Ein Übel kommt selten allein |
28.06.2011 18:11 Uhr |
Von Annette Mende, Berlin / Viele neuronale Strukturen, die bei Kopfschmerzen aktiv sind, spielen auch beim Schlafen eine wichtige Rolle. Einen Überblick über den Zusammenhang zwischen Kopfschmerz und Schlaf gab es beim Internationalen Kopfschmerzkongress in Berlin.
»Drei Viertel aller Patienten mit Kopfschmerzen leiden zusätzlich auch unter Schlafstörungen«, sagte Professor Dr. Stefan Evers vom Uniklinikum Münster. Am besten untersucht sei dieser Zusammenhang bei Migräne. »Ein Migräneanfall wirkt sich negativ auf die Schlafqualität aus, außerdem ist die Anzahl von Phasen des Rapid Eye Movement (REM) nach einer Migräneattacke niedriger als sonst«, erklärte der Neurologe.
Kopfschmerzpatienten schlafen oft schlecht. Das liegt nicht nur an den Schmerzen selbst, sondern ist auch physiologisch begründet.
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Einige Arten von Schlafstörungen treten besonders bei jungen Migränepatienten häufiger auf als in der Allgemeinbevölkerung. Dazu gehören das Schlafwandeln, der Nachtschreck (Pavor nocturnus), bei dem der Betroffene aus dem Tiefschlaf aufschreckt, und das Einnässen (Enuresis). Auch umgekehrt besteht ein Zusammenhang zwischen Migräne und Schlaf. So sind Unregelmäßigkeiten wie Schlafmangel oder -übermaß, aber auch das Schlafen am Tage bekannte Auslöser von Migräneanfällen. Schlaf kann aber auch heilsam sein. »Viele Patienten berichten, dass Schlafen einen Migräneanfall beenden kann«, sagte Evers.
Auch bei Clusterkopfschmerzen besteht laut Evers ein klarer Zusammenhang mit dem Schlaf. Diese Art von Kopfschmerzen tritt anfallsartig auf und ist gekennzeichnet von unerträglich bohrenden und brennenden Schmerzen, die stets einseitig sind. Während einer Clusterkopfschmerzattacke, die zwischen zehn Minuten und mehreren Stunden dauern kann, kommt es begleitend zu Augenrötung, Tränenfluss, Nasenschleimhautschwellung, Schwitzen im Gesicht und/oder Pupillenverengung. 60 Prozent der Anfälle treten Evers zufolge während der Nacht auf, 8 Prozent der Patienten leiden ausschließlich nachts unter den Beschwerden. Häufig triggert eine REM-Phase die Attacke.
Die CPAP-Maske ist sperrig, verbessert aber die Schlafqualität. Angenehmer Nebeneffekt: Kopfschmerzen verschwinden.
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Patienten, die primäre Schlafprobleme haben, leiden nicht selten auch unter Kopfschmerzen. Dieser Zusammenhang besteht etwa beim obstruktiven Schlafapnoe-Syndrom (OSAS), bei dem es zu Atemstillständen während des Schlafs kommt. »36 bis 58 Prozent der OSAS-Patienten leiden unter Kopfschmerzen«, berichtete Evers. Diese sind in der Regel nicht durch Migräne bedingt. Durch die Atemstillstände steigt nachts der Kohlendioxidgehalt des Blutes an, der intrakranielle Druck ändert sich und gehirnversorgende Gefäße werden weitgestellt. Die Therapie mit Druckluftbeatmung über eine spezielle Atemmaske (Continuous Positive Airway Pressure, CPAP) verhindert bei den meisten Patienten die Atemstillstände und bessert die Schlafqualität. »In 90 der Fälle verschwinden dadurch auch die Kopfschmerzen«, sagte Evers. /