Versender legen im Rx-Markt zu |
02.05.2018 10:55 Uhr |
2017 war für die Apotheker aus betriebswirtschaftlicher Sicht kein rosiges Jahr. Sorge bereiten ihnen auch die Entwicklungen im Rx-Versandhandel.
Beim Absatz rezeptpflichtiger Präparate hat der Versandhandel mit Arzneimitteln im vergangenen Jahr deutlich zugelegt – Präsenzapotheken hingegen gaben weniger Packungen ab. Das machte Claudia Korf, Leiterin des ABDA-Geschäftsbereichs Ökonomie, in Potsdam deutlich. Demnach konnten die Versender im vergangenen Jahr 5,8 Prozent mehr rezeptpflichtige Arzneimittelpackungen abgeben als 2016. Bei den öffentlichen Apotheken stand am Jahresende ein Minus von 0,3 Prozent.
Claudia Korf
Foto: André Wagenzik
Zwar ist der Marktanteil des Versandhandels im Rx-Markt mit gerade einmal 1,1 Prozent nach wie vor gering. Trotzdem blicken die Apotheker mit Sorge auf diese Entwicklung. Hintergrund ist vor allem das Urteil des EuGh aus dem Oktober 2016, das ausländischen Versendern erlaubt, die deutsche Preisbindung für rezeptpflichtige Medikamente zu umgehen. Setze sich der Trend im Rx-Markt fort, könnte mit Blick auf den Marktanteil der Versender am Ende eine Zahl stehen »die richtig wehtut«, so Korf.
Der Versandhandel hatte zuletzt angekündigt, mittelfristig einen Marktanteil von 10 Prozent anzustreben. Laut Korf hätte das bereits viele Apothekenschließungen zur Folge. Insgesamt 66 Millionen Packungen gingen den öffentlichen Apotheken in diesem Fall verloren, dabei würde ein Rohertrag von 550 Millionen Euro in den Versandhandel abwandern. Als langfristiges Ziel haben einige Versender sogar 25 Prozent Marktanteil genannt. Für deutsche Offizinapotheken würde das einen Verlust von 1,5 Milliarden Euro Rohertrag bedeuten. »Das können wir nicht überleben und wir werden alles tun, um das zu verhindern« sagte Korf.
Auch im OTC-Markt gewinnt der Versandhandel nach Absatz (plus 6,3 Prozent) und Umsatz (plus 9,8 Prozent) hinzu. Öffentliche Apotheken verkauften hingegen etwas weniger OTC-Packungen als 2016 (minus 1 Prozent), der Umsatz mit diesen Präparaten lag in etwa auf Vorjahresniveau (plus 0,8 Prozent).
Insgesamt 1,37 Millionen Packungen gingen in Deutschland 2017 über den HV-Tisch und damit erneut weniger als im Vorjahr (1,41 Millionen). Daran sei allerdings nicht allein der Versandhandel Schuld, betonte Korf. Ein Grund ist demnach etwa auch, dass verstärkt größere Packungen verschrieben und abgegeben werden.
Eckart Bauer
Foto: André Wagenzik
Mit Blick auf die Anzahl der Apotheken war 2017 Korf zufolge ein besonders schlechtes Jahr. Wie aus dem aktuellen Apothekenwirtschaftsbericht des DAV hervorgeht, gab es Ende 2017 insgesamt 19 748 Apotheken und damit 275 Betriebe weniger als 2016 (Saldo 2016: minus 226). Immerhin scheint sich diese Entwicklung in diesem Jahr nicht genauso rasant fortzusetzen: Einer Hochrechnung des DAV zufolge sind im ersten Quartal effektiv 75 Betriebe vom Markt verschwunden. Da im zweiten und dritten Quartal erfahrungsgemäß weniger Apotheken schließen als zu Beginn und gegen Ende eines Jahres, dürfte die Zahl der Betriebe 2018 nicht ganz so stark sinken wie im vergangenen Jahr.
Derweil setzten sich erneut verstärkt größere Einheiten im Apothekenmarkt durch. So ist die Zahl der Filialapotheken im vergangenen Jahr auf 4512 gestiegen (2016: 4416). Erstmals gibt es dabei allerdings weniger Apotheken mit nur einer Filiale (minus 8). Die Zahl der Verbünde mit zwei (plus 37), oder drei Filialen (plus 10) ist hingegen deutlicher als in den Vorjahren gewachsen.
Eine durchschnittliche Apotheke machte im vergangenen Jahr rund 2,3 Millionen Euro Umsatz. Allerdings nimmt die Spreizung zwischen großen und kleinen Betrieben weiter zu. Fast 62 Prozent der Apotheken würden inzwischen unter dem Durchschnitt liegen, sagte Eckart Bauer, ABDA-Abteilungsleiter für die Bereiche Wirtschaft und Soziales. Zwar ist das steuerliche Betriebsergebnis der Durchschnittsapotheke mit 143 543 Euro im Vergleich zum Vorjahr etwas gestiegen (2016: 142 622). Inflationsbereinigt ergebe sich jedoch sogar ein leichter Rückgang, sagte Bauer. »Die Durchschnittsapotheke stagniert.« Offenbar sei die Erholungsphase, die 2013 mit der Anhebung der Packungspauschale begonnen habe, zum Ende gekommen. /