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PhiP im HV

Selbstmedikation bei Durchfall 

Wann ist Durchfall ein Fall für die Selbstmedikation und wann nicht? Das beantwortet der elfte Teil der Campusserie »PhiP im HV« und informiert über verschiedene Therapieoptionen.
Carolin Lang
29.10.2021  09:00 Uhr

Durchfall ist charakterisiert durch eine erhöhte Stuhlfrequenz von mindestens dreimal täglich, wobei der Stuhlgang reichlich (≥250g/Tag) und der Wassergehalt erhöht ist (≥75Prozent). Die akute Diarrhö (kürzer als zwei Wochen) ist meist selbstlimitierend. Häufig steckt eine Infektion mit Erregern wie Noro- und Rotaviren dahinter, in Frage kommen aber auch Bakterien wie Salmonellen oder Campylobacter. Ferner können Nahrungsmittelallergien, Stresssituationen oder bestimmte Arzneimittel eine akute Diarrhö bedingen.

Davon abzugrenzen ist die chronische Diarrhö (länger als zwei Wochen), die beispielsweise in Folge chronisch entzündlicher Darmerkrankungen auftreten kann. Hier bedarf es immer einer diagnostischen Abklärung durch einen Arzt.

Wichtige Fragen bei der Beratung zu Durchfall

  • Wer ist betroffen? Säuglinge, Kleinkinder und Senioren laufen besonders Gefahr, bei Durchfall zu dehydrieren. Sie sollten stets ärztlich behandelt werden. Auch Schwangere sollten bei Durchfall besser zum Arzt.
  • Welche weiteren Symptome liegen vor? Bei alarmierenden Begleitsymptomen wie Fieber, Blut oder Schleim im Stuhl sowie bei kolikartigen Schmerzen ist ein Arztbesuch angezeigt.
  • Wie lange bestehen die Beschwerden bereits? Halten die Beschwerden länger als zwei bis drei Tage an, sollte ein Arzt hinzugezogen werden.
  • Welche Medikamente nehmen Sie ein? Diarrhö kann als unerwünschte Arzneimittelwirkung von unter anderem magnesiumhaltigen Antazida, Acarbose, Antibiotika oder Laxanzien auftreten. Bei Verdacht auf arzneimittelbedingte Diarrhö sind die Grenzen der Selbstmedikation erreicht.
  • Wann sind Sie zuletzt verreist und wohin? Eingeschleppte Infektionen gehören in ärztliche Hand. Bei manchen Erregern aus (sub)tropischen Gebieten kann die Inkubationszeit einige Wochen betragen, sodass Reisende die Symptomatik möglicherweise nicht mehr mit der Reise in Verbindung bringen.

Rehydratationstherapie bei Durchfall

Bei Durchfall verliert der Betroffene Flüssigkeit und Elektrolyte. Deren Ersatz steht bei der Therapie an erster Stelle. Vor allem bei kleinen Kindern, alten Menschen sowie bei starkem Durchfall, besonders in heißen Klimaregionen, ist die orale Rehydratationstherapie mittels Glucose-Elektrolyt-Lösung ratsam. Diese macht sich zunutze, dass der Natrium-Glucose-Cotransporter im Dünndarmepithel bei akuter Diarrhö meist intakt ist, sodass die Aufnahme von Natriumionen und Glucose sekundär zur Resorption von Wasser und Elektrolyten führt.

Entsprechende Präparate stehen als Pulver zum Auflösen in Wasser zur Verfügung. Die jeweils vorgegebene Menge Wasser ist dabei stets einzuhalten. Vorsicht bei Patienten mit Nieren- und Herzinsuffizienz: Sie sollten vor der Einnahme ärztlichen Rat einholen. Diabetiker müssen die enthaltene Glucose berücksichtigen.

Loperamid und Racecadotril in der Selbstmedikation 

In Ergänzung zur Rehydratationstherapie steht bei unkomplizierten Durchfallerkrankungen der Motilitäts-Hemmer Loperamid ab zwölf Jahren im Bereich der Selbstmedikation zur Verfügung, zum Beispiel als (Schmelz-)Tablette oder Hartkapsel. Die Dosierung ist altersabhängig. Der Arzneistoff zeichnet sich durch einen raschen Wirkeintritt aus. Als Substrat des P-Glykoproteins sowie von CYP3A4 und CYP2C8 sind mögliche Arzneimittelwechselwirkungen zu beachten. Ohne ärztliche Untersuchung darf der Wirkstoff nicht länger als zwei Tage eingenommen werden.

Unter anderem bei Fieber, Blut im Stuhl sowie Durchfall während oder nach einer Antibiotikatherapie ist Loperamid kontraindiziert. Gleiches gilt für den Enkephalinase-Hemmer Racecadotril. Nach peroraler Einnahme wird der Arzneistoff rasch resorbiert und zum aktiven Metaboliten Thiorphan. Racecadotril wirkt antisekretorisch und im Gegensatz zu Loperamid nicht motilitätshemmend. In der Selbstmedikation ist es für Erwachsene in Form von Hartkapseln verfügbar. Die Therapie beginnt unabhängig von der Tageszeit mit zwei Hartkapseln zu jeweils 100mg. Vor den folgenden Hauptmahlzeiten soll jeweils eine weitere Kapsel eingenommen werden, maximal aber vier Kapseln pro Tag. Ab Tag zwei der Behandlung gilt: Eine Kapsel dreimal täglich vor den Hauptmahlzeiten einnehmen. Die Behandlung sollte fortgesetzt werden, solange der Stuhl ungeformt ist, aber drei Tage nicht überschreiten. In einem Konsensuspapier zur Therapie der akuten Reisediarrhö (DOI:10.1007/s15006-017-9293-2) empfehlen die Autoren Racecadotril als Mittel der Wahl.

Probiotika bei Durchfall

Bei akutem Durchfall oder zur Prophylaxe der Reisediarrhö können Probiotika eingenommen werden. Parallel zur Antibiotikatherapie sollen sie zudem das Risiko für Clostridium-difficile-assoziierten Durchfall senken. Sie sollen den Aufbau beziehungsweise den Erhalt der physiologischen Darmflora stärken und ferner mit den Krankheitserregern um Substrate konkurrieren. Die Darmmotilität bleibt folglich unbeeinflusst; pathogene Keime können weiterhin ausgeschieden werden. Entsprechende Präparate enthalten beispielsweise Laktobazillen, Saccharomyces boulardii (=S.cerevisiae) oder Bifidobakterien. Bei Immungeschwächten sind Probiotika kontraindiziert.

Laut der Cochrane Collaboration können einige Probiotika die Erkrankungsdauer im Schnitt um einen Tag verkürzen und das Risiko für eine C. difficile-Infektion (CDI) senken. Unter anderem wegen der Heterogenität der Studien gibt es in der S2k-Leitlinie zu gastrointestinalen Infektionen aus dem Jahr 2015 keine generelle Empfehlung für den Einsatz von Probiotika zur Therapie der akuten infektiösen Gastroenteritis oder zur CDI-Prophylaxe bei Erwachsenen. Die Leitlinie wird derzeit überarbeitet.

Adsorbenzien und Adstringenzien 

Ferner stehen sogenannte Adsorbenzien wie medizinische Kohle oder Siliciumdioxid zur Selbstmedikation zur Verfügung. Sie adsorbieren Bakterien, Bakterientoxine und andere Giftstoffe, allerdings auch Arzneimittel. Eine gleichzeitige Einnahme ist daher zu vermeiden. Adstringenzien sollen die Resorption toxischer Substanzen erschweren, so zum Beispiel der Gerbstoff Tanninalbuminat. Diesen gibt es auch in Kombination mit Ethacridin, das zusätzlich antibakteriell und spasmolytisch wirken soll. Ein wichtiger Hinweis bei der Abgabe: Es kann zu einer intensiven Gelbfärbung des Stuhls kommen. In der Leitlinie zu gastrointestinalen Infektionen gibt es für die genannten Antidiarrhoika wegen Mangel an kontrollierten Studien aktuell keine Empfehlung.

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