Vom Desaster zum behandelbaren Tumor |
Seit 2012 sind in Deutschland neben den Checkpoint-Inhibitoren auch die gegen mutiertes BRAF gerichteten Inhibitoren Vemurafenib, Dabrafenib und Encorafenib für die Therapie des metastasierten, nicht resezierbaren Melanoms zugelassen und kommen bei Nachweis der entsprechenden Mutation im BRAF-Gen zur Anwendung. Alle drei werden peroral gegeben.
Die BRAF-Inhibitoren greifen in den RAS-RAF-Signalweg ein, der an der Steuerung des Zellwachstums beteiligt ist (Abbildung 2). Mutierte Formen des BRAF-Proteins können eine Überaktivität des Signalwegs hervorrufen und damit zu unkontrolliertem Zellwachstum und Krebs führen. Mutationen treten bei etwa der Hälfte aller Melanome auf und führen am häufigsten zu einem Austausch der Aminosäure Valin gegen Glutaminsäure (V600E) an Position 600 der BRAF-Aminosäuren-Sequenz.
Abbildung 2: Intrazelluläre Signaltransduktionswege, ausgehend von membranständigen Rezeptor-Tyrosinkinasen (RTK) an der Tumorzelle. Mutationen können den RAS-RAF-MEK-Signalweg überaktivieren, was zu unkontrolliertem Zellwachstum und Krebs führen kann. BRAF- und MEK-Inhibitoren greifen hier ein und hemmen das Überleben der Tumorzellen. BRAF-V600 ist eine dauerhaft aktive Mutante. / Foto: PZ/Stephan Spitzer
Eine Studie zeigte 2011, dass Vemurafenib im Vergleich zu dem klassischen Chemotherapeutikum Dacarbazin das Sechs-Monats-Gesamtüberleben von 64 Prozent (Dacarbazin) auf 84 Prozent verlängerte. Zudem sprachen rund 48 Prozent der Patienten auf Vemurafenib an, aber nur 5 Prozent auf Dacarbazin. Dabrafenib zeigt eine ähnlich gute Wirksamkeit im Vergleich zu Dacarbazin. Encorafenib wiederum zeigte eine höhere Wirksamkeit im Vergleich zu Vemurafenib in der Columbus-Studie.
Die Wirkung von BRAF-Inhibitoren kann durch eine Kombination mit MEK-Inhibitoren wie Binimetinib (mit Encorafenib), Cobimetinib (mit Vemurafenib) oder Trametinib (mit Dabrafenib) weiter gesteigert werden. MEK-Inhibitoren greifen wie die BRAF-Inhibitoren in den RAS-RAF-Signalweg ein, indem sie an MEK1 und MEK2 binden (Abbildung 2, rechts). Dadurch unterbrechen sie den Signalweg distal von BRAF und führen zum Abbruch der Proliferation der Tumorzellen. Trametinib ist auch in der Monotherapie zugelassen, zeigt allerdings keine klinische Aktivität bei Patienten, deren Erkrankung unter einer vorhergehenden Therapie mit einem BRAF-Inhibitor fortgeschritten ist.
Erkrankte mit hoher Tumorlast profitieren besonders stark von der Behandlung mit BRAF-Inhibitoren. Leider ist die Dauer des Ansprechens aufgrund der Entwicklung von Resistenzmechanismen begrenzt und beträgt nur fünf bis sieben Monate.
Liegt keine Mutation des BRAF-Gens vor (BRAF Wildtyp), so werden die zuvor besprochenen Checkpoint-Inhibitoren wie Pembrolizumab angewendet. Eine zurzeit noch aktive Studie zeigt, dass deren Einsatz auch bei einer BRAF-Mutation einen großen Nutzen hat.
In der Erstlinientherapie des fortgeschrittenen Melanoms mit BRAF-Mutation betrug das durchschnittliche Drei-Jahres-Gesamtüberleben 41 Prozent für die Kombination von BRAF- und MEK-Inhibitoren, 50 Prozent für die Monotherapie mit einem PD-1-Inhibitor und 59 Prozent für die mit CTLA-4- plus PD-1-Inhibitor. Beim progressionsfreien Überleben und Gesamtüberleben war die kombinierte BRAF-plus-MEK-Hemmung allerdings innerhalb der ersten zwölf Monate überlegen, für die späteren Zeitpunkte jedoch waren es die PD-1-Blocker (allein oder in Kombination mit CTLA-4-Blocker).
Bei 5 Prozent der Melanome findet sich statt einer BRAF-Mutation eine aktivierende c-KIT-Mutation, die mit Imatinib behandelt werden kann. Dieser Tyrosinkinase-Inhibitor wird hauptsächlich bei chronisch myeloischer Leukämie, aber auch bei soliden malignen Tumoren verwendet. Dabei bindet er reversibel an die ATP-Bindestelle der Tyrosinkinase und hemmt so deren Aktivität, wodurch die pathologische Zellproliferation der mutierten Stammzellen inhibiert wird.