Was ist erlaubt, was verboten? |
23.01.2017 15:17 Uhr |
Von Anja Scheiff / Doping umfasst viel mehr als die allgemein bekannten Substanzen wie Anabolika, EPO, Wachstumshormon oder Stimulanzien. Zahlreiche Medikamente, die täglich in Apotheken abgegeben werden, enthalten für Sportler verbotene Substanzen. Apotheker können sich in der Verbotsliste der Welt Anti-Doping Agentur informieren. Die aktuelle Fassung trat am 1. Januar 2017 in Kraft.
Eine einfache kurze Definition für den Begriff »Doping« im sportrechtlichen Sinn lässt sich nicht finden, da bei Leistungssportlern unterschiedliche Verhaltensweisen einen »Dopingverstoß« begründen. Doping liegt maßgeblich immer dann vor, wenn eine verbotene Substanz, deren Metaboliten oder Marker in einer Dopingprobe eines Athleten – Urin oder Blut – nachgewiesen werden oder wenn eine verbotene Methode eingesetzt wird.
Beim Stichwort Doping denkt jeder nahezu automatisch an Anabolika und Co. Doch auch ganz alltägliche Medikamente können für Leistungssportler kritisch sein.
Foto: Shutterstock/Henrik Dolle
Verboten sind Substanzen und Methoden mit belegtem oder potenziellem Gesundheitsrisiko, die bewiesenermaßen oder potenziell leistungssteigernd wirken und deren Anwendung gegen den Geist des Sports verstößt. Für positive Dopingproben oder – wie es gemäß Nationalem Anti-Doping Code (NADC), dem Anti-Doping-Regelwerk, korrekt heißt – »von der Norm abweichende Analyseergebnisse« werden Leistungssportler sanktioniert, je nach Ausmaß des Betrugs sogar für einige Jahre gesperrt.
Welche Substanzen und Methoden im Einzelnen sportrechtlich verboten sind, regelt die Verbotsliste der Welt Anti-Doping Agentur (WADA) (1). Diese Verbotsliste wird jährlich von einem Expertengremium der WADA, dem auch Anti-Doping-Experten aus Deutschland angehören, aktualisiert und gilt somit stets vom 1. Januar bis zum 31. Dezember eines Jahres weltweit für alle Sportarten. Am grundsätzlichen Aufbau der Verbotsliste hat sich in den letzten Jahren wenig geändert. Regelmäßig werden jedoch die Namen neuer verbotener Substanzen hinzugefügt. In Deutschland ist die Stiftung Nationale Anti Doping Agentur (NADA) für die Einhaltung der weltweit gültigen Anti-Doping-Regeln der WADA zuständig (Tabelle).
Im Folgenden wird ein Überblick über Arzneimittelgruppen des Apotheken-Warenbestands gegeben, die gemäß der WADA-Verbotsliste 2017 verbotene Substanzen enthalten können (siehe Kasten unten).
Details | Welt Anti-Doping Agentur (WADA); www.wada-ama.org | Nationale Anti Doping Agentur Deutschland (NADA); www.nada.de |
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Gründung | im November 1999 im Nachgang zur Weltkonferenz über Doping im Sport | im November 2002 als Stiftung des bürgerlichen Rechts |
Sitz | Montréal, Kanada | Bonn, Deutschland |
Hauptaufgaben | Verfassen des weltweit gültigen Anti-Doping-Regelwerks (WADA-Code) mit zugehörigen internationalen Standards; Kontrolle der weltweiten Umsetzung und Einhaltung des WADA-Codes durch die Nationen, internationalen Sportfachverbände und olympischen Komitees; Herausgabe von Leitlinien und technischen Dokumenten für WADA-akkreditierte Anti-Doping-Labore und von medizinischen Informationen für TUE-Komitees; Kontrolle der aktuell 34 WADA-akkreditierten Anti-Doping-Labore; wissenschaftliche Forschung, Prävention, Entwicklung von Anti-Doping-Kompetenzen | Umsetzung eines einheitlichen Dopingkontrollsystems für Deutschland; Erteilung Medizinischer Ausnahmegenehmigungen (TUE) und Beantwortung von Medikamentenanfragen; Anti-Doping-Prävention; Umsetzung des WADA-Codes in einen NADA-Code; (Rechts-)Beratung für Verbände und Athleten; Einrichtung eines unabhängigen Sportschiedsgerichts (seit 1. Januar 2008); internationale Zusammenarbeit |
Analgetika
Obwohl insbesondere im Ausdauersport, zum Beispiel beim Marathon-Lauf, aber auch im Kampfsport nicht selten rezeptfreie nicht steroidale Antirheumatika zum Hinauszögern der Schmerzschwelle missbraucht werden, befinden sich diese derzeit nicht auf der Verbotsliste (2). Verboten sind aufgrund ihrer wesentlich stärkeren analgetischen Wirkung Opioide wie Fentanyl und seine Derivate, Morphin und Oxycodon. Da ein Missbrauch von Opioidanalgetika in Trainingsphasen keinen leistungssteigernden Effekt im Wettkampf nach sich zieht, sind sie lediglich innerhalb von Wettkämpfen verboten.
Steroidale Analgetika sind aufgrund ihrer leicht euphorisierenden Wirkung in Wettkämpfen verboten, wenn sie oral, intravenös, intramuskulär oder rektal verabreicht werden. Dies betrifft alle Wirkstoffe aus der Gruppe der Glucocorticoide, wobei Dexamethason, Prednisolon und Triamcinolon am häufigsten verwendet werden. Die in Ausnahmefällen zur Analgesie und Muskelrelaxation eingesetzten Cannabinoide sind für Sportler innerhalb von Wettkämpfen verboten.
Antiadiposita
Appetitzügler aus der Gruppe der Sympathomimetika wie die Wirkstoffe Amfepramon, Cathin und Sibutramin, dessen Zulassung seit 2010 ruht, sind aufgrund ihrer stimulierenden Wirkung für Sportler innerhalb von Wettkämpfen verboten.
Antianämika
Verboten, sowohl im Training wie auch im Wettkampf, ist das bereits genannte körpereigene Hormon Erythropoetin (EPO), wenn es von außen zugeführt wird. Der Grund: Es stimuliert die Bildung von Erythrozyten, die im Blut den Sauerstoff transportieren, was insbesondere in Ausdauersportarten missbräuchlich ausgenutzt werden kann. Therapeutisch wird EPO bei Anämien aufgrund von chronischer Niereninsuffizienz oder bestimmten Tumoren eingesetzt.
Die für die Erythropoese wichtigen Eisenverbindungen, Folsäure und Vitamin B12 sind hingegen nicht verboten, sie kommen auch in der Nahrung vor. Werden sie jedoch intravenös verabreicht, so gilt es, das Verbot intravenöser Infusionen in einem Volumen von mehr als 50 ml zu beachten. Dieses Verbot gilt grundsätzlich, unabhängig von einem möglichen Doping-Verbot der zu infundierenden Substanzen. Damit soll verhindert werden, dass durch die Applikation großer Flüssigkeitsmengen ins Blut ein verdünnender und damit verschleiernder Effekt auf die Blutzusammensetzung hervorgerufen oder die körperliche Regeneration nach Wettkämpfen beschleunigt wird. Ausnahmen vom Verbot sind nur die Verabreichung von Infusionen im Krankenhaus, bei klinischen Untersuchungen oder chirurgischen Eingriffen. Auch im Krankenhaus verboten sind wiederum Bluttransfusionen und die Rückführung jeglicher Blutbestandteile in das Kreislaufsystem eines Athleten.
Antiasthmatika und Antiallergika
Kein Tabu im Leistungssport: Asthmasprays mit bestimmten Wirkstoffen fallen nicht unter das Dopingverbot.
Foto: Fotolia/ Mikey Smith
Viele Jahre lang waren Asthma-Sprays mit Beta-2-Agonisten und/oder Glucocorticoiden in jeglichen Konzentrationen innerhalb und außerhalb von Wettkämpfen verboten. Seit einigen Jahren sind sämtliche Glucocorticoid-Wirkstoffe sowie die Beta-2-Agonisten Formoterol, Salbutamol und Salmeterol – diese jeweils mit Grenzwerten – zur Inhalation freigegeben, da sie nachgewiesenermaßen keinen ausdauersteigernden Effekt bei lungengesunden Sportlern haben (3). Die Grenzwerte der drei Beta-2-Agonisten sind so angelegt, dass sie bei bestimmungsgemäßem therapeutischen Gebrauch in der Regel nicht überschritten werden. Diese erlaubten Beta-2-Agonisten, alleine oder in Kombination mit Glucocorticoiden, decken zahlreiche gängige Asthmasprays ab.
Orale Darreichungsformen der drei Beta-2-Agonisten sowie alle anderen Beta-2-Agonisten in jeglichen Darreichungsformen sind hingegen jederzeit verboten. Das Antiasthmatikum Clenbuterol ist ebenso verboten und wird aufgrund seiner deutlich anabolen Wirkkomponente auf der Verbotsliste sogar zu den anabolen Substanzen gezählt.
Glucocorticoide werden als weitere Wirkstoffgruppe häufig bei allergischen und asthmatischen Beschwerden eingesetzt. Die Regelungen hierfür wurden in den vergangenen Jahren deutlich vereinfacht. Alle Darreichungsformen sind außerhalb von Wettkämpfen erlaubt. In Wettkämpfen verboten ist die orale, intravenöse, intramuskuläre und rektale Applikation von Glucocorticoiden. Alle anderen Verabreichungsarten hingegen sind auch innerhalb von Wettkämpfen erlaubt, sodass beispielsweise der Anwendung Corticoid-haltiger Nasensprays, Augentropfen und Hautcremes aus sportrechtlicher Sicht auch an Wettkampftagen nichts entgegensteht.
Im anaphylaktischen Schock wird meist Adrenalin (Epinephrin) intramuskulär verabreicht, was innerhalb von Wettkämpfen verboten ist. Antihistaminika sind hingegen erlaubt – aber nicht in Kombinationspräparaten mit Pseudoephedrin. Dieses ist aufgrund seiner stimulierenden Wirkung in Wettkämpfen verboten.
Jederzeit verbotene Substanzen und Methoden
S0. Nicht zugelassene Substanzen
S1. Anabole Substanzen
S2. Peptidhormone, Wachstumsfaktoren, verwandte Substanzen und Mimetika
S3. Beta-2-Agonisten
S4. Hormon- und Stoffwechsel-Modulatoren
S5. Diuretika und Maskierungsmittel
M1. Manipulation von Blut und Blutbestandteilen
M2. Chemische und physikalische Manipulation
M3. Gendoping
Im Wettkampf verbotene Substanzen
S6. Stimulanzien
S7. Narkotika
S8. Cannabinoide
S9. Glucocorticoide
In bestimmten Sportarten verbotene Substanzen
P1. Alkohol
P2. Betablocker
Antidiabetika
Zur Behandlung des Diabetes Typ 1 steht aufgrund des absoluten Insulinmangels der Betroffenen derzeit nur Insulin selbst in Form von Humaninsulinen und Humaninsulin-Analoga zur Verfügung. Trotz der unerwünschten Wirkung einer lebensbedrohlichen Hypoglykämie wird Insulin im Sport aufgrund seiner Muskelaufbau fördernden (anabolen) und Muskelabbau reduzierenden (anti-katabolen) Wirkung missbraucht und ist somit für Sportler in- und außerhalb von Wettkämpfen verboten.
Orale Antidiabetika, die zur Therapie des Diabetes Typ 2 eingesetzt werden, sind aufgrund eines anderen Wirkungsmechanismus nicht verboten.
Antihypertonika
Hier ist eine ruhige Hand entscheidend. Betablocker sind daher im Schießsport generell verboten.
Foto: Fotolia/Bartiko
Zur Behandlung der Hypertonie steht eine Vielzahl von Wirkstoffen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen zur Verfügung. Relevant im Sinne der Verbotsliste sind Diuretika und Betablocker.
Diuretika – ausgenommen die rein pflanzlichen – sind für Sportler jederzeit verboten, weil die forcierte Diurese dazu missbraucht werden kann, die Einnahme weiterer verbotener Substanzen zu verschleiern. Zudem wird die diuretische Wirkung in Sportarten, in denen die Gegner nach Gewichtsklassen eingeteilt werden, missbraucht, um das Körpergewicht kurz vor einem Wettkampf-bezogenen Wiegen zügig zu reduzieren.
Die durch Betablocker vermittelte Beruhigung des Herzschlags bewirkt eine innere Ruhe und ruhige Hand, was vor allem in solchen Sportarten ausgenutzt werden kann, in denen dies eine Leistungssteigerung mit sich bringt. So erstreckt sich das Verbot von Betablockern im Wettkampf auf die Sportarten Billard, Darts, Golf, Automobilsport und einige Disziplinen des Skispringens, Snowboardings und Tauchens. Im Schießsport (Bogenschießen, Gewehr, Pistole) sind diese Wirkstoffe sowohl innerhalb wie außerhalb von Wettkämpfen verboten.
Antihypotonika
Sympathomimetika wie Etilefrin und Midodrin werden bei hypotonen Kreislaufstörungen eingesetzt. Aufgrund ihrer stimulierenden Wirkung sind sie in Wettkämpfen verboten.
Erkältungspräparate
Besondere Vorsicht ist bei Erkältungspräparaten geboten, die erlaubte Analgetika wie Acetylsalicylsäure und Ibuprofen in Kombination mit Pseudoephedrin oder das erlaubte Analgetikum Paracetamol in Kombination mit Ephedrin enthalten. Das Apothekenteam sollte in der Beratung wachsam sein, da diese Präparate nicht der Verschreibungspflicht unterliegen. Fühlt sich der Betroffene nach Einnahme dieser Medikamente meist schnell fit und leistungsfähig, so ist gerade diese aufputschende Wirkkomponente in Wettkämpfen verboten.
Hormonpräparate
Verboten sind Hormone, die muskelaufbauend und damit leistungssteigernd im Kraft- und Ausdauersport wirken. Dies betrifft anabol-androgene Steroide und Wachstumshormon (Somatropin). Bis in die 1990er-Jahre waren verschiedene anabol-androgene Steroidhormone, abgeleitet vom körpereigenen Testosteron, noch als Arzneimittel in Deutschland zugelassen; sie wurden jedoch aufgrund ihres schlechten Nutzen-Risiko-Profils vom Markt genommen (4).
Heute wird hierzulande nur noch Testosteron selbst therapeutisch eingesetzt, in der Regel zur Substitution des fehlenden endogenen Testosterons beim männlichen Hypogonadismus und zur Unterdrückung des Längenwachstums bei Jungen mit Hochwuchs. Dennoch sind viele der inzwischen nicht mehr zugelassenen Anabolika-Präparate auf dem Schwarzmarkt illegal erhältlich und werden zu Dopingzwecken eingesetzt.
Somatropin ist wie Testosteron eine körpereigene Substanz und verboten, wenn es von außen zugeführt wird. Es kommt in der Therapie des Kleinwuchses bei Kindern, die nicht über ausreichend körpereigenes Somatropin verfügen, zum Einsatz. Auch diese Präparate werden auf dem Schwarzmarkt gehandelt.
Homöopathika und Phytopharmaka
Für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen gibt es keinen Freibrief im Leistungssport.
Foto: Fotolia/ Wolfgang Mucke
Pflanzliche und homöopathische Arzneimittel enthalten grundsätzlich eher selten für Sportler verbotene Substanzen. Jedoch ist der Abgleich solcher Präparate mit der Verbotsliste nicht trivial. Während ein Arzneimittel mit chemisch definierter Zusammensetzung hinsichtlich erlaubten oder verbotenen Inhaltsstoffen klar beurteilt werden kann, entziehen sich Pflanzenextrakte und Homöopathika oft der präzisen Bewertung, da nicht alle einzelnen pflanzlichen oder tierischen Inhaltsstoffe bekannt und charakterisiert sind.
Beispiele: Brechnuss und Ignatiusbohne (Nux vomica, Ignatia) enthalten die Substanz Strychnin, die wiederum für Sportler innerhalb von Wettkämpfen verboten ist. Cobalt-Verbindungen finden beispielsweise in der Anthroposophie Anwendung. Da sie den Hypoxie-induzierbaren Faktor (HIF) stabilisieren und damit die EPO-Produktion fördern, sind sie zu jeder Zeit verboten.
Viele pflanzliche und homöopathische Arzneimittel enthalten Alkohol. Hier sollten Athleten einiger ausgewählter Sportarten aufpassen. Im Automobilsport, Bogenschießen, Luft- und Motorbootsport ist für Sportler eine Blutalkohol-Konzentration von mehr als 0,1 g/L innerhalb von Wettkämpfen verboten.
Psychopharmaka
Verboten sind stimulierende Wirkstoffe, die zur Behandlung von Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADS und ADHS) und Narkolepsie eingesetzt werden. So sind Methylphenidat und Amfetamin-Derivate wie Lisdexamfetamin in Wettkämpfen verboten (5). Zur Therapie der Narkolepsie findet der Wirkstoff Modafinil Verwendung, der ebenso innerhalb von Wettkämpfen verboten ist. Die meisten weiteren psychoaktiven Substanzen, die sich auf der Verbotsliste in der Gruppe der Stimulanzien befinden, zählen zu den Rauschdrogen und fallen – wie auch Amfetamine und Methylphenidat – unter das Betäubungsmittelgesetz.
Sämtliche klassischen Antidepressiva und Neuroleptika sind hingegen für Sportler nicht verboten.
Zytostatika
In der NADAmed-Datenbank (www.nadamed.de) oder über die NADA-App kann sich die Apotheke informieren, ob ein Medikament für einen Sportler verboten ist oder nicht.
Quelle: Stiftung Nationale Anti Doping Agentur Deutschland
Für Sportler verboten sind vor allem solche Zytostatika, die gegen hormonabhängige Tumoren gerichtet sind, zum Beispiel Aromatase-Inhibitoren und selektive Estrogen-Rezeptor-Modulatoren. Zur Behandlung des Mammakarzinoms werden Wirkstoffe wie Anastrozol, Letrozol und Tamoxifen eingesetzt. Letzteres wird vor allem deswegen im Sport missbraucht, weil es Anabolika-induzierte Nebenwirkungen abschwächen kann.
Eine Chemotherapie wird häufig als intravenöse Infusion verabreicht. Zu beachten ist auch hier das Infusionsverbot, das unter Antianämika beschrieben wurde.
Nahrungsergänzungsmittel
Auch Sportler setzen zur vermeintlichen Aufrechterhaltung ihrer Gesundheit und zur Verbesserung ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit gerne Nahrungsergänzungsmittel (NEM) ein. Entgegen den Arzneimitteln unterliegen NEM jedoch keiner gesetzlich vorgeschriebenen Prüfung auf Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit, was unseriösen Herstellern Tür und Tor für Manipulationen öffnet.
Die rechtmäßig vorgesehenen Inhaltsstoffe von NEM wie Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, Proteine oder Kohlenhydrate stehen derzeit nicht auf der Verbotsliste. Jedoch werden immer wieder NEM gefunden, denen für Sportler verbotene Substanzen gezielt oder unabsichtlich im Abfüllprozess beigefügt wurden. Detektiert wurden bislang – überwiegend in Produkten, die für einen Muskelaufbau und Fettabbau beworben werden – Prohormone, anabole Substanzen und Stimulanzien, die unter die Klassen S1 und S6 der WADA-Verbotsliste fallen (6, 7, 8). Der Konsum solcher NEM kann nicht nur zu einem positiven Dopingbefund führen, sondern auch gesundheitlich riskant sein. Sportler sollten somit sehr reflektiert und vorsichtig mit NEM umgehen.
Eine gute Orientierung hinsichtlich getesteter NEM bietet die sogenannte Kölner Liste® (www.koelnerliste.com), ein Angebot des Olympiastützpunktes Rheinland, die NEM im Auftrag der Hersteller auf verbotene Substanzen hin analysiert und die Ergebnisse im Internet veröffentlicht. Dadurch lässt sich ein potenzielles Dopingrisiko reduzieren; gänzlich auszuschließen ist es jedoch nicht. Hegt ein Sportler den Verdacht auf ernsthafte Vitamin- und Mineralstoffmängel, ist die Diagnostik beim Arzt anzuraten. Eine therapeutische Substitution sollte in diesen Fällen durch Präparate mit Arzneimittelzulassung erfolgen.
Viele unterschiedliche Arzneimittelgruppen können für Sportler ernsthafte Konsequenzen haben. Das Apothekenteam sollte immer wachsam sein, wenn ein Patient erwähnt, an sportlichen Wettkämpfen teilzunehmen oder Leistungssport zu betreiben. Eine Abfrage der Wirkstoffe in der NADAmed-Datenbank (www.nadamed.de) oder offline über die NADA-App, ein Blick in die Apotheken-Software unter dem Patientenmerkmal »Sportler« oder in die Packungsbeilage geben Aufschluss, ob ein Medikament für einen Sportler verboten ist oder nicht. Unter www.nada.de steht zudem eine Broschüre mit zahlreichen Beispielen für erlaubte Arzneimittel, die sogenannte »Beispielliste zulässiger Medikamente« zum Download bereit. Grundlegende Informationen gibt es bei der NADA (www.nada.de) und ihrer Initiative www.alles-geben-nichts-nehmen.de Zielgruppenspezifische Informationen und Medien sind unter www.gemeinsam-gegen-doping.de zu finden.
Was tun im Krankheitsfall?
Sportler, die aus medizinischen Gründen auf verbotene Substanzen oder Methoden angewiesen sind, können diese genehmigen lassen und eine sogenannte Medizinische Ausnahmegenehmigung (Therapeutic Use Exemption, TUE) bei der NADA beantragen. Manche Sportler werden von der NADA darüber informiert, dass sie auch außerhalb von Wettkämpfen, zum Beispiel im Training, bei der Arbeit und in der Freizeit, Dopingkontrollen unterzogen werden können; sie gehören einem sogenannten Testpool der NADA an. Sie müssen in jedem Fall eine Medizinische Ausnahmegenehmigung beantragen, wenn die Behandlung mit einer verbotenen Substanz oder Methode geplant ist oder aufgrund eines medizinischen Notfalls bereits begonnen wurde. Zudem gilt diese TUE-Pflicht für Spielerinnen und Spieler bestimmter Ligen im Eishockey, Fußball und Handball.
Mit dem TUE-Antragsformular der NADA muss ein ausführliches, aktuelles fachärztliches Gutachten zum Krankheitsverlauf eingereicht werden, in dem der Arzt insbesondere darlegt, dass der Einsatz erlaubter Substanzen oder Methoden aus medizinischen Gründen nicht möglich ist. Das TUE-Komitee der NADA, ein Gremium aus mehreren Ärzten unterschiedlicher Fachrichtungen, entscheidet auf Basis der Aktenlage über den Antrag und genehmigt die Behandlung in der Regel für einen definierten Zeitraum. Der Sportler erhält eine TUE-Genehmigungsurkunde, die ihn vor dem Verdacht des Dopings absichert und bei Kontrollen vorgelegt werden muss.
Sportler, die keinem Testpool der NADA angehören, brauchen zunächst keine TUE zu beantragen. Sie müssen dem Kontrolleur bei einer Dopingkontrolle die Fotokopie eines fachärztlichen, maximal vor zwölf Monaten ausgestellten Attests über ihre verbotene Medikation mitgeben. In bestimmten Fällen müssen im Nachhinein, nach Aufforderung durch die NADA, zusätzliche medizinische Unterlagen bei der NADA eingereicht werden. Die Attest-Regelung gilt für nationale Wettkämpfe, die in Deutschland stattfinden. /
Anja Scheiff studierte Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und wurde 2010 im Fach Pharmazeutische Chemie promoviert. Seit 2010 arbeitet sie als Referentin Pharmazie bei der Nationalen Anti Doping Agentur (NADA) in Bonn. Dr. Scheiff ist dort zuständig für Fragen rund um die Dopingrelevanz von Arzneimitteln.
Dr. Anja Scheiff
Nationale Anti Doping Agentur Deutschland
Heussallee 38
53113 Bonn
E-Mail: anja.scheiff@nada.de
Literatur