.2020  08:00 Uhr

Die Qual der Wahl

52 Impfstoffprojekte sind laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit in der klinischen Entwicklung, davon 13 in Phase III. Von diesen werden voraussichtlich mehrere in den nächsten Wochen eine Zulassung erhalten. Damit wird sich eine bislang ungekannte Situation einstellen: Erstmals werden Impfstoffe parallel verfügbar sein, die nach ganz unterschiedlichen Prinzipien funktionieren, weil ihre Entwicklungskonzepte extrem unterschiedlich sind. Weit in ihrer Entwicklung sind mRNA-Impfstoffe, Ganzvirus-, Vektor- und Protein-Impfstoffe.

Mit Ausnahme der Ganzvirus-Impfstoffe ist allen Corona-Impfstoffen gemein, dass das Antigen, gegen das die Immunantwort induziert wird, das Spike-Protein (S-Protein) von SARS-CoV-2 ist. Das Coronavirus nutzt dieses Oberflächenprotein, um in Wirtszellen einzudringen.

Nur der Ganzvirus-Impfstofftyp, der zunächst in Deutschland nicht zur Verfügung stehen wird, enthält als Antigen inaktivierte Viren. Diese Impfstoffe werden vor allem in der Volksrepublik China, beispielsweise vom Wuhan Institute of Biological Products, entwickelt beziehungsweise sind dort bereits verfügbar.

mRNA-Impfstoffe: der innovativste Ansatz

Ganz vorne im Rennen liegen die mRNA-Impfstoffe. Das US-Unternehmen Moderna und das Konsortium Biontech/Pfizer haben für ihre Covid-19-Impfstoffe bereits am 30. November einen Antrag auf bedingte Zulassung in der EU gestellt. Die Vakzinen enthalten einzelsträngige, in Lipid-Nanopartikel verpackte Boten-RNA (mRNA), die für das S-Protein kodiert. Im Körper des Geimpften müssen die Moleküle in Zellen gelangen und in das eigentliche Antigen übersetzt werden. Die mRNA-Impfstoffe stellen ein ganz neues Prinzip dar und sind daher die innovativste Form unter den Impfstoffkandidaten. »Innovativ« bedeutet im Gesundheitsbereich aber immer auch »wenig erprobt«. Und hier liegt wohl ein Schwachpunkt dieser Impfstoffklasse, die ansonsten gute Eigenschaften hat.

Die Vorteile: mRNA-Impfstoffe lassen sich schnell produzieren und auch schnell modifizieren, falls dies durch Mutationen des Virus erforderlich werden sollte. Die Produkte enthalten kein toxisches oder tierisches Material aus dem Herstellungsprozess. Zudem benötigen sie keine Vektorviren, die störende Reaktionen induzieren könnten, um die genetische Information zu transportieren. mRNA-Impfstoffe regen das Immunsystem des Impflings zu einer starken Bildung neutralisierender Antikörper an und induzieren zudem die Bildung spezifischer zytotoxischer CD8+-Zellen. In bisherigen Auswertungen der Phase-III-Studien zeigten die Kandidaten von Moderna und Biontech/Pfizer eine überraschend hohe Wirksamkeit.

Da fremde mRNA selbst das Immunsystem stimuliert, kommen die Impfstoffe in der Regel ohne Adjuvans aus. Bei den Kandidaten, die weit in der Entwicklung sind, ist aber ein Prime-Boost-Schema, also die Gabe von zwei Dosen innerhalb von drei beziehungsweise vier Wochen, erforderlich.

Die Nachteile: Das Impfstoffprinzip ist wenig erprobt. Langzeitdaten gibt es nicht. In Studien wurden aber die akuten Nebenwirkungen quantifiziert, die allerdings vorübergehend und meist mild bis moderat sind. So kam es bei mRNA-1273 von Moderna vor allem zu Reaktionen wie Schmerzen und Rötung an der Einstichstelle, Fatigue, Muskel-, Gelenk- und Kopfschmerzen. Die Immunisierung mit BNT162b2 von Biontech/Pfizer wurde in einer Phase-I-Studie in allen Populationen gut vertragen; weniger als 20 Prozent der Probanden hatten leichtes bis moderates Fieber. Insgesamt waren die Nebenwirkungen nach der ersten Dosis BNT162b2 bei Probanden der Altersgruppe 65 bis 85 Jahre vergleichbar mit den Nebenwirkungen in der Placebogruppe. Nach der zweiten Impfung à 30 µg mit BNT162b2 trat bei 17 Prozent der Probanden zwischen 18 und 55 Jahren und bei 8 Prozent der Probanden zwischen 65 und 85 Jahren Fieber auf (≥ 38 bis 38,9 °C). Dagegen waren Kälteschauer (Chills) und Fatigue mit bis zu 80 Prozent häufig. Lokale Reaktionen wie Schmerzen an der Injektionsstelle zeigten fast alle Probanden.

Ein Problem ist, dass der Impfstoff BNT162b2 bei sehr niedrigen Temperaturen von -60 bis -80 °C gelagert und transportiert werden muss und eine spezielle Logistik benötigt. Dies scheint aber nicht an der Molekülart mRNA zu liegen, denn die Produkte von Moderna und dem Tübinger Unternehmen Curevac, das ebenfalls an RNA-Impfstoffen arbeitet, stellen diese hohen Ansprüche nicht.

Befürchtungen, dass die mRNA in der Zelle zu DNA revers transkribiert wird und dann in das Wirtsgenom integriert werden könnte, sind theoretischer Natur. Bei mRNA-Impfstoffen handelt es sich nicht um Gentherapeutika. Eine Mutagenität wird, wie bei allen neuen Wirkstoffen, präklinisch untersucht.

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