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GKV-Versorgung

Pro Packung legt die Apotheke 27 Cent drauf

Die Abgabe von Arzneimitteln auf Rezept ist der wichtigste Grundpfeiler der Einnahmen einer öffentlichen Apotheke. Bereits seit drei Jahren hat sich der Gewinn, den sie dabei eigentlich erzielen soll, aber in einen Verlust von mittlerweile 27 Cent pro Packung umgekehrt. Dieser wird in diesem Jahr weiter steigen.
Annette Rößler
26.04.2023  16:30 Uhr
Pro Packung legt die Apotheke 27 Cent drauf

Neuentwicklungen bei Arzneimitteln hat es schon immer gegeben – »aber das Tempo, mit dem Arzneimittelinnovationen auf den Markt kommen, hat sich in den letzten Jahren deutlich erhöht«, sagte Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover Steuerberatung und Wirtschaftsberatung für Heilberufe, beim Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbandes (DAV) in Berlin. So vielfältig die Indikationen dieser »Innos« auch sind, eines haben sie gemeinsam: ihren im Vergleich zu patentfreien Arzneimitteln deutlich höheren Preis.

Beides zusammen, die Mengenzunahme der Innovationen und ihre Hochpreisigkeit, habe dazu geführt, dass die Belieferung von Rezepten zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mittlerweile insgesamt für die Apotheken defizitär geworden sei, führte Diener aus. Er bezog sich dabei auf Zahlen des Deutschen Arzneiprüfungsinstituts (DAPI) sowie der Apothekenwirtschaftsberichte der Jahre 2011 bis 2022. Die Grenze zwischen hoch- und niedrigpreisigen Rx-Präparaten, also zwischen Innovationen und Altarzneimitteln, zog er dabei »aus pragmatischen Gründen« bei 500 Euro (Apothekenverkaufspreis ohne Umsatzsteuer).

Hoch- und Niedrigpreiser aus der Balance

Die Anzahl der hochpreisigen Präparate (Pharmazentralnummern) auf dem deutschen Markt habe sich zwischen 2011 und 2022 von rund 4.300 auf fast 8.600 verdoppelt, während die Anzahl der Niedrigpreiser im selben Zeitraum von mehr als 51.000 auf rund 48.000 gesunken sei. Prozentual bedeute das einen Anstieg des Anteils der Arzneimittelinnovationen am gesamten Rx-Portfolio von 7,7 auf 15,1 Prozent.

Die neuen Arzneimittel sind nicht nur theoretisch vorhanden, sondern sie werden auch verordnet: 2022 wurden 10 Millionen Packungen von Hochpreisern auf GKV-Rezept abgegeben; 2011 waren es nur 6 Millionen gewesen. Allerdings erhöhte sich im selben Zeitraum die Packungszahl im Altarzneimittel-Segment von 566 auf 622 Millionen, sodass sich der Anteil der Hochpreiser an der GKV-Versorgung trotz ihrer gestiegenen absoluten Verordnungszahl zuletzt nur auf 1,6 Prozent der abgegebenen Packungen belief.

Obwohl also die nicht mehr patentgeschützten Arzneimittel den Löwenanteil von 98,4 Prozent der GKV-Verordnungen ausmachten, entfiel auf sie nur etwas mehr als die Hälfte des Umsatzes. Der mit diesen Arzneimitteln erwirtschaftete Nettoumsatz betrug zuletzt 25,1 Milliarden Euro (nach 20,5 Milliarden Euro im Jahr 2011), während Arzneimittelinnovationen 2022 einen Nettoumsatz von 23,1 Milliarden Euro verursachten (nach 8,5 Milliarden Euro im Jahr 2011). »Das Umsatzplus bei den Altarzneimitteln erklärt sich zum größten Teil durch die größere Packungszahl, während es im Innovationssegment durch die höheren Preise getrieben ist«, stellte Diener fest.

Trotz ihres mittlerweile fast 50-prozentigen Anteils am Umsatz leisteten die Hochpreiser aber nur einen marginalen Beitrag zum Gesamtrohertrag einer durchschnittlichen Apotheke, nämlich 12 Prozent. »Das Gros der Apotheken-Handelsmarge entsteht in der GKV-Versorgung nach wie vor über die Altarzneimittel«, sagte Diener. Deren Stückvergütung ist in den vergangenen elf Jahren nur moderat gestiegen, nämlich von 7,04 auf 7,59 Euro. Die Stückvergütung der Hochpreiser legte zwar in dieser Zeit von 39,93 auf 63,33 Euro und damit deutlicher zu, aber da anteilig nur so wenige Innovationen abgegeben werden, »ist der Gesamteffekt relativ überschaubar«, so Diener.

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