Therapie von Manie und Depression |
Diskutiert wird wie bei anderen affektiven Erkrankungen eine Dysbalance der Neurotransmitter Serotonin, Noradrenalin und Dopamin.
In depressiven Phasen kommt es zu einem Mangel an Neurotransmittern. Außerdem ist bei depressiven Menschen die Empfindlichkeit und Dichte der serotonergen, noradrenergen und dopaminergen Rezeptoren verändert (1). Wie bei der unipolaren Depression führt ein Mangel an Neurotrophinen wie Brain-Derived Neurotrophic Factor (BDNF) dazu, dass sich das Gehirn an wechselnde Umweltreize strukturell und funktionell nicht adäquat anpassen kann (9).
In der manischen Phase ist die Konzentration an Dopamin und Noradrenalin dagegen erhöht. Der Switch von der Depression in die Manie scheint in direktem Zusammenhang mit Schlafmangel zu stehen, der ein häufiges Frühwarnsymptom ist. Durch Schlafmangel kommt es zur vermehrten Ausschüttung von Noradrenalin und Dopamin (was gezielt bei einer sogenannten Wachtherapie genutzt wird) sowie von BDNF (9).
Grundsätzlich gilt: Je weniger Krankheitsphasen bis zur Einleitung einer Therapie vorliegen, desto besser sprechen die Patienten darauf an. Eine schnelle Therapieeinleitung kann helfen, psychische und soziale Probleme weitgehend zu vermeiden.
Im Fokus steht besonders die Vermeidung von Suizidversuchen. Gerade in der Entstehungsphase der Erkrankung ist das Suizidrisiko am größten. Patienten mit bipolarer Erkrankung gelten in der Psychiatrie als diejenigen mit dem höchsten Suizidrisiko. Für die Apotheke hat die ABDA den Gesprächsleitfaden »Suizidale Menschen in der Apotheke – Warnzeichen erkennen und reagieren« entwickelt. Als niedrigschwellige Kontaktstelle kommt Apothekern eine wichtige Rolle bei der Suizidprävention zu.
Ein weiterer Fokus ist die Vermeidung von Alkohol-, Drogen- und Medikamentenmissbrauch. Bei ungefähr der Hälfte aller Erkrankten finden sich in der Krankengeschichte Hinweise auf Missbrauch von Alkohol, Drogen oder Medikamenten – häufig zur »Selbsttherapie«. Viele Patienten versuchen, dadurch ihren Leidensdruck zu reduzieren, und geraten in die Abhängigkeit.
Auch die Vermeidung von Beziehungskonflikten und der Erhalt der Arbeitskraft sind wichtige Therapieziele. Je schneller die Betroffenen behandelt werden, desto größer ist die Chance, dass eine Partnerschaft und die Arbeitskraft erhalten bleiben (Kasten Fallbeispiel).
Foto: Adobe Stock/itakdalee
Ein 48-jähriger Familienvater arbeitet als Angestellter in einer mittelständischen Firma an einem Projekt, das einen engen Zeitplan hat. Er wirkt zunehmend gestresst. Er arbeitet immer länger und kommt immer später nach Hause. Auch scheint er weniger Schlaf zu benötigen und steht morgens schon sehr früh auf, ist aber zunehmend gereizt. Er nimmt dennoch immer mehr soziale und berufliche Verpflichtungen an.
Plötzlich gibt es Ärger mit dem Chef. Die Erklärungen des Mannes sind bizarr. Außerdem flattern unerwartet Rechnungen von mehreren Autohäusern ins Haus, obwohl die Familie einen fast neuen Wagen besitzt. Der Ehemann hat Kaufverträge über insgesamt 21 Neuwagen abgeschlossen. Damit konfrontiert, beginnt er laut zu schreien und läuft unentwegt im Kreis. Die Nachbarn rufen den Rettungsdienst, der ihn in eine psychiatrische Klinik bringt, wo direkt mit einer antimanischen Behandlung begonnen wird.
Nach Abklingen der Manie stellt sich heraus, dass der Mann gar nicht an dem Firmenprojekt gearbeitet, sondern eigenständig Firmengelder investiert hat. Er habe gedacht, das Richtige zu tun und alles im Griff zu haben. Er habe sich für einen ganz wichtigen Mitarbeiter gehalten und könne sich neue Autos leisten. Nach der fristlosen Kündigung hat er keinen Job mehr und muss die Kaufverträge der 21 Autos rückabwickeln. Die Familie ist nun hoch verschuldet. Der Mann leidet unter massiven Schuldgefühlen und entwickelt im Verlauf der nächsten Wochen Suizidgedanken.