Pharmazeutische Zeitung online
»Datenklau«-Prozess

Auch gegen die ABDA wurde ermittelt

20.06.2018  11:32 Uhr

Von Jennifer Evans, Berlin / Eigentlich hatten alle erwartet, dass die Strafkammer am 19. Verhandlungstag über die Unterbrechung des Verfahrens gegen Ex-­ABDA-Sprecher Thomas Bellartz und Systemadministrator Christoph H. entscheidet.

 

Doch dazu kam es am Montag nicht. Denn der Staatsanwalt verkündete, dass am selben Vormittag eine Kiste neuer Ordner mit weiterem E-Mail-Verkehr aus dem Landeskriminalamt (LKA) eingetroffen sei. Darin war dem Staatsanwalt zufolge auch ein Beleg dafür, dass damals ebenfalls gegen die ABDA ermittelt worden war. 

 

Demnach soll es dabei um eine »schwarze Kasse« gegangen sein. Das Verfahren wurde zwar eingestellt, geklärt werden muss allerdings, ob dies womöglich relevant für den laufenden Prozess ist. Fest steht: Die ABDA-Zeugen, die bereits ausgesagt haben, hätten auf dieses Verfahren hingewiesen werden müssen. Das betonte Bellartz' Verteidiger Professor Carsten Wegner.

 

Seit Januar müssen sich die beiden Angeklagten vor dem Berliner Landgericht dafür verantworten, zwischen 2009 und 2012 gemeinsam Daten aus E-Mail-Postfächern von Mitarbeitern des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ausgespäht zu haben. Bellartz soll H. für diese Insider-Informationen bezahlt haben.

 

Wegner kritisierte auch, dass die Hauptverhandlung ihre Legitimation verliere, wenn das LKA nicht endlich alle Dokumente vorlege. Auf Aufforderung des Vorsitzenden Richters sind bislang schon mehr als 1000 E-Mails nachgereicht worden, die ursprünglich nicht alle Teil der Verfahrensakte waren. Um diese auszuwerten, hatten die Verteidiger beider Parteien bereits vor mehreren Wochen beantragt, das Verfahren zu unterbrechen. Doch die Strafkammer verschob die Entscheidung aufgrund der neuen Umstände erneut.

 

Einige der zuvor bereits nachgereichten Polizei-E-Mails hatte Wegner genauer unter die Lupe genommen. Demnach soll der seinerzeit leitende Ermittler vor der Anklage gegenüber der Staatsanwaltschaft die spärliche Indizienlage anmerkt haben. Dennoch sei es zu der Anklage gekommen. Nicht verstehen will Wegner außerdem, wa­rum der Kriminalbeamte offenbar einen ABDA-Untersuchungsbericht an die Geschäftsführerin des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels weiterleitete. Ein anderer Schriftverkehr legt nahe, dass außerdem Informationen aus dem Fall an den Verfassungsschutz weitergegangen sind.

 

Der Verteidiger vermutet Geheimnisse und Tricksereien seitens des LKA. Mit Blick auf die neuen Erkenntnisse hält die Verteidigung die Entscheidung der Strafkammer vom vergangenen Prozesstag, den PC des leitenden Ermittlers nicht zu beschlagnahmen, für einen Fehler. In ihren Augen führt kein Weg an der Unterbrechung des Verfahrens vorbei. /

THEMEN
Berlin

Mehr von Avoxa