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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Valsartan

Das Image der Sartane hat stark gelitten, als großflächig mit Nitrosaminen verunreinigte Valsartan-Präparate entdeckt wurden. Dennoch sind sie in der Hypertonie-Behandlung wichtige Arzneistoffe und dort nicht wegzudenken.
Kerstin A. Gräfe
04.12.2020  07:00 Uhr

Welche Einsatzgebiete hat Valsartan?

Valsartan wird vorwiegend zur Behandlung von Hypertonie eingesetzt. In dieser Indikation darf der Wirkstoff ab einem Alter von sechs Jahren angewendet werden. Des Weiteren ist Valsartan bei symptomatischer Herzinsuffizienz und bei einer asymptomatischen, linksventrikulären systolischen Dysfunktion nach einem Herzinfarkt zugelassen. Der Arzneistoff ist als Monopräparat sowie als Kombinationspräparat mit Hydrochlorothiazid und/oder Amlodipin erhältlich.

Wie wirkt Valsartan?

Valsartan gehört zur Gruppe der Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten. Die sogenannten Sartane blockieren den Angiotensin-II-Rezeptor vom Typ 1 (AT1-Rezeptor). Das führt dazu, dass der physiologische Ligand Angiotensin II nicht mehr binden kann und dessen Wirkungen ausbleiben. Dazu zählen zum Beispiel Vasokonstriktion und Aldosteron-Stimulation. Valsartan bindet selektiv an den AT1-Rezeptor. Die terminale Halbwertszeit liegt bei sechs Stunden.

Wie wird Valsartan dosiert?

Die empfohlene Anfangsdosis und die übliche Erhaltungsdosis beträgt bei Hypertonie 80 mg Valsartan einmal täglich. Maximal sollten es 320 mg pro Tag sein. Bei Kindern richtet sich die Dosis nach dem Körpergewicht: unter 35 kg sind die Startdosis einmal täglich 40 mg und die Höchstdosis 160 mg, ab 35 kg wird mit einmal täglich 80 mg gestartet und die Höchstdosis liegt bei 320 mg.

Bei Herzinsuffizienz beträgt die übliche empfohlene Anfangsdosis zweimal täglich 40 mg Valsartan. Eine Auftitration bis zur Zieldosis von 320 mg einmal täglich (Maximaldosis) oder bis zur verträglichen Höchstdosis erfolgt durch Dosisverdopplung in Intervallen von mindestens zwei Wochen.

Nach einem vor Kurzem aufgetretenen Myokardinfarkt beträgt die Startdosis initial zweimal täglich 20 mg. Danach wird die Dosis im Laufe der nächsten Wochen schrittweise auf zweimal täglich 40 mg, 80 mg und 160 mg erhöht.

Welche Nebenwirkungen kann Valsartan haben?

Sartane sind im Allgemeinen gut verträglich. Die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen von Valsartan bei Hypertonikern sind Schwindel, Kopfschmerzen, Infektionen der oberen Atemwege sowie Magen-Darm-Beschwerden. Bei Herzinsuffizienz-Patienten sind Hyperkaliämie, Hypotonie und Einschränkung der Nierenfunktion die am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen.

Wann darf Valsartan nicht eingesetzt werden?

Die gleichzeitige Anwendung mit Aliskiren-haltigen Arzneimitteln ist bei Patienten mit Diabetes mellitus oder eingeschränkter Nierenfunktion (GFR < 60 ml/min/1,73 m2) kontraindiziert. Gleiches gilt für Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz, biliärer Zirrhose und Cholestase. Des Weiteren darf der Wirkstoff nicht im zweiten und dritten Schwangerschaftstrimester angewendet werden.

Was ist in Schwangerschaft und Stillzeit zu beachten?

Wie alle Sartane wird auch Valsartan im ersten Drittel der Schwangerschaft nicht empfohlen. Patientinnen, die planen, schwanger zu werden, sollten auf eine alternative antihypertensive Therapie mit geeignetem Sicherheitsprofil für Schwangere umgestellt werden. Auch die Anwendung während der Stillzeit wird nicht empfohlen.

Welche Wechselwirkungen sind möglich?

Nicht empfohlen wird die gleichzeitige Anwendung von Valsartan und Lithium, da die Lithium-Spiegel und die damit verbundene Toxizität steigen können. Gleiches gilt für die gleichzeitige Gabe mit kaliumsparenden Diuretika, Kaliumpräparaten, kaliumhaltigen Salzersatzmitteln und anderen Wirkstoffen, die den Kaliumspiegel erhöhen können.

Vorsicht ist geboten, wenn Valsartan gleichzeitig mit nicht steroidalen Antirheumatika gegeben wird, da es zur Abschwächung der antihypertensiven Wirkung kommen kann. Zudem kann die gleichzeitige Gabe zur Abnahme der Nierenfunktion führen, einschließlich eines möglichen akuten Nierenversagens. Auch das Risiko für einen Anstieg des Kaliumspiegels kann erhöht sein. Das gilt besonders für Patienten mit bereits bestehender schlechter Nierenfunktion. Ebenfalls ist Vorsicht geboten, wenn gleichzeitig Inhibitoren des hepatischen Uptake-Transporters OATP1B1/ OATP1B3 wie Rifampicin, Ciclosporin oder des hepatischen Efflux-Transporters MRP2 wie Ritonavir gegeben werden.

Seit wann gibt es Valsartan?

Ursprünglich wurde Valsartan vom Schweizer Pharmakonzern Ciba-Geigy, heute Novartis, entwickelt und 1991 zum Patent angemeldet. Das Originalpräparat Diovan® ist noch heute im Markt. Nach Ablauf des Patentschutzes gibt es zudem zahlreiche Generika.

Was gibt es neues in Sachen Valsartan-Skandal?

Die im Sommer 2018 gestartete weltweite Rückrufaktion von Valsartan-Präparaten wird Apothekern noch lange im Gedächtnis bleiben. Im Mittelpunkt des Skandals standen zunächst der chinesische Wirkstoffhersteller Zhejiang Huahai Pharmaceutical und sein mit NDMA (N-Nitrosodimethylamin) verunreinigtes Valsartan. Schnell wurde klar, dass weitere Sartane und weitere Hersteller betroffen waren. Zudem gesellte sich zu NDMA noch NDEA (N-Nitrosodiethylamin).

Als Konsequenz reagierte die Europäische Arzneimittelagentur unter anderem mit Änderungen der Sartan-Monographien: In der neuesten Ausgabe des Arzneibuchs (Ph. Eur. 10.0) wurden für eine Übergangszeit von zwei Jahren für NDMA (< 0,300 ppm) und NDEA (< 0,082 ppm) Grenzwerte festgelegt. Diese Frist läuft nun zum 31. Dezember aus: Mit Inkrafttreten von Ph. Eur. 10.3 am 1. Januar 2021 müssen Hersteller die Nachweisgrenze unterschreiten (< 0,03 ppm).

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