Therapie von Manie und Depression |
Martina Hahn |
Sibylle C. Roll |
10.10.2021 08:00 Uhr |
Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Patienten mit bipolarer Erkrankung erleben oftmals rasch wechselnde Phasen von Manie und Depression. / Foto: Adobe Stock/freshide
Mit einer Lebenszeitprävalenz von 5 Prozent ist die bipolare Erkrankung, früher als manisch-depressive Erkrankung bezeichnet, weitaus häufiger als etwa die Schizophrenie (0,4 bis 0,7 Prozent), jedoch seltener als die unipolare Depression (16 bis 20 Prozent) (1, 2, 3). Männer und Frauen sind gleichermaßen betroffen.
Die Erkrankung tritt meist im jugendlichen oder jungen Erwachsenenalter erstmals auf und hält das ganze Leben an. Die Diagnosestellung ist häufig schwierig, da zunächst oft eine depressive Episode auftritt und der Patient hypomanische Symptome nicht als störend erlebt (Kasten). Man unterscheidet drei Typen:
Depression: mindestens zweiwöchige Phase mit depressiver Stimmung, Antriebslosigkeit, Interessenlosigkeit und teilweise Zusatzsymptomen wie verminderter Selbstwert, Schuldgefühle, Suizidgedanken, Schlafstörungen, Appetitstörungen
Hypomanie: mindestens vier Tage anhaltende Phase mit Konzentrationsschwierigkeiten, Ideenflucht, Gedankenrasen, verminderten sozialen Hemmungen
Manie: mindestens einwöchige Phase mit euphorischer oder gereizter Stimmung, Größenwahn, Antriebssteigerung, Rededrang, vermindertem Schlafbedürfnis, überhöhter Selbsteinschätzung, riskantem Verhalten und gesteigerter Libido
Psychose: Zustand, der durch den Verlust des Realitätsbezugs gekennzeichnet ist. Daneben treten Wahnvorstellungen und Störungen des Denkens, der Sprache sowie der Gefühlswelt auf. Das Ausüben des Alltags ist nicht mehr möglich.
Es kommt zu Phasen mit gehobener Stimmung und meist direkt darauf folgend zum Stimmungseinbruch. Treffend ist der Satz: Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Das Suizidrisiko ist bei der bipolaren Erkrankung höher als bei der unipolaren Depression. Circa 15 bis 20 Prozent der Patienten mit einer bipolaren Erkrankung nehmen sich das Leben, am häufigsten in depressiven Phasen. Suizide kommen auch in gemischten manisch-depressiven Phasen vor, aber nur selten in der Manie (1).
In schweren depressiven und schweren manischen Phasen kann es zu psychotischen Symptomen mit Wahnideen oder Halluzinationen kommen. Am häufigsten kommt Größen-, Liebes-, Beziehungs- oder Verfolgungswahn bei der Manie vor. Bei der depressiven Episode dominieren hypochondrischer, nihilistischer, Beziehungs- oder Verfolgungswahn. In gemischten Phasen schlägt innerhalb von Stunden die depressive in die (hypo-)manische Symptomatik um.
Bei der bipolaren Erkrankung wechseln Phasen des Hochgefühls und der Euphorie mit depressiven Phasen. / Foto: Adobe Stock/photographee.eu
Die Phasen können Tage bis Monate, selten Jahre andauern. Stabile Phasen dazwischen, in denen weitgehende Symptomfreiheit erreicht wird, können Monate bis Jahre anhalten. Durchschnittlich erleiden Menschen etwa vier Phasen innerhalb der ersten zehn Erkrankungsjahre. Dies variiert jedoch interindividuell stark.
Die bipolare Erkrankung verläuft meist chronisch. 10 Prozent der Patienten haben im Lauf ihres Lebens mehr als zehn Episoden. Jeder Fünfte leidet zudem an einem Rapid Cycling, das heißt, dass vier Episoden in zwölf Monaten auftreten. Häufig leiden die Patienten an weiteren psychischen Erkrankungen wie Angst- und Zwangsstörungen, Substanzmissbrauch und -abhängigkeit, Impulskontroll- und Essstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Persönlichkeitsstörungen.
Risikofaktoren für häufig wiederkehrende Episoden sind:
Risikofaktoren für einen chronischen Verlauf sind: