Von Spritzen, Kanülen und dem Totvolumen |
Im Impfzentrum des Landkreises Kassels werden die Covid-19-Impfstoffe in einer Werkbank für die Sterilherstellung applikationsbereit gemacht. Für die Rekonstitution des Biontech/Pfizer-Impfstoffs verwendet das pharmazeutische Personal Feindosierungsspritzen mit Spardorn. / Foto: Christian Heckmann
Schnell war klar, dass bei Tozinameran (Comirnaty®) von Biontech und Pfizer nach fünf entnommenen Dosen ein nicht unerheblicher Rest im Fläschchen zurückbleibt. Im Januar wurde die Zulassung geändert, nun enthält eine Ampulle offiziell sechs Impfdosen. Die Entnahme der sechsten Dosis und erst recht einer siebten ist jedoch stark abhängig vom eingesetzten Material und der Praxiserfahrung der herstellenden Person.
Die Rekonstitution der ersten Spritzen war auch für mich ein aufregendes Erlebnis, mittlerweile ist es aber Routine. Wichtig ist, dass die Fachinformation die rechtsbindende Grundlage ist, wonach eine Impfdosis Comirnaty 30 µg Wirkstoff enthalten muss. Um diese vollständig »in den Impfling zu überführen« muss neben den 0,3 ml in der Spritze auch die komplette Kanüle entlüftet, das heißt mit Impfstoff gefüllt sein. Nun scheiden sich die Geister, wie viel Volumen Impfstoff nun tatsächlich aufgezogen werden muss, um die komplette Dosis abzufüllen.
Das sogenannte Totraumvolumen besitzt jede Spritze und jede Kanüle. Es beschreibt jenes Volumen, welches nach vollständiger Entleerung in der Kanüle bauartbedingt verbleibt und als Verlust mit einzuberechnen ist. Dabei ist für eine möglichst sparsame Herstellung auf möglichst kleine Totvolumina der eingesetzten Materialien zu achten.
Spritzen ohne Spardorn – der Spritzenauslass wird nicht entleert, die Impfstofflösung geht verloren. / Foto: Christian Heckmann
Eine »normale Spritze« mit flachem Kolben hat ein relativ großes Totvolumen, da der komplette Spritzenauslass nicht geleert wird. Ich empfehle, diese Spritzen nur für das Aufziehen der Kochsalzlösung zu verwenden, da hier wirklich viel Flüssigkeit verloren geht. Spritzen mit seitlichem Auslass lassen sich leichter entlüften. Dies beschleunigt das Aufziehen der Kochsalzlösung und erhöht die Genauigkeit, da keine störenden Luftblasen in der Spritze verbleiben.
Feindosierspritzen mit Spardorn – in der grünen Spritze ist »Covid-19 Vaccine Moderna« aufgezogen, die andere enthält Kochsalz. / Foto: Christian Heckmann
Für das Aufziehen des Impfstoffs sollten Spritzen mit Spardorn verwendet werden. Diese gibt es von verschiedenen Herstellern. Sie minimieren das Totvolumen je nach Beschaffenheit des Spardorns auf die adhäsiven Reste, welche aus physikalischen Gründen am Spritzenmaterial haften bleibt. Der Spardorn füllt den Spritzenauslass nahezu vollständig aus, sodass hier verlustfreier gearbeitet werden kann. Diese Spritzen sind auch in Deutschland sehr gängig, daher sollten sie zur Standardbestückung der Impfzentren gehören. Im Impfzentrum des Landkreises Kassel verwenden wir 1ml Feindosierspritzen, um die 0,3 ml möglichst genau aufzuziehen.
Neben den Spritzen muss das Augenmerk auch auf die Wahl der Kanüle gelegt werden. Zum einen geben die Hersteller ein Totvolumen an, zum anderen ist es sehr wichtig, die Kombination aus Spritze und Kanüle zu beachten, da sich hier bei ungünstiger Kombination das Gesamttotvolumen nochmals ändern kann. Im Optimalfall passt die Kanüle »wie angegossen« auf die Spritze.
Seit 2002 sind Coronaviren auch Nicht-Fachleuten bekannt. Vertreter dieser Virusfamilie lösten damals eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.