Spezielle Aufgaben für Apotheker |
Dem Thema Stabilität und Kompatibilität der intravenös verabreichten Arzneistoffe kommt ohnehin eine große Bedeutung zu. Selbst bei mehrlumigen ZVK müssen regelhaft mehrere Infusionslösungen über ein gemeinsames Lumen verabreicht werden.
Bei Kurzinfusionen ist die Kompatibilität weniger entscheidend, da sich mehrere Kurzinfusionen ohne Weiteres über ein Lumen hintereinander applizieren lassen, selbst wenn die enthaltenen Wirkstoffe nicht miteinander kompatibel sind. Spülschritte zwischen den Gaben verhindern ein Ausfallen im Infusionsschlauch.
Spritzenpumpen sind Standard auf Intensivstation. Sie ermöglichen die automatisierte (Dauer-)Infusion von Medikamenten. / Foto: Anka Röhr
Weitaus häufiger und problematischer ist die große Zahl an Dauerinfusionen, die alle parallel verabreicht werden müssen. Chemische Inkompatibilitäten von Wirk- oder Hilfsstoffen, beispielsweise aufgrund von pH-Unterschieden, sind häufig und Informationen dazu nicht unmittelbar zugänglich. Fachinformationen enthalten, wenn überhaupt, nur spärliche Angaben über die Kompatibilität mit dem breiten Feld an anderen Substanzen, die regelhaft bei Intensivpatienten eingesetzt werden. Auch chemische Eigenschaften wie pH-Wert oder Osmolalität der Lösung sind nur selten enthalten.
Literaturdaten zur Kompatibilität sind zwar in verschiedenen großen Datenbanken abrufbar. In der Regel sind sie aber auf zweidimensionale Mischungen beschränkt oder unterscheiden sich in Hilfsstoffen und/oder Konzentrationen von den eigenen eingesetzten Präparaten. Apotheker sind dann gefordert, standardisierte Stabilitäts- und Kompatibilitätstabellen unter Verwendung der Literaturdaten und der chemischen Eigenschaften der Arzneistoffe für die individuellen Schemata der einzelnen Intensivstationen zu erarbeiten.
Eine weitere Aufgabe ist es, Alternativen für retardierte oder magensaftresistente Arzneiformen zur Gabe über dünnlumige Magensonden zu finden, sofern eine orale Gabe indiziert ist.
Foto: Anka Röhr
Ein 62-jähriger Patient wird aufgrund einer schweren Staphylokokken-Sepsis auf der Intensivstation behandelt. Nach initialer Behandlung mit Vancomycin und Cefotaxim bei unklarem Infektfokus erfolgt bei Nachweis von Oxacillin-sensiblem Staphylococcus aureus in der Blutkultur eine Deeskalation auf Flucloxacillin. Das folgende transösophageale Echo (TEE) zeigt das Bild einer Mitralklappen-Endokarditis. Außerdem findet sich im Katheterurin ein Citrobacter.
Da sich die klinische Situation nicht unmittelbar bessert, soll aufgrund des Verdachts auf eine zusätzliche Harnwegsinfektion kurzzeitig mit Ciprofloxacin kombiniert werden. Nach der ersten Gabe von Ciprofloxacin verstopft allerdings der zentrale Venenkatheter und kann nicht mehr durchgängig gemacht werden. Die Neuanlage eines ZVK ist notwendig. Der betreuenden Apothekerin fällt auf, dass die Ciprofloxacin-Infusion über das gleiche Lumen wie die laufende Dauerinfusion von Flucloxacillin verabreicht wurde. Dies hat mit hoher Wahrscheinlichkeit zum Verstopfen des Katheters geführt, da Ciprofloxacin und Flucloxacillin sofort in Nadeln ausfallen.
Die chemische Reaktion basiert auf pH-Unterschieden der beiden Lösungen. Das Foto zeigt die Inkompatibilität im Labor: Das rechte Reagenzglas enthält Ciprofloxacin-Lösung 2 mg/ml, das linke Flucloxacillin-Lösung mit 80 mg/ml (Lösung zur Dauerinfusion). Aus dem rechten Reagenzglas wird in die linke getropft. Es entsteht sofort eine sichtbare Trübung.
Da kein weiteres Lumen am ZVK zur Verfügung steht und Ciprofloxacin auch inkompatibel mit dem als Dauerinfusion laufenden Heparin ist, wird es auf Anraten der Apothekerin separat zweimal täglich über einen peripheren Zugang als Infusion über 60 Minuten verabreicht. Einen Tag später ist die Umstellung auf eine orale Gabe möglich, da sich der Allgemeinzustand des Patienten verbessert.