Nicht erst bei Durst trinken |
03.05.2010 12:43 Uhr |
Von Kerstin Pohl / Eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr ist für den Menschen lebensnotwendig. Ohne Nahrung kann er wochenlang überleben, ohne Wasser hingegen nur wenige Tage. 1,5 bis 2 Liter sollten es täglich sein und so trinkt der Mensch im Laufe seines Lebens fast 65 000 Liter.
Der menschliche Körper besteht zu großen Teilen aus Wasser. Diese Menge ist abhängig von Alter, Geschlecht und Köperzusammensetzung. Beim Neugeborenen sind es 75 bis 80 Prozent, bei Jugendlichen circa 60 Prozent und Erwachsenen 50 bis 55 Prozent. Wasser hat im Körper wichtige Aufgaben: Es dient dem Aufbau und Erhalt der Körperzellen, als Lösungs- und Transportmittel von Nährstoffen und als Kühlmittel für die Regulation der Körpertemperatur durch die Schweißproduktion.
1,5 bis 2 Liter Flüssigkeit sollte jeder Mensch pro Tag trinken, um die Flüssigkeitsverluste über Schweiß und Atemluft auszugleichen.
Foto: Pixelio/Rose
Schon auf geringe Wasserverluste reagiert der menschliche Organismus empfindlich. Bereits ein Flüssigkeitsverlust von 2 Prozent vermindert die Leistungsfähigkeit. Da das Gehirn zu 70 Prozent aus Wasser besteht, reagiert dieses besonders empfindlich auf Wassermangel, was sich in nachlassender Konzentration, Müdigkeit und Schwindelgefühl äußert.
Aber nicht nur die geistige Leistungsfähigkeit wird beeinflusst, sondern auch die körperliche. Dem Blut und Gewebe wird Wasser entzogen, das Blut dickt ein und fließt langsamer. Durchblutungsstörungen, Erbrechen und Muskelkrämpfe sind die Folge. Harnpflichtige Substanzen können nicht mehr ausgeschieden werden. Ein Wasserverlust von 15 bis 20 Prozent führt zum Tod durch Nieren- und Kreislaufversagen.
Aber auch ein Zuviel an Wasser kann schädlich sein. So kann der Organismus zwar bis zu 1 Liter Wasser pro Stunde über die Nieren ausscheiden und sogar eine Flüssigkeitsmenge von bis zu 10 Litern am Tag vertragen. Eine akute Wasservergiftung hingegen tritt auf, wenn zu schnell zu viel Wasser aufgenommen wird und die Ausscheidungskapazität der Nieren von 0,7 bis 1 Liter pro Stunde überschritten wird. Wer mehr als 6 Liter in wenigen Stunden zu sich nimmt, gefährdet die Gesundheit. Bei Wasser-Wetttrinken und auch bei unerfahrenen Marathonläufern kam es auf diese Weise schon zu Todesfällen.
Ausgeglichen trinken
Eine gewisse Trinkmenge ist aber lebensnotwendig. Täglich verliert der Körper circa 2 bis 2,5 Liter Flüssigkeit in Form von Schweiß, Atemluft, Harn und Fäzes. Diese Menge muss wieder ersetzt werden, wobei 1,5 bis 2 Liter aus den täglich zugeführten Getränken und der Rest aus der »festen« Nahrung stammt. In bestimmten Fällen kann der Körper auch mehr benötigen. So besteht ein erhöhter Flüssigkeitsbedarf bei Hitze, trockener und kalter Luft, starkem Wind, schwerer körperlicher Arbeit und Sport. Bei körperlicher Arbeit in großer Hitze ist der Flüssigkeitsbedarf sogar um ein 3- bis 4-Faches erhöht und kann in Extremfällen bis auf 10 Liter am Tag ansteigen. Diese sollten aber in kleinen Mengen über den Tag verteilt getrunken werden. Außer der Flüssigkeit müssen aber auch ausgeschiedene Mineralstoffe wie Natrium und Chlorid ersetzt werden, die über den Schweiß verloren gehen. Aber nicht nur Umwelteinflüsse wie Hitze bestimmen die benötigte Flüssigkeitsmenge. Ein hoher Energieumsatz, eine hohe Porteinzufuhr, zu viel Kochsalz in der Nahrung oder auch eine Nierenstein-Erkrankung erhöhen die benötigte Menge. Auch Krankheiten wie Fieber, Erbrechen und Durchfall führen zu einer negativen Wasserbilanz.
täglich 1,5 bis 2 Liter trinken
abwechslungsreiche Getränkeauswahl greif- und sichtbar hinstellen
Getränke für unterwegs, zur Arbeit oder zum Sport mitnehmen
Trinkmenge gegebenenfalls mit einer Strichliste kontrollieren
Trinkroutine beachten, beispielsweise nach dem Aufstehen, zu den Mahlzeiten
Kinder mit Trinkflaschen für Schule und Sport ausrüsten
Saftschorlen selbst mischen oder Wasser mit etwas Zitronensaft »aufpeppen«
Besonders extrem ist der Flüssigkeitsverlust bei Hochleistungssportlern. Da der Organismus Wasser aber im Gegensatz zu anderen lebensnotwendigen Nährstoffen nicht auf »Vorrat« speichern und solch eine Menge nicht auf einmal substituiert werden kann, muss der Flüssigkeitsverlust kontinuierlich auch während des Wettkampfes ausgeglichen werden.
Bei Kindern funktioniert das Durstempfinden gut. Sie trinken Statistiken zufolge so viel, wie für ihr Alter empfohlen wird.
Foto: DAK/Schläger
Während Erwachsene häufig zu wenig trinken, weil sie entweder nicht daran denken oder einfach keinen Durst haben, ist das Durstempfinden bei Kindern deutlich besser ausgeprägt. Sie können es aber beim Spielen einfach »vergessen«. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Kinder etwa einen Liter Flüssigkeit am Tag in Abhängigkeit von der Aktivität. Je aktiver das Kind ist, desto mehr sollte es trinken. Die Ernährungsstudie EsKiMo vom Robert-Koch-Institut zeigte, dass sowohl Kinder als auch Jugendliche die für ihr Alter empfohlene Flüssigkeitsmenge tatsächlich erreichen. 50 Prozent der Trinkmenge macht dabei Wasser aus. Als negativ zu bewerten ist allerdings, dass an zweiter Stelle bereits Limonaden stehen, die bis zu einem Viertel der Getränkemenge ausmachen.
Eine besondere Situation liegt bei Säuglingen vor. Da sie im Verhältnis eine relativ große Körperoberfläche haben und die Nierenfunktion noch nicht voll ausgebildet ist, haben sie im Vergleich zu Schulkindern und Erwachsenen einen relativ höheren Wasserbedarf. Da der gestillte Säugling seine Flüssigkeitszufuhr über die Muttermilch erhält, wird Stillenden deshalb eine Zusatzmenge von täglich 650 ml empfohlen.
Durstgefühl trainieren
Generell sollte nicht erst zum Wasserglas gegriffen werden, wenn man Durst spürt, denn dann reagiert der Körper schon auf ein Defizit. Stattdessen sollte regelmäßig über den ganzen Tag verteilt getrunken werden. Um das Durstgefühl zu trainieren, gibt es verschiedene Tricks. So können Trinkroutinen eingeführt werden, wie morgens direkt nach dem Aufstehen oder zu jeder Mahlzeit oder nach jeder körperlichen Aktivität ein Glas Wasser zu sich zu nehmen. Getränke sollten sicht- und greifbar hingestellt, und ein leeres Glas sofort wieder aufgefüllt werden.
Auch ein Trinkplan kann helfen, die tägliche Flüssigkeitsmenge zu überprüfen. Hier wird beispielsweise jedes Glas oder jede Tasse durch eine Strichliste erfasst. Große Tassen oder große Gläser enthalten etwa 300 ml, kleine Tassen oder Gläser etwa 200 ml Flüssigkeit. Ein solcher Trinkplan kann besonders bei der Betreuung von pflegebedürftigen Senioren hilfreich sein, bei denen das Durstgefühl oft nicht mehr ausreichend funktioniert.
Auch wassereiches Obst und Gemüse trägt zur Flüssigkeiszufuhr bei.
Foto: Pixelio/Schätzler
Feste und flüssige Durstlöscher
In den letzten Jahren zeigen sich deutliche Veränderungen im Ernährungsverhalten. Heute werden beispielsweise weniger Suppen und Eintöpfe verzehrt und damit auch weniger Flüssigkeit über die »feste« Nahrung aufgenommen als das noch vor einigen Jahren der Fall war. Stattdessen werden mehr Lebensmittel mit einer hohen Energiedichte wie Fast Food konsumiert und damit auch weniger Flüssigkeit über diese Lebensmittel aufgenommen. Wasserreich sind dagegen Obst- und Gemüsesorten wie beispielsweise Melonen, Apfelsinen, Weintrauben, Gurken und Tomaten. Sie können zur Flüssigkeitszufuhr beitragen und enthalten zudem wertvolle Vitamine, Mineralstoffe und Ballaststoffe.
Schwarzer und grüner Tee sind als Durstlöscher nicht geeignet, weil sie Theobromin enthalten und eine stimulierende Wirkung haben.
Foto: DAK/Hanuschke+Schneider
Den Hauptteil der täglichen Flüssigkeitszufuhr machen aber Getränke aus. Idealerweise sollten sie den Durst löschen, keine oder nur wenig Energie enthalten und alkoholfrei sein. Aus diesem Grund bieten sich Mineral- und Leitungswasser als Getränk an, ungezuckerte Früchte- und Kräutertees sowie Frucht- oder Gemüsesäfte, die stark mit Wasser zu Schorlen verdünnt werden (Verhältnis mindestens 1:1). Hierbei zu beachten ist, dass Apfelsaftschorle 0,2 g Alkohol auf 250 ml enthält. Als Durstlöscher ungeeignet sind süße Limonaden, Cola und Fruchtsaftgetränke und -nektare, da sie zu viel Zucker enthalten und wenig Vitamine und Mineralstoffe. Bei starkem Schwitzen verliert der Köper neben Wasser auch große Mengen an Mineralstoffen. Der Verlust kann beispielsweise durch entfettete Fleisch- oder Gemüsebrühen ausgeglichen werden, in die eine Prise Salz gegeben wurde.
Auch auf die richtige Trinktemperatur ist zu achten, da eiskalte Getränke direkt aus dem Kühlschrank zu Magen-Darm-Beschwerden führen können. Gerade in heißen Ländern trägt man dem Rechnung und trinkt überwiegend warme Getränke in kleinen Schlucken. So wird nicht nur der Durst gelöscht, der Körper kommt auch leicht ins Schwitzen und kühlt dadurch ab.
Schwarzer und grüner Tee sowie Kaffee enthalten zwar keine Kalorien, sind als Durstlöscher aber untauglich, da sie Theobromin beziehungsweise Coffein enthalten, die eine stimulierende Wirkung haben und deshalb zu den Genussmitteln gehören. Aus diesem Grund sind sie für Kinder ungeeignet, können aber bei Erwachsenen in die tägliche Flüssigkeitsaufnahme miteingerechnet werden. Früher wurde Kaffee eine diuretische Wirkung nachgesagt und deshalb nicht in die Flüssigkeitsbilanz aufgenommen. Diese Beurteilung ist inzwischen revidiert worden, da diese Wirkung bei regelmäßigem Kaffeegenuss verloren geht und die entsprechende Dosis sehr individuell ist.
Auch Milch und Alkohol sind als Durstlöscher nicht geeignet. Milch ist als Nahrungsmittel und somit eher als »kleine Mahlzeit« zu betrachten, die viele wertvolle Mineralstoffe, Vitamine und Eiweiß enthält. Alkoholische Getränke sind zwar in Maßen erlaubt, sollten möglichst aber nicht täglich getrunken werden. Für Männer gilt eine Höchstgrenze von 20 g Alkohol am Tag, was 0,5 l Bier oder 0,25 l Wein entspricht. Frauen sollten nur etwa die Hälfte konsumieren. Alkoholika werden nicht in der Flüssigkeitsbilanz berücksichtigt. Dies gilt auch für auch alkoholfreies Bier, das noch geringe Alkoholmengen (0,8 g Alkohol in 250 ml) enthält.
Häufig wird Alkohol eine kardioprotektive Wirkung zugeschrieben. So soll er zu einem Anstieg des HDL-Cholesterins, einer verminderten Aggregation der Blutplättchen führen, das Fibrinogen senken und die Fibrinolyse steigern. Trotzdem kann ein regelmäßiger Alkoholkonsum nicht empfohlen werden, da die negativen Effekte überwiegen. Vor allem bei chronischem Konsum sind abgesehen vom Suchtpotenzial, Organschädigungen (Leber, Bauchspeicheldrüse, Herzmuskel) und Krebserkrankungen zu befürchten. /
Dieser Artikel ist Teil der Serie Ernährung. Die nächste Folge zum Thema »Mundgesundheit« wird in PZ 20 erscheinen. Eine Übersicht aller bereits veröffentlichten Beiträge ist unter www.pharmazeutische-zeitung.de/Ernährung zu finden.