Verfahren gegen Bellartz vorläufig eingestellt |
Jennifer Evans |
22.04.2021 12:00 Uhr |
Im sogenannten »Datenklau«-Prozess wird es vor dem Berliner Landgericht keine neue Hauptverhandlung geben. Die Prozessbeteiligten haben sich auf eine Geldzahlung geeinigt. / Foto: PZ/Evans
Eigentlich hatte die 37. Strafkammer am 19. April 2021 bereits einen Termin zur Hauptverhandlung angesetzt. Doch dazu kam es nicht: Denn das Verfahren ist bereits am 12. April 2021 gemäß § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) vorläufig eingestellt worden, wie eine Sprecherin des Gerichts auf Anfrage der PZ sagte. Das bedeutet, dass alle Verfahrensbeteiligten, also das Gericht, der Staatsanwalt sowie der Beschuldigte und sein Verteidiger sich darauf geeinigt haben, unter Auflagen und Weisungen »vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage« abzusehen. Diese Auflagen müssen laut Gesetz das »öffentliche Interesse an der Strafverfolgung« beseitigen und dürfen »der Schwere der Schuld« nicht entgegenstehen. In diesem Fall ist laut Sprecherin daran ein Geldbetrag in Höhe von 52.800 Euro geknüpft, den Bellartz innerhalb von vier Monaten an die Kosteneinziehungsstelle der Justiz zahlen muss. Erst wenn das Geld innerhalb der Frist vollständig eingegangen ist, gilt das Verfahren endgültig als eingestellt. Bellartz ist dann nicht vorbestraft.
Die Höhe der Summe entspricht derjenigen, die schon das Urteil im April 2019 vorgesehen hatte. Nach der Revision war der Fall in der Zwischenzeit zwar beim Bundesgerichtshof (BGH) gelandet, wo die Richter der Gerichtssprecherin zufolge die Geldstrafe aufgehoben hatten. Demnach hatten sie die bemängelten Rechtsfehler in dem Verfahren ebenfalls gesehen. Während die Berliner Richter fälschlicherweiser eine Mittäterschaft annahmen, geht es nach Auffassung des BGH aber allenfalls um Anstiftung. Die PZ hatte darüber berichtet, als der BGH den Fall im Anschluss wieder zurück ans Berliner Landgericht verwiesen hatte.
Über 15 Monate hatte sich das Strafverfahren gegen Bellartz und den IT-Fachmann Christoph H. hingezogen. Die Richter der 1. Großen Strafkammer am Berliner Landgericht kamen schließlich zu dem Ergebnis, dass die beiden Angeklagten den Straftatbestand des Ausspähens von Daten gemäß § 202a Strafgesetzbuch (StGB) erfüllt haben und zwischen 2009 und 2012 gemeinsam Daten aus E-Mail-Postfächern von Mitarbeitern des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ausgespäht haben – zumindest in zwei Fällen. Im Laufe der Hauptverhandlung waren bereits 38 der ursprünglich 40 Anklagepunkt eingestellt worden.
Laut Urteil hatte der IT-Fachmann unter anderem auf persönliche Konten von hochrangigen Politikern wie den ehemaligen Bundesgesundheitsministern Philipp Rösler und Daniel Bahr (beide FDP) zugegriffen. Bellartz soll H. zuvor entsprechende Namen genannt und für die später gelieferten Datenkopien jeweils Beträge zwischen 400 und 600 Euro gezahlt haben. Profitiert von der Tat hatte nach Ansicht der Richter in erster Linie Bellartz‘ Onlinedienst Apotheke Adhoc, für den er seinen Informationsvorsprung nutzte. Auch war das Gericht davon ausgegangen, die ABDA habe Vorteile von Bellartz' Hintergrundwissen gehabt, denn Bellartz war im Zeitraum der Tatvorwürfe auch als Sprecher der Bundesvereinigung tätig. Auch Vertreter der ABDA waren damals als Zeugen geladen.