Phytos fürs Immunsystem |
Weitere Pflanzen, die immer wieder im Zusammenhang mit einer Immunstimulation genannt werden, sind Ginseng, Panax ginseng, und der Amerikanische Ginseng, Panax quinquefolius, die beide zur Familie der Araliaceae gehören. Die Wurzeln beider Arten enthalten vor allem Polysaccharide und Ginsenoside, auf die die immunstimulierende Wirkung zurückgeführt wird. Im Europäischen Arzneibuch wird in der Monographie zu Ginseng radix der Stammpflanze Panax ginseng zwischen dem weißen und roten Ginseng unterschieden: Durch Behandlung mit Wasserdampf vor dem Trocknen der Wurzel wird aus weißem der rote Ginseng. Der Gehalt an den beiden wichtigen Ginsenosiden Rg1 und Rb1 muss gemäß Ph. Eur. bei mindestens 0,4 Prozent liegen.
Auch der HMPC hat bisher nur Panax ginseng monographiert und der Ginsengwurzel sowie verschiedenen Präparationen daraus einen TU-Status bei Erschöpfungssymptomen zugesprochen [18]. Die Ginsengwurzel gilt als Adaptogen, also als Droge zur Besserung des Allgemeinzustands – darunter kann im Prinzip auch eine Modulation der Immunabwehr subsummiert werden.
In In-vitro-Studien steigerten Extrakte aus Ginsengwurzeln die Phagozytoseaktivität und die Zytokinexpression von murinen Makrophagen und regten die Aktivität dendritischer Zellen und natürlicher Killerzellen an. Zudem zeigten Maus-Modelle, dass Ginsenoside die T-Zell-Proliferation und die Antikörperproduktion steigern. Klinische Studien mit Extrakten aus Ginsengwurzeln zielen vor allem auf andere Indikationen wie Senkung des Blutglucosespiegels oder des Blutdrucks, Fatigue-Symptome oder kognitive Fähigkeiten ab.
Nur wenige, kleinere klinische Studien zeigten Effekte auf die Immunzellen der Probanden. Inwieweit diese einen positiven Einfluss auf beispielsweise Erkältungskrankheiten haben, wurde bisher nicht untersucht.
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Denkt man über immunmodulierende Pflanzen nach, kommt einem sicherlich auch die Mistel in den Sinn. Viscum album ist ein Halbschmarotzer, der zur Familie der Sandelholzgewächse (Santalaceae) gehört und auf verschiedenen Wirtsbäumen wie Apfel- oder Birnbäumen, aber auch auf Tannen oder Kiefern wächst. Laut Deutschem Arzneibuch darf die Droge maximal 5 Prozent Zweiganteile enthalten.
Der HMPC hat sich zwar mit dem Mistelkraut beschäftigt, allerdings 2012 nach Sichtung der verfügbaren Literatur entschieden, dass keine Monographie über die Droge, weder zum TU noch zum WEU, erstellt werden kann [19]. Besonderes Augenmerk legte der Ausschuss dabei auf kardiovaskuläre Indikationen und die Krebstherapie.
Bereits in den 1980er-Jahren wurde gezeigt, dass der Pflanzensaft aus Mistelkraut in Mäusen sowohl die Antikörperproduktion anregt als auch Immunzellen stimuliert [20]. In kleineren klinischen Studien mit insgesamt fast 200 Tumorpatienten war zu beobachten, dass die Anzahl der Granulozyten und Lymphozyten nach der Applikation von Mistelextrakten anstieg, dass verstärkt Zytokine sezerniert und natürliche Killerzellen sowie dendritische Zellen aktiviert wurden [21].
Es spricht also einiges dafür, dass Extrakte aus Mistelkraut immunstimulierend wirken. Verantwortlich für die Wirksamkeit sind vor allem die Mistellektine und Viscotoxine. Die verschiedenen Präparate werden jedoch parenteral verabreicht, was im Zusammenhang mit einer Erkältung nicht verhältnismäßig ist und deshalb eher als adjuvante Therapie zur Verbesserung der Lebensqualität bei Tumorerkrankungen erwogen wird.