Das Licht und seine Schattenseiten |
Um die Gefährdung angemessen beurteilen zu können, betrachtet das Apothekenteam Wirkstoffe mit photoallergischem und phototoxischem Potenzial am besten differenziert. »Photoallergische Reaktionen mit ausgeprägter Immunreaktion können im schlimmsten Fall zu einem anaphylaktischen Schock führen, während die phototoxische Reaktion meist weniger ausgeprägt verläuft. Patienten, die bereits einmal eine photoallergische Reaktion erfahren haben und auf eine UV-Bestrahlung mit Symptomen wie Luftnot und ausgeprägtem Hautausschlag reagiert haben, sollten besonders aufpassen. Denn eine starke photoallergische Reaktion kann potenziell lebensbedrohlich sein«, so Martin.
Zurück zum Johanniskraut gegen Depressionen: Hier kann man aufgrund der Datenlage Entwarnung geben. Die eingenommenen Dosen sind in der Regel zu gering, um Hautreaktionen hervorzurufen. So wurde in einer Probandenstudie, bei der die Sonnenbrandgefahr vor und nach einer 14-tägigen Einnahme eines Johanniskraut-Präparats (900 mg/Tag) verglichen wurde, keine signifikant gesteigerte Lichtempfindlichkeit der Haut festgestellt (7). Angst vor erhöhter Lichtempfindlichkeit sollte daher kein Grund sein, die antidepressive Medikation in den Sommermonaten abzusetzen, wenn sie erforderlich ist.
Patienten, die eine Krebstherapie durchmachen, können oft nicht ungetrübt die Sonne genießen, da viele der gegen Tumoren eingesetzten Substanzen photosensibilisierend wirken (14–28). Bei den klassischen Chemotherapeutika ist unter anderem an 5-Fluorouracil (5-FU), Vinblastin, Dacarbazin oder Methotrexat zu denken. Auch für zielgerichtete Therapeutika (targeted therapy) wie Gefitinib oder Erlotinib sowie für das Retinoid Bexaroten gibt es Hinweise auf ein phototoxisches Potenzial. Unter dem B-Raf-Hemmer Vemurafenib, der zur Behandlung eines malignen Melanoms angewendet wird, treten bei etwa einem Drittel der Patienten phototoxische Hautreaktionen auf. Ebenso erhöhen Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Alectinib oder Brigatinib die Empfindlichkeit gegenüber Sonnenlicht.
Bei der Beratung von Krebspatienten sind zudem die übrigen Medikamente zu beachten, die die Betroffenen einnehmen (müssen). Bestimmte Antibiotika, Herz-Kreislauf-Medikamente, NSAR oder Antidepressiva können die Lichtempfindlichkeit der Haut steigern und zu einer Verstärkung der Nebenwirkung führen.
Um Hautschäden zu verhindern, meiden Patienten am besten das Sonnenlicht weitgehend oder denken zumindest stets an einen konsequenten Sonnenschutz. Andere Optionen bei erhöhter Lichtempfindlichkeit wie das Absetzen der Medikation oder eine Dosisreduktion sind für Krebspatienten in der Regel nicht umsetzbar. Wichtig ist der Hinweis an die Betroffenen, dass die Photosensibilisierung nach Behandlungsende noch einige Wochen lang anhalten kann.
Die Medizin nützt das photosensibilisierende Potenzial in Form der Photodynamischen Therapie aber auch in der Krebstherapie. Bei Karzinomen der Haut führen topisch angewendete Photosensibilisatoren wie Porfimer-Natrium, 5-Aminolävulinsäure oder Temoporfin dazu, dass bei Bestrahlung mit Licht einer bestimmten Wellenlänge die Tumorzellen durch eine phototoxische Reaktion geschädigt werden. Die Anwendung ist auch bei anderen Karzinomen, etwa bei Gallengangskarzinomen oder Glioblastom, möglich. Der Photosensibilisator wird dazu systemisch, etwa intravenös, verabreicht und reichert sich im Tumorgewebe an.