Effektives Grenz- und Kontaktorgan |
10.12.2012 15:37 Uhr |
Effektives Grenz- und Kontaktorgan
Die Haut ist die Grenze zwischen Körper und Umwelt. Daher hat sie verschiedene Funktionen: Sie muss den Organismus vor verschiedenen Umweltbedingungen schützen, ihn aber auch mit der Umgebung in Kontakt bringen und Stoffe sowie Informationen austauschen.
Die Haut ist in erster Linie eine Art Schutzmantel für den Organismus. Sie bewahrt ihn vor chemischen und physikalischen äußeren Einflüssen, vor mechanischen Verletzungen und dem Eindringen von Pathogenen. Kälte und Hitze kann sie dagegen nur begrenzt abwehren, da das Fellkleid fehlt und das Unterhautfettgewebe eher schwach ausgeprägt ist. Mechanischen Schutz bietet die Haut durch die relativ feste Hornschicht und die elastische, dehnbare Lederhaut sowie in geringerem Maße durch die eingelagerten Fettpölsterchen. An stark beanspruchten Stellen fällt die Epidermis etwas dicker aus.
Lebensquell und Gefahr: Lichtschwiele, Schweiß und Pigmente schützen nur begrenzt vor UV-Strahlung.
Foto: Fotolia/Kathrin39
Zudem schützt die Haut mit ihrer Lipidschicht auf der Oberfläche und dem Pufferungsvermögen vor chemischen Einwirkungen, wobei Säuren besser abgefangen werden als Laugen. Fremdstoffe haben geringe Chancen, durch die Barriere des Stratum corneum zu gelangen. Eine Stoffaufnahme findet daher nur in begrenztem Maß statt, dies gilt auch für Arzneistoffe. Ob eine Substanz durch die Haut in das Körperinnere gelangen kann, hängt von verschiedenen Faktoren ab, unter anderem von Teilchengröße, chemischen Bindungseigenschaften, Wasser- oder Fettlöslichkeit. Gase wie Sauerstoff können in gewissem Ausmaß über die Haut aufgenommen werden.
Abwehr von UV-Strahlung
Eine wichtige Funktion der Haut ist der Schutz vor Sonnenstrahlung, vor allem der ultravioletten (UV)-Strahlung. Dies übernimmt hauptsächlich die stark strahlenabsorbierende Hornschicht, die bis zu 10 Prozent der UVB- und die Hälfte der UVA-Strahlung abfängt. Auf eine starke Exposition reagiert die Haut zunächst mit einer Verdickung der Hornschicht: Eine »Lichtschwiele« entsteht. Der zweite Schutzmechanismus ist die Einlagerung des Hautpigments Melanin, das auch die Hautfarbe bestimmt. Es kommt beim Menschen in zwei Ausprägungen vor, dem braun-schwärzlichen Eumelanin und dem helleren gelblich-rötlichen Phäomelanin.
Die Pigmente werden von den Pigmentzellen der Haut gebildet und in Form von Vesikeln an die benachbarten Epidermiszellen abgegeben, die diese in ihrem Zytoplasma einlagern. Dort schützt das Melanin in den Bläschen die Nukleinsäuren im Zellkern vor Strahlenschäden. Dies gelingt durch »innere Umwandlung« (internal conversion). Nimmt ein Farbmolekül ein UV-Photon auf, gerät es dadurch in einen angeregten Zustand, gibt aber die aufgenommene Energie sehr schnell (in nur wenigen Femtosekunden) als Wärme ab. Die freigesetzte Wärmemenge ist so gering, dass sie keinen Schaden anrichten kann. Durch die ultraschnelle Umwandlung eignet sich Melanin sehr gut als UV-Schutz – es kann mehr als 99,9 Prozent der Strahlungsenergie in Wärme umwandeln.
Schutz vor Infektionen
Die Haut bildet außerdem eine schützende Barriere gegen Krankheitserreger. Die Abwehr beginnt direkt an der Oberfläche, die durch Talg und Schweiß einen pH von etwa 5 aufweist. Dieser Säurefilm hat zwei Funktionen: Zum einen hemmt er das Wachstum einiger schädlicher Bakterien, zum zweiten fördert er das Wachstum von nützlichen Mikroorganismen, der normalen Hautflora.
Diese Kommensalen kommen in großer Zahl auf der Haut vor und sind ein wichtiger Teil der Pathogen-Abwehr. Sie hemmen Krankheitserreger durch ihre zahlenmäßige Überlegenheit am Wachstum und tragen außerdem zum sauren Milieu bei, indem sie freie Fettsäuren als Stoffwechselprodukte freisetzen. Zudem enthält der Schutzfilm antimikrobielle Peptide wie Lysozym, Psoriasin, Cathelizidine sowie Alpha- und Beta-Defensine, die von Keratinozyten gebildet werden.
Können Bakterien oder Pilze, zum Beispiel bei Hautschäden, doch in die Haut eindringen, treffen sie dort auf ein spezialisiertes Immunsystem. Aktiv an der Immunantwort beteiligt sind die Keratinozyten. Sie bilden eine Reihe von Zytokinen, unter anderem verschiedene Interleukine, Interferone und TNF-alpha. Diese Signalmoleküle aktivieren spezialisierte Immunzellen in der Haut, vor allem antigenpräsentierende Zellen wie Makrophagen und Langerhans-Zellen. Nach der Aufnahme von Antigenen reifen diese heran und wandern in angrenzende Lymphknoten, wo sie die Antigene den T-Lymphozyten präsentieren.
Langerhans-Zellen machen etwa 3 bis 5 Prozent der epidermalen Zellen aus und bilden mit ihren langen Zytoplasmafortsätzen ein dichtes dreidimensionales Netz durch die Keratinozyten. Als weiterer Teil des Immunsystems der Haut kommen intraepitheliale Lymphozyten hinzu, die Pathogene und infizierte Zellen zerstören.
Kontaktaufnahme: Der Tastsinn ist schon im Mutterleib angelegt und eines der wichtigsten Sinnesorgane des Neugeborenen.
Foto: Fotolia/motorradcbr
Ihre vielfachen Schutzfunktionen kann die Haut nur wahrnehmen, wenn sie unversehrt ist. Bei Verletzungen schrillen daher die Alarmglocken. Schon Minuten nach der Hautschädigung setzt die Wundheilung ein, um die entstandene Lücke möglichst schnell wieder zu verschließen. Alle Schichten der Haut verfügen hierfür über spezielle Reparaturmechanismen. Die Selbstheilung ist eine der wichtigsten Aufgaben der Haut.
Kontakt zur Umgebung
Neben der Barrierefunktion hat die Haut auch die Aufgabe, den Menschen in Kontakt mit der Umgebung zu bringen. Sie nimmt eine Reihe von Umweltfaktoren wahr und meldet sie an das Gehirn. Insgesamt ist die Haut das größte Sinnesorgan des Menschen. Sie besitzt Rezeptoren, die Schmerz, Druck, Berührung, Hitze oder Kälte wahrnehmen. Die Thermorezeptoren sind besonders dicht an Kinn, Nase, Ohrmuschel, Ohrläppchen und Lippen gesät. Insgesamt besitzt die menschliche Haut etwa 250 000 Kälterezeptoren, wogegen die Zahl der Wärmerezeptoren nur etwa 10 Prozent davon beträgt. Die Kalt- und Warmsensoren sind freie Nervenendigungen in oberen Dermisschichten, die in jeweils unterschiedlichen Temperaturzonen aktiv sind.
Eine herausragende Aufgabe der Haut ist der Tastsinn, der durch verschiedene Arten von Mechanosensoren vermittelt wird. Drucksensoren reagieren auf lang anhaltendes Eindrücken der Haut, Spannungssensoren auf Dehnung, Berührungssensoren antworten nur auf bewegte Reize und Vibrationssensoren auf mechanische Schwingungen. Zusammen tragen diese Sinneseindrücke in der frühkindlichen Entwicklung dazu bei, ein Raumempfinden zu entwickeln. Der Tastsinn wird daher schon sehr früh angelegt und ist bei Feten im Mutterleib ab einer Größe von 2,5 Zentimetern vorhanden.
Um Verletzungen zu vermeiden, hat der Mensch zudem Schmerzrezeptoren. Über Reflexe werden die gefährdeten Körperstellen rasch in Sicherheit gebracht. Wie wichtig diese Funktion ist, zeigt sich, wenn die Schmerzempfindung, zum Beispiel infolge einer Neuropathie, ausfällt. Schwere Verletzungen und Hautschäden können unbemerkt entstehen.
Wichtig für die nonverbale Kommunikation sind manche Signale der Haut an die Umwelt, zum Beispiel Schwitzen, Erröten oder Erblassen. Zudem prägt sie das Erscheinungsbild des Menschen stark. Eine straffe, dicke Haut zeigt Jugend und Vitalität an, Falten und Altersflecken deuten auf eine gewisse Reife hin.
Über die Haut kann der Körper teilweise seine Temperatur regulieren. Einer Überhitzung beugt er durch Schwitzen vor. Die ekkrinen Schweißdrüsen sezernieren Flüssigkeit, die bei der Verdunstung auf der Haut kühlt. Diese Maßnahme steht fast nur Primaten zur Verfügung, führt aber zu einem deutlichen Wasserverlust. Bis zu 14 Liter Flüssigkeit können Primaten pro Tag verlieren. Vom Schwitzen bei Hitze und Anstrengung ist das unbemerkte Schwitzen (Perspiratio insensibilis) zu unterscheiden. Hierbei diffundiert Wasser über die Haut (und die Schleimhäute) ohne Beteiligung der Schweißdrüsen.
Ein zweiter Mechanismus, um die Körpertemperatur zu regulieren, ist die Veränderung der Hautdurchblutung. Bei Wärme werden die Kapillaren weit gestellt, bei Kälte verengen sie sich. Dann sind die Haut und das Unterhautfettgewebe kaum durchblutet und wirken – zumindest geringfügig – als Isolationsschicht. Anders als bei Tieren können die Haare den Menschen kaum noch vor Kälte schützen, doch das Prinzip ist in Form von »Gänsehaut« zu erkennen. Hier kommt es zu einer vom vegetativen Nervensystem gesteuerten Kontraktion des Haarmuskelbalgs, wodurch sich der Haarfollikel über die Hautoberfläche erhebt und das Haar aufrichtet.
Dem Schweiß kommt neben der Temperaturregulation auch eine Rolle bei der Signalübermittlung zu. Er enthält Sexuallockstoffe (Pheromone), die über den Geruchsinn wahrgenommen werden. Inwieweit diese beim Menschen noch der Kommunikation dienen, ist umstritten.
Syntheseort für Vitamin D
Die Haut wirkt zudem als endokrines Organ. Durch Sonneneinstrahlung entsteht in der Haut aus 7-Dehydrocholesterol das instabile Prävitamin D3, das sich spontan zu Vitamin D3 umwandelt. Bei helleren Hauttypen ist die Bildung von Vitamin D effektiver als bei dunkleren Typen. Insgesamt ist die Produktion sehr effektiv: 5 Prozent der Körperoberfläche zwei- bis dreimal pro Woche für wenige Minuten unbedeckt und ohne Sonnenschutzmittel der Sonne auszusetzen, deckt den Bedarf an Vitamin D.