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Medikationsmanagement

Was ARMIN alles leisten kann

Das Medika­tionsmanagement ist das Herzstück der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN). Mit ihm können sowohl in der intensiven Prüfung der Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) zu Beginn der Betreuung als auch in der kontinuierlichen Weiterbetreuung arzneimittelbezogene Probleme erkannt und gelöst werden. Ein Fallbeispiel.
Dirk Klintworth
Uta Müller
Martin Schulz
10.12.2020  09:00 Uhr

Der folgende Fallbericht beschreibt einen der ersten ARMIN-Medikationsmanagement-Fälle und stammt aus einer sächsischen Apotheke. Frau M. A, 78 Jahre alt, ist seit vielen Jahren Stammpatientin in dieser Apotheke. Zusätzlich zu ihrem Hausarzt ist sie bei mehreren Fachärzten in Behandlung und nimmt täglich zahlreiche Arzneimittel ein. Deshalb wurde sie von Apothekerin S. über das ARMIN-Medikationsmanagement informiert. Frau M. A hatte Interesse an einer Teilnahme und unterzeichnete die erforderliche Einverständniserklärung. Ein Termin für die Erfassung der Gesamtmedikation in der Apotheke wurde vereinbart.

Startintervention in der Apotheke

Die Erfassung der Gesamtmedikation erfolgte im Rahmen einer Brown-Bag-Analyse in einem strukturierten Patientengespräch. Basis waren die von Frau M. A. mitgebrachten Arzneimittel, die Medikationsdatei der Apotheke sowie Arzneimittelabrechnungsdaten (diese umfassen die letzten sechs Monate jedoch nicht die Daten der letzten vier bis sechs Wochen), die der Apotheke im Rahmen von ARMIN von der Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden (Tabelle 1).

 

Wirkstoff (z.T. ergänzt um Stärkeangaben) Handelsname® Dosierung Einnahmegrund
Felodipin 5 mg / Metoprololsuccinat 47,5 mg Mobloc Retardtabletten 1-0-0-0 Bluthochdruck
Triamteren / Hydrochlorothiazid Triamteren comp 50/25 1 A Pharma 1-0-0-0 Bluthochdruck
Valsartan Valsartan dura 80 mg 0-0-1-0 Bluthochdruck
Rivaroxaban Xarelto 10 mg 1-0-0-0 »Nach Thrombose vor 8 Monaten«
Pantoprazol Pantoprazol Heumann 20 mg 1-0-0-0 Magenschutz
Imiquimod Zyclara 3,75 % Creme Sachets 0-0-0-1 Aktinische Keratose
Betamethason 1,22 mg/g Soderm crinale Lösung Alle 3 Tage, 1 × tgl. Ekzem am Ohr
Formoterol Foradil 12 µg Spray FCKW-frei 1-0-1-0 COPD
Ciclesonid Alvesco 160 µg 120 Hübe 1-0-0-0 COPD
Diclofenac 30 mg/1 g Gel Solaraze 3 % Gel 1-0-1-0 (zurzeit gar nicht) Aktinische Keratose
Salbutamol 0,1 mg pro Sprühstoß Salbuhexal Dosieraerosol N 200 Hub Bei Bedarf COPD
Methocarbamol 750 mg Ortoton 2-2-2-0 (zurzeit gar nicht) Rückenschmerzen
Ibuprofen Ibu 600 1A Pharma 1-0-0 Rückenschmerzen
Hustentropfen (­Kombinationspräparat) Bronchipret Tropfen Bei Bedarf: 3 × 2,6 mL Husten
Magentropfen (­Kombinationspräparat) Iberogast Bei Bedarf: 3 × 20 Tropfen Magenschmerzen
Amlodipin 5 mg / Valsartan 160 mg Exforge 5 mg / 160 mg 1-0-0-0 Bluthochdruck
Tabelle 1: Arzneimittel von Frau M. A. mit ihren eigenen Angaben zu Dosierung und Einnahmegrund

Folgende Aspekte dokumentierte die Apothekerin im Laufe des Gespräches:

  • Auf Nachfrage stellte sich heraus, dass die Patientin vor drei Wochen aufgrund einer Blutdruckkrise im Krankenhaus behandelt wurde und dort das Kombinations-Präparat Amlodipin 5 mg / Valsartan 160 mg neu bekommen hatte. Anschließend habe der Kardiologe eine Folgeverordnung darüber ausgestellt, die der Enkel von M. A. in einer anderen Apotheke eingelöst hatte. Entsprechend nahm sie das Präparat seit etwa drei Wochen zusätzlich ein, ohne dass dies in der betreuenden Apotheke bemerkt werden konnte.
  • Das Diclofenac Gel wurde vom Dermatologen aufgrund unzureichender Wirkung durch Imiquimod ersetzt. Die Wirkung sei nun zufriedenstellend. Die Anwendung der Imiquimod-Creme wurde direkt thematisiert. Die Patientin kam damit nach eigener Aussage gut zurecht und konnte das Anwendungsschema (zwei Wochen Anwendung - zwei Wochen Pause - zwei Wochen Anwendung) mündlich korrekt wiedergeben. Sie wies selbst darauf hin, dass sie tagsüber auf Sonnenschutz im Kopfbereich achten würde.
  • Methocarbamol wurde vom Orthopäden abgesetzt, da die Schmerzminderung nicht als ausreichend empfunden wurde, stattdessen wurden Ibuprofen-Filmtabletten verordnet. Die vom Arzt empfohlene Dosierung von einmal täglich morgens 600 mg sei nur an wenigen Tagen ausreichend wirksam.
  • Frau M. A. erläuterte, dass laut Pulmologe ihre Lungenfunktionswerte schon seit geraumer Zeit nicht zufriedenstellend seien, sie das Salbutamol-haltige »Notfallspray« aber nur sehr selten anwenden würde. Die Diagnose COPD sei in ihrem Fall unklar, es könne auch eine Kombination aus Asthma und COPD sein.
  • Insgesamt entstand im Gespräch der Eindruck, dass Frau M. A. einen guten Überblick über ihre Arzneimittel und deren Einnahme/Anwendung hat.
  • Hinweise auf Nebenwirkungen oder unzureichende Therapietreue ergaben sich aus dem Gespräch nicht.
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