Spurenelement mit Schlüsselfunktion |
Die Substitution sollte zunächst oral und aufgrund der besseren Bioverfügbarkeit mit zweiwertigen Eisensalzen erfolgen. Die Therapie sollte mindestens drei Monate nach Beendigung der Anämie fortgesetzt werden, um auch die Eisenspeicher wieder aufzuladen. Da zahlreiche Nahrungsbestandteile die Resorption von Eisen beeinflussen können, sollte die Einnahme nüchtern oder zumindest im zeitlichen Abstand von 30 bis 60 Minuten vor oder nach dem Essen erfolgen.
Zu Therapiebeginn haben sich 50 bis 100 mg Fe(II)-Salze/Tag in Einmalgabe bewährt, da ansonsten über Hepcidin-Feedback-Mechanismen die weitere Eisenresorption gehemmt wird. Alternativ werden auch die Vorteile einer intermittierenden Einnahme ein-, zwei- oder dreimal pro Woche diskutiert. Dies könnte auch helfen, die Nebenwirkungen zu verringern.
Nur allzu oft wird selbst von Hochleistungssportlern die Notwendigkeit einer ausreichenden Eisen-Versorgung mit der Ernährung nicht berücksichtigt. / Foto: Adobe Stock/Maridav
Kommt es zu Nebenwirkungen wie Obstipation, Diarrhö und Übelkeit, so sollte die Einnahme abends vor dem Schlafengehen oder aber trotz Resorptionsminderung zu den Mahlzeiten erfolgen. Hilft dieses oder auch ein Präparatewechsel nicht weiter, so kann sich eine intravenöse Eisensubstitution als unumgänglich erweisen.
Die i.v-Gabe der gängigen hochmolekularen Eisen(III)-Kohlenhydratkomplexe ist auch bei Patienten mit funktionellem Eisenmangel bei Krebs oder Herzinsuffizienz erforderlich, da so der Hepcidin-vermittelte Resorptionsblock umgangen wird. Werden hier wiederum Überempfindlichkeitsreaktionen mit teils tödlichem Ausgang insbesondere bei Asthmatikern oder Allergikern beschrieben, so sollte die i.v.-Applikation nur von geschulten Fachkräften mit Kenntnissen auch zur Reanimation durchgeführt werden.
Wichtig zu wissen: Bei genetischen Erkrankungen wie der heriditären Hämochromatase kann auch ein Zuviel an Eisen, eine Eisenüberladung, aufgrund von Gewebeschäden durch Bildung reaktiver Sauerstoffspezies zu irreversiblen Organschäden führen. Betroffen sind unter anderem die Leber, aber auch Herz, Bauchspeicheldrüse oder Schilddrüse mit der Folge von Leberfibrosen und somit hepatozellulären Karzinomen beziehungsweise Kardiomyopathien, Diabetes mellitus oder Schilddrüsenunterfunktionen. Da sich die Organschädigungen nur schleichend entwickeln, treten anfangs eher unspezifische Symptome wie Müdigkeit oder Bauchschmerzen auf. Damit sind die Symptome einer Eisenüberladung denen eines Eisenmangels zum Verwechseln ähnlich.
Es werden hereditäre Hämochromatosen vom Typ 1 bis 4 unterschieden (24). Der mit 80 Prozent am häufigsten vorkommende Typ 1 beruht auf einer homozygoten Mutation des HFE-Gens. In Deutschland sind mehrere Hunderttausend Menschen betroffen. Doch aus unbekannten Gründen manifestiert sich eine Eisenüberladung nicht bei allen Betroffenen.
Bei einer vererbten Hämochromatose liegen erhöhte Ferritin- und Transferrin-Werte vor. Der direkte Nachweis der Erkrankung kann durch die molekularbiologische Bestimmung der Mutation erbracht werden. Der Aderlass ist die effektivste Methode, überschüssiges Eisen zu entfernen. Um einem zu großen Verlust an Plasmaproteinen vorzubeugen, kann eine Erythrozyten-Apherese durchgeführt werden.
Während die Phlebotomie die Therapie der Wahl bei heriditärer Hämochromatose ist, bergen umgekehrt Bluttransfusionen zum Beispiel bei Myelodysplastischen Syndromen, aber auch Thalassämien und Sichelzellanämien das Risiko einer chronischen Eisenüberladung. Freies Eisen kann hier mit Chelatbildnern wie Deferoxamin, Deferasirox und Deferipron abgefangen und ausgeschieden werden. Ein Behandlungserfolg wird erkennbar, wenn die Ferritin-Konzentration im Serum sinkt.
Literatur beim Verfasser
Burkhard Kleuser studierte von 1984 bis 1988 Chemie und Lebensmittelchemie sowie von 1990 bis 1994 Biochemie und Molekularbiologie an den Universitäten Wuppertal und Hamburg. Nach seiner Promotion 1994 und seiner Postdoktorandenzeit am Medical Center, Georgetown University, Washington D.C., USA, war er von 1997 bis 2002 als wissenschaftlicher Assistent und Oberassistent am Institut für Pharmazie der Freien Universität Berlin tätig, bevor er sich 2002 habilitierte und im selben Jahr auch die Lehrbefähigung für das Fach Pharmakologie und Toxikologie erhielt. Kleuser wurde 2006 zum Professor (W2) für Pharmakologie und Toxikologie an die Freie Universität Berlin berufen. Von 2009 bis 2020 bekleidete er den Lehrstuhl für Toxikologie am Institut für Ernährungswissenschaften der Universität Potsdam. Seit August 2020 leitet er die Abteilung Pharmakologie und Toxikologie am Pharmazeutischen Institut der Freien Universität Berlin.