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Resilienz

Das Immunsystem der Psyche stärken

Resilienz gezielt fördern

Um die persönliche Resilienz zu stärken, empfiehlt Helmreich, sich zunächst einmal die vorhandenen Ressourcen bewusst zu machen. Welche Schutzfaktoren sind schon gut ausgeprägt, welche noch verbesserungsfähig? Im nächsten Schritt könne man dann spezifische Fähigkeiten trainieren – zum Beispiel mithilfe von Selbsthilfeliteratur. Manchmal verhindere allerdings eine dysfunktionale Einstellung, dass Resilienzfaktoren genutzt würden. Zum Beispiel, wenn jemand zwar ein gutes soziales Netz besitzt, aber sich von niemandem helfen lassen will. Solche Hindernisse zu erkennen und aus dem Weg zu räumen, kann ohne professionelle Hilfe schwierig sein.

Das LIR und andere Organisationen bieten mittlerweile zahlreiche Interventionen zur Stärkung der individuellen Resilienz an. Viele basieren auf der kognitiven Verhaltenstherapie und der positiven Psychologie. Das Spektrum reicht von persönlichem Coaching über Online-Angebote bis zur Smartphone-App. »Einen Goldstandard gibt es bislang nicht«, sagt Helmreich, »aber ein gutes Qualitätskriterium ist das Prüfsiegel der Zentralen Prüfstelle Prävention.«

Wichtig sei neben einem wissenschaftsbasierten, zielgruppenspezifischen Ansatz dabei auch die Bestimmung des aktuellen Resilienzniveaus sowie der vorhandenen Ressourcen. »Häufig werden dazu Fragebögen eingesetzt. In der Forschung gehen wir noch einen Schritt weiter und messen einerseits die psychische Gesundheit und andererseits die jeweiligen Mikro- und Makrostressoren – also die Alltagsbelastung und große Ereignisse wie Heirat, Tod eines Angehörigen oder Krankheit. Daraus ergibt sich ein quantitativer Score.« Anhand dieses Werts lasse sich sowohl die Resilienz verschiedener Personen vergleichen als auch der Effekt einer Intervention beurteilen.

Neben dem klassischen psychologischen Training, in dem zum Beispiel Stressbewältigungsmöglichkeiten geübt werden, werden zur Intervention zunehmend auch neurobiologische Methoden genutzt. So sollen Biofeedbackverfahren Lernprozesse stimulieren, indem sie Körperreaktionen wie Atemfrequenz, Hautleitwert oder Muskelanspannung bewusst machen. In Studien ließ sich beispielsweise durch die grafische Darstellung von Gehirnströmen im Elektroenzephalogramm (EEG) die Emotionsregulation von Soldaten beeinflussen und das Risiko einer posttraumatischen Belastungsstörung verringern. Die transkranielle Magnet- oder Ultraschallstimulation gilt ebenfalls als vielversprechende neue Strategie zur Resilienzstärkung.

Auch pharmakologische Interventionen werden untersucht. Studien an Tieren zeigten beispielsweise, dass die Gabe von Ketamin vor einer Belastungssituation negative Stressfolgen mildern kann. Ein potenzieller Kandidat ist auch der Transmitter Neuropeptid Y, der die Verarbeitung von Angst und Stress verbessern könnte.

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