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Bipolare Erkrankungen

Therapie von Manie und Depression

Marylin Monroe, Kurt Cobain, Catherine Zeta-Jones, Sinéad O’Connor, Mariah Carey oder Kanye West: Dies klingt wie eine Aufzählung der Stars auf dem »Walk of Fame«. Allen gemeinsam ist, dass sie an einer bipolar affektiven Erkrankung leiden.
AutorMartina Hahn
AutorSibylle C. Roll
Datum 10.10.2021  08:00 Uhr

Pharmakotherapeutische Ansätze

Bei der Behandlung bipolarer Erkrankungen unterscheidet man kurz- und langfristige Ziele. Kurzfristig geht es insbesondere um eine Reduktion der depressiven und (hypo)manischen Symptome (Akutbehandlung). Langfristige Ziele sind unter anderem die Reduktion oder Vermeidung weiterer affektiver Episoden (Phasenprophylaxe) (Grafik).

Die Herausforderung besteht in dem sich verändernden Neurotransmitter-Gleichgewicht. Angestrebt wird daher die Stabilisierung der Stimmung, was dazu führen soll, dass insgesamt weniger manische und depressive Phasen auftreten. Zudem muss bei der Wirkstoffauswahl berücksichtigt werden, dass nach der Akutphase eine Langzeitbehandlung (Rezidivprophylaxe) folgen sollte. Idealerweise wählt man ein Präparat, das in der Akutphase begonnen und in der Langzeitbehandlung fortgeführt werden kann.

Es kommen drei Wirkstoffgruppen in Betracht: Stimmungsstabilisierer, Antipsychotika und Antidepressiva. Die Arzneistoffe, auch innerhalb der Wirkstoffklasse, haben eine unterschiedlich gute Wirksamkeit in den Phasen, unterschiedliche Nebenwirkungsprofile und zum Teil von den Empfehlungen der S3-Leitlinie abweichende zugelassene Indikationsgebiete (Tabelle 3).

Arzneistoff Akutphase Depression Akutphase Manie Rezidivprophylaxe Depression Rezidivprophylaxe Manie Gemischte Episode Empfehlungsgrad der S3-Leitlinie Typische Nebenwirkungen
Carbamazepin x
(off Label)
x x x x B (akute Manie, gemischte Episode)
0 (akute Depression)
0 (Rezidivprophylaxe)
Hyponatriämie, Sehstörungen, Benommenheit, Leukopenie, hepatotoxische UAW, Ataxie, verminderte Knochendichte (Vitamin-D-Substitution!)
Lithium x x x B (akute Manie)
A (Rezidivprophylaxe)
Polydipsie, Polyurie, Tremor, nephro- und thyreotoxische UAW, kognitive Störungen
Valproat x x x B (akute Manie)
0 (Rezidivprophylaxe)
Tremor, Haarausfall, Gewichtszunahme, Thrombo- und Leukopenie, Hyponatriämie, Hyperammonämie, cave: stark teratogen
Lamotrigin x
(off Label)
x 0 (akute Depression)
B (Rezidivprophylaxe)
Kopfschmerzen, Sehstörungen, Hautausschlag
Aripiprazol x x x B (akute Manie, gemischte Episode)
0 (Rezidivprophylaxe)
Schlafstörungen, Akathisie
Asenapin x B (akute Manie) Sedierung, Schwindel, Schläfrigkeit, Fatigue, orale Hypoästhesie
Olanzapin x
(off Label)
x x B (akute Manie)
0 (akute Depression)
0 (Rezidivprophylaxe)
metabolische UAW, Sedation
Paliperidon x
(off Label)
x 0 (akute Manie)
0 (Rezidivprophylaxe)
EPS, Hyperprolaktinämie, Gewichtszunahme
Quetiapin retard x x x x B (akute Manie)
A (akute Depression)
B (Rezidivprophylaxe)
metabolische UAW, Sedation
Risperidon x x
(Depot, off Label)
B (akute Manie)
0 (Rezidivprophylaxe)
Hyperprolaktinämie, EPS, metabolische UAW
Ziprasidon x B (akute Manie) QTc-Verlängerung
Haloperidol x B (akute Manie, nur Kurzzeittherapie) EPS, Hyperprolaktinämie
Cariprazin* x
(off Label)
EPS, Akathisie, Übelkeit, Obstipation, Tremor
Tabelle 3: Empfehlungen der medikamentösen Behandlung aus der S3-Leitlinie 2020; EPS: extrapyramidal-motorische Symptome; UAW: unerwünschte Arzneimittelwirkungen

Stimmungsstabilisierer: Lithium, Carbamazepin, Valproinsäure und Lamotrigin eignen sich zur Behandlung der bipolaren Erkrankung. Auch einige Antipsychotika wirken stimmungsstabilisierend. Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht im Detail bekannt. Es scheint zu einer veränderten intrazellulären Signaltransduktion zu kommen (10). Antiepileptika, die als Mood-Stabilizer eingesetzt werden, senken die neuronale Entladungsfrequenz – analog der Wirkung bei Epilepsie. Sie werden sowohl in der Akut- und Erhaltungstherapie als auch zur Rückfallprophylaxe verwendet.

Diese Substanzklasse hat einen engen therapeutischen Bereich und sollte daher unter Serumspiegelkontrolle (therapeutisches Drug Monitoring, TDM) eindosiert werden. Aufgrund hämatotoxischer und hepatotoxischer (Valproat, Carbamazepin, Lamotrigin) oder nephrotoxischer Effekte (Lithium) sind regelmäßige Laborkontrollen erforderlich. Auch Elektrolytstörungen (Carbamazepin, Valproat, Lithium) sind recht häufig und müssen engmaschig kontrolliert werden.

Antipsychotika der zweiten und dritten Generation: Bei den Vertretern der zweiten Generation wie Olanzapin, Quetiapin und Risperidon sind metabolische Nebenwirkungen häufig. Gewichts-, Blutzucker- und Lipidkontrollen sind daher nötig. Ziprasidon, Amisulprid und Sertindol sind diesbezüglich weniger problematisch, jedoch stark QTc-Zeit verlängernd. Sertindol wirkt kardiotoxisch, sodass regelmäßig EKG-Kontrollen erfolgen sollten. Dahingehend erscheint Aripiprazol (dritte Generation) günstiger, da es gewichtsneutral und nur im Einzelfall QTc-verlängernd ist.

Antidepressiva: Etwa 30 Wirkstoffe können bei unipolarer Depression eingesetzt werden. Zur Behandlung der bipolaren Depression ist jedoch keiner zugelassen. Wirksamkeitsnachweise liegen nur für Venlafaxin, Fluoxetin und Imipramin vor (1). Einige Wirkstoffe bergen ein erhebliches Switching-Risiko. Ein besonders hohes Risiko besteht für den selektiven Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSNRI) Venlafaxin und für Trizyklika, die bei bipolarer Erkrankung daher vermieden werden sollten. Einzig Bupropion, Paroxetin und Sertralin scheinen hier günstig zu sein (11, 12), sind jedoch in Studien bislang auch ohne signifikante Wirkung auf die depressive Episode (13). Eine grundsätzliche positive Empfehlung für die Behandlung mit einem Antidepressivum wird in der S3-Leitlinie nicht gegeben.

Das Problem bei der Akutbehandlung depressiver Phasen ist, dass Antidepressiva direkt einen Switch in die manische Phase auslösen können. Dies scheint seltener zu geschehen, wenn zusätzlich ein Stimmungsstabilisierer gegeben wird (1).

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