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Intensivstation

Spezielle Aufgaben für Apotheker

Arbeitsfeld Antibiotikatherapie

Ein wichtiges und großes Thema für Apotheker auf der Intensivstation ist die Antibiotikatherapie. Etwa 50 Prozent der Intensivpatienten benötigen eine antibiotische Therapie. Nicht nur, weil sie wegen bakterieller Infektionen aufgenommen wurden, sondern auch, weil invasive Behandlungen wie Beatmung und Drainagen potenzielle Eintrittspforten für Keime darstellen und damit das Risiko von Sekundärinfektionen steigt.

Pharmazeutische Expertise ist vor allem bei der Dosierung der Wirkstoffe gefragt, da die üblichen Normdosierungen den pharmakokinetischen Besonderheiten von Intensivpatienten nicht gerecht werden. Beispielsweise kann der Körperwasseranteil durch die große Menge an infundierter Flüssigkeit erhöht sein. Dies kann das Verteilungsvolumen für hydrophile Arzneistoffe vergrößern. Zusätzlich führen die pathophysiologischen Änderungen in der Sepsis sehr häufig zu Mikrozirkulationsstörungen und Organinsuffizienzen, sodass die Elimination zahlreicher Wirkstoffe reduziert ist. Sind Patienten unter 60 Jahren von diesem schweren Krankheitsbild betroffen, zum Beispiel bei großflächigen Verbrennungen, kann es sogar zu einer Stimulation des Kreislaufs mit gesteigerter Nierenfunktion kommen. Dies kann die Halbwertszeit glomerulär filtrierter Substanzen verkürzen.

Das Beispiel Sepsis zeigt, dass häufig verschiedene pharmakokinetische Änderungen zusammenkommen, was die Auswahl einer sinnvollen Dosierung erschwert. Die Angst vor einer Unterdosierung der Antibiotika muss gegen das Risiko möglicher Nebenwirkungen bei massiver Überdosierung abgewogen werden. Beides kann für Sepsis-Patienten fatale Folgen haben. Hier ist der intensivmedizinisch tätige Apotheker mit seinem Grundverständnis für pharmakokinetische Zusammenhänge ein wertvoller Berater.

Auch in Antibiotic-Stewardship-Programmen (ABS) begleiten Apotheker die Behandlung von Intensivpatienten. Sie sind dabei nicht nur für die Auswertung und Interpretation von Antibiotikaverbräuchen zuständig, sondern bringen sich als Berater zu klinischen Fragestellungen aktiv am Krankenbett ein. Außerdem ist ihre Expertise beim Finden und Auswerten neuer Literatur in einem Umfeld sich schnell ändernder Empfehlungen sehr wertvoll.

Aktuelle Sepsis-Leitlinien der deutschen und internationalen Fachgesellschaften empfehlen ein therapeutisches Drug Monitoring (TDM) für zahlreiche Antibiotika. Lang bewährt hat sich dies für Vancomycin oder die Aminoglykoside; relativ neu ist die Empfehlung von Serumspiegelmessungen für Betalaktame, die am häufigsten auf Intensivstationen zum Einsatz kommen. Bei ihnen steht die Sicherstellung adäquater Zielspiegel im Vordergrund. Mit dem TDM verbunden ist meist die Applikation der Betalaktame als Dauerinfusion; diese steht im Gegensatz zur zugelassenen intermittierenden Gabe. Die Expertise von Apothekern kann gewährleisten, dass die Auflöse- und Verdünnungsschritte für diese Off-Label-Applikation korrekt erfolgen, sodass die Stabilität der Wirkstoffe nicht gefährdet und Inkompatibilitäten mit der weiteren intravenösen Medikation vermieden werden.

Des Weiteren sind Apotheker in der Lage, die Analytik der Antibiotika, zum Beispiel mit HPLC-Geräten, mit dem notwendigen Know-how unabhängig und kostengünstig vor Ort vorzunehmen und aus den Messwerten entsprechende Dosisanpassungen zu generieren. Dies gewährleistet ein hohes Maß an Effektivität und Sicherheit der eingesetzten Antibiotika.

Zusätzlich wird der gesamte Antibiotikaverbrauch reduziert, was nicht nur zu den ABS-Qualitätsindikatoren gehört, sondern auch die dramatische Resistenzentwicklung der letzten Jahre positiv beeinflussen könnte. Positive Effekte auf die Liegedauer auf Intensivstation und die Rate an Kombinationstherapien sind zudem nachgewiesen.

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