Die Impfstoffe kommen |
Weltweit warten und hoffen die Menschen auf eine Eindämmung der Coronavirus-Pandemie. Die neuen Impfstoffe sollen dazu beitragen. / Foto: Adobe Stock/isayurtsever
In der modernen Geschichte wurden noch nie Impfstoffe als so wesentlich für die Wiederherstellung der Normalität in der Gesellschaft angesehen wie die Impfstoffe zum Schutz vor Covid-19. Die Epidemie hat sich schnell zur Pandemie ausgeweitet und das neue Virus SARS-CoV-2 hat keinen Aspekt des Lebens verschont.
Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die Pharmaindustrie. Diese hat die Herausforderung angenommen und mit »Warp Speed« oder »Lightspeed« Impfstoffe entwickelt. Offenbar mit Erfolg, wie die bisherigen Wirksamkeitsdaten aus den ersten Phase-III-Studien ganz verschiedener Impfstoffkonzepte zeigen. Innerhalb von zwei Wochen meldeten drei Unternehmen ihre Daten: Die mRNA-Vakzine des Konsortiums Biontech/Pfizer schützt zu 95 Prozent, die mRNA-Vakzine des US-Unternehmens Moderna zu 94,5 Prozent und der Vektorimpfstoff von Astra-Zeneca in Kooperation mit der Universität Oxford zu 62 beziehungsweise 90 Prozent vor einer Covid-19-Erkrankung. Zwei Vakzinen stehen unmittelbar vor der EU-Zulassung, eine hat am 2. Dezember bereits eine Notfallzulassung in Großbritannien erhalten – und das nicht einmal ein Jahr, nachdem das Genom des Erregers veröffentlicht wurde (Kasten).
Foto: Biontech
Vier Impfstoffkandidaten gegen Covid-19 befinden sich bereits im Zulassungsverfahren der Europäischen Arzneimittelagentur EMA. Diese prüft die Vakzinen in einem beschleunigten Verfahren, das als »Rolling Review« bezeichnet wird. Bei diesem werden die Studiendaten nicht zum Abschluss der Studien gesammelt eingereicht, sondern es werden kontinuierlich Zwischenergebnisse geliefert, sodass diese schon parallel zu laufenden Studien geprüft werden können. Klinische Phasen werden nicht übersprungen und es gibt auch sonst keine Änderungen vom regulären Prüfablauf. Auf der Website der EMA heißt es: »Die EMA wird ihre Abschätzung entsprechend der üblichen Standards zu Qualität, Sicherheit und Wirksamkeit vornehmen.«
Beantragt haben die Unternehmen Moderna und Biontech/Pfizer eine bedingte Zulassung (Conditional marketing authorisation). Diese wird für Arzneimittel erteilt, die einen »ungedeckten medizinischen Bedarf« erfüllen, auch wenn die Daten noch nicht vollständig vorliegen. Dies gilt etwa für Wirkstoffe gegen stark einschränkende oder lebensbedrohende Erkrankungen ohne Therapieoption sowie für Arzneimittel, die in Notfallsituationen eingesetzt werden sollen. Die bedingte Zulassung gilt nur für ein Jahr, kann aber jährlich erneuert werden oder in eine Vollzulassung übergehen, informiert das PEI auf Anfrage der PZ.
Eine bedingte Zulassung ist an Auflagen geknüpft. Sie kann erteilt werden, wenn die Nutzen-Risiko-Bilanz positiv ausfällt, also der Nutzen für die öffentliche Gesundheit durch die sofortige Verfügbarkeit des Arzneimittels oder Impfstoffs die Risiken überwiegt, die aufgrund der vorgesehenen Nachreichung weiterer Daten bestehen. Der Antragsteller muss umfassende Daten zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen.
Damit unterscheidet sich die bedingte Zulassung von einer Emergency Use Authorization (EUA), eine Notfallgenehmigung, die in den USA das Inverkehrbringen eines nicht zugelassenen Arzneimittels ermöglicht. Eine EUA erlaubt also kein dauerhaftes Inverkehrbringen.
Zulassungen gelten generell nur für die Personengruppen, die in den klinischen Prüfungen vertreten waren, im Fall der SARS-CoV-2-Impfstoffe also nicht für Kinder und Schwangere. Wie Moderna gegenüber der PZ mitteilte, werden entsprechende Studien zu diesen Personengruppen geplant. Bei Schwangeren müssten noch zusätzliche Toxizitätstest bei Tieren abgewartet werden.
Die mRNA-Vakzine von Biontech und Pfizer (Foto) erhielt am 2. Dezember als weltweit erste eine Notfallzulassung von der britischen Arzneimittelbehörde MHRA. Sie ist für Personen ab 16 Jahren zugelassen, denn Jugendliche waren in den Studien vertreten. Auch hier liegen noch keine Daten zu Kindern und Schwangeren vor.
Diese bisher unvorstellbare Geschwindigkeit, mit der diese Impfstoffe entwickelt wurden, ist auf der einen Seite sehr zu begrüßen. Vielen macht sie aber auch Angst, weil einige Vakzinen auf ganz neuen Impfprinzipien basieren. Ganz wichtig ist jetzt Aufklärung. Wie war so eine rasche Entwicklung möglich? Gab es Abstriche bei der Sicherheit?
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.