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Sichere Arzneimittelversorgung

Bundestag verabschiedet GSAV

Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) hat am Donnerstagabend den Bundestag passiert. Den Antrag der Linksfraktion, die Importquote für alle verschreibungspflichtige Arzneimittel zu kippen, lehnten die Abgeordneten ab.
Christina Müller
07.06.2019  12:18 Uhr

Die Hoffnung der Apotheker, mit dem GSAV die ungeliebte Importförderklausel loszuwerden, hat sich nicht erfüllt: Zwar fällt die Quote für Biologika, für alle anderen Arzneimittel ist jedoch künftig eine gestaffelte Regelung vorgesehen. Kostet das Arzneimittel weniger als 100 Euro, muss der Import 15 Prozent günstiger sein. Bei einem Abgabepreis zwischen 100 und 300 Euro sind es demnach 15 Euro und bei Medikamenten, die teurer sind als 300 Euro, ist eine Differenz von 5 Prozent gefordert.

Des Weiteren bekommt der Bund künftig mehr Befugnisse bei Arzneimittelrückrufen und den Kontrollen der Hersteller in Nicht-EU-Staaten. Zudem entfällt für die Versicherten die Zuzahlung, wenn ein Arzneimittel wegen Qualitätsmängeln zurückgerufen wird. Krankenkassen können in diesen Fällen einen Regressanspruch gegenüber dem Pharmaunternehmen geltend machen. Bezüglich der Änderung des Vertriebswegs von Präparaten zur Behandlung von Gerinnungsstörungen bei Hämophilie wurden Regelungen für Apotheken ergänzt, die die gesetzliche ärztliche Meldepflicht an das Deutsche Hämophilieregister sicherstellen. Darüber hinaus enthält das Gesetz einen Fahrplan zur Einführung des elektronischen Rezepts.

Bereits am Donnerstagnachmittag hatte sich Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) via Twitter zu Inhalten und Zielen seines Entwurfs geäußert. »Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass Arzneimittel helfen und nicht schaden«, sagt Spahn in einem Videoclip, den das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) beim Kurznachrichtendienst veröffentlicht hatte. Demnach sollen Arzneimittel durch das GSAV nicht teurer, aber sicherer werden.

Dass damit künftig keine Arzneimittelskandale mehr möglich sind, will der Minister jedoch nicht garantieren. »Dieses Versprechen kann keiner geben«, räumt Spahn in dem Video ein. »Was wir sagen können, ist, dass wir jetzt bessere Kontrollen haben, dass Fälschungen im Zweifel schneller auffallen, vor allem wir aber im Fall einer erkannten Fälschung auch viel schneller die Patienten informieren und erreichen können.«

Kritik der Generika-Hersteller

Der Branchenverband Pro Generika bewertet das Gesetz kritisch. »Sein Ziel, die Versorgung von Patienten mit Arzneimitteln sicherer zu machen, wird es nicht erreichen«, teilte der Verband mit. Er begrüße zwar, dass Spahn die Kompetenzen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bezug auf Medikamente und Wirkstoffe stärke. Immer wieder komme es jedoch zu Lieferengpässen und gravierenden Folgen für die Versorgung. »Eine der Ursachen dafür sind Rabattverträge zwischen den Krankenkassen und oft nur einem Hersteller, die zu massivem Kostendruck und zu einer bedrohlichen Marktverengung geführt haben.« Die Forderung von Pro Generika, der Apothekerschaft und dem Bundesrat, beim Abschluss von Rabattverträgen mindestens drei Herstellerfirmen zu berücksichtigen, fand keinen Eingang ins GSAV.

»Der Gesetzgeber hat die Chance vertan, kurzfristige Schritte gegen die Marktverengung zu unternehmen und die Arzneimittelversorgung in Deutschland sicherer zu machen«, bemängelt Pro-Generika-Geschäftsführer Bork Bretthauer. Den im Gesetz festgeschriebenen Auftrag an die Krankenkassen, bei Rabattverträgen auch die bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten zu berücksichtigen, nennt er ein stumpfes Schwert. »Sie ist für die Krankenkassen nicht bindend, ihr Ignorieren wird nicht sanktioniert

E-Rezept: Fahrplan steht

Darüber hinaus macht Spahn seinem Videostatement zufolge mit dem Gesetz den Weg frei für das elektronische Rezept. »Wir wollen auch bei den Rezepten in die digitale Zukunft«, kündigt er an. Das GSAV »bahnt sozusagen den Weg dahin und legt die nächsten Schritte fest, sodass das hoffentlich in zwei, drei Jahren für jeden, der will, Realität ist«.

Dem Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) geht das nicht weit genug. Es fehle eine Klarstellung, ob dies auch das Grüne Rezept betreffe. »Das E-Rezept kann ein sinnvolles Instrument sein, um die Therapietreue von Patienten zu verbessern«, teilte der BAH mit. »Dafür muss es aber konsequent umgesetzt werden, indem auch elektronische Verordnungen auf Grünen Rezept möglich sind.« Die Hersteller kritisieren zudem, dass der Bundestag viele Vorschläge der Bundesländer im vorliegenden Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt habe: »Ein Beispiel hierfür ist das erweiterte Preismoratorium, das insbesondere für mittelständische Unternehmen ein echtes Innovationshemmnis ist.« Darüber hinaus bedauert der BAH, dass sich der Gesetzgeber nicht dazu durchringen konnte, die Importförderklausel komplett abzuschaffen. »Das hätte die Arzneimittelsicherheit deutlich erhöht.«

Letzte Chance im Bundesrat

Der Bundestag hat den Entwurf mit den Stimmen von Union und SPD angenommen. FDP, AfD und Linke votierten dagegen, die Grünen enthielten sich. Am kommenden Mittwoch muss sich das GSAV noch die Zustimmung des Bundesrats abholen. Theoretisch kann die Länderkammer ihre Zustimmung verweigern und den Vermittlungsausschuss anrufen. Auf Initiative des Landes Brandenburg hatte der Bundesrat in der Vergangenheit mehrmals darauf gepocht, die Importförderklausel zu kippen. Auf Anfrage der PZ teilte das Gesundheitsministerium in Brandenburg mit, derzeit »sind die Würfel noch nicht gefallen«. Die Brandenburger Vertreter im Bundesrat werden sich demnach nun beraten und »adäquat reagieren«.

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