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Evidenz-Check

Phytos fürs Immunsystem

Erkältungen in den Wintermonaten vermeiden – wer möchte das nicht? Zur Prophylaxe, aber auch zur Therapie, können Phytopharmaka eingesetzt werden, die das Immunsystem stimulieren. Die Evidenzlage rund um pflanzliche Immunstimulanzien ist jedoch durchwachsen.
Robert Fürst
Ilse Zündorf
01.12.2024  08:00 Uhr

Kapuzinerkresse und Meerrettich

Ein anderes Phytopharmakon, das häufig bei Erkältungssymptomen eingesetzt wird, ist zugelassen »zur Besserung der Beschwerden bei akuten entzündlichen Erkrankungen der Bronchien, Nebenhöhlen und ableitenden Harnwege« (Angocin®). Jede Filmtablette enthält 200 mg Kapuzinerkressenkraut und 80 mg Meerrettichwurzel – wohlgemerkt als pulverisierte Droge und nicht als Extrakt, wodurch relativ viele Tabletten einzunehmen sind. Sowohl Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus, Familie Tropaeolaceae) als auch Meerrettich (Armoracia rusticana, Familie Brassicaceae) enthalten Senfölglykoside, auf die die antibakterielle Wirkung der Drogenmischung zurückgeht. Weder für die Kombination noch die Einzeldrogen liegen Monographien beim HMPC oder in der Ph. Eur. vor.

In einer randomisierten, multizentrischen, placebokontrollierten, klinischen Doppelblind-Studie [10] wurde getestet, ob das Kombinationspräparat zur Prophylaxe von Atemwegsinfekten wirksam ist. Dafür erhielten 351 Patienten über einen Zeitraum von 84 Tagen entweder eine Placebo-Medikation oder zwei verschiedene Dosierungen des Präparats (dreimal zwei oder zweimal zwei Verumtabletten plus einmal zwei Placebo-Tabletten pro Tag). In der Gruppe mit der höheren Dosierung sank die Rate der Atemwegsinfekte im Vergleich zur Placebogruppe um 50 Prozent.

Bei den erkrankten Studienteilnehmern waren jedoch Schwere und Dauer der Infektionen gleich, unabhängig davon, ob sie Verum oder Placebo erhalten hatten, was darauf hindeutet, dass das Immunsystem durch das Präparat nicht stimuliert wurde. Zu beachten ist, dass Angocin nicht zur Prävention zugelassen ist.

Die Datenlage zur Knoblauchknolle

Schaut man in verschiedene Veröffentlichungen über Arzneipflanzen mit angeblich immunstimulierenden Eigenschaften, wird häufig auch der Knoblauch (Allium sativum, Familie Amaryllidaceae) erwähnt. Auf der Basis der traditionellen Anwendung von getrocknetem Knoblauchpulver im Vereinigten Königreich und einem Trockenextrakt (DEV 5:1, Auszugsmittel 34-prozentiger Ethanol) in Schweden zur Vorbeugung oder Therapie einer Erkältung schreibt der HMPC Knoblauch den TU-Status in dieser Indikation zu [11].

Klinische Daten, die eine derartige Anwendung unterstützen, sind jedoch eher dürftig: In einer 2014 veröffentlichten Cochrane-Metaanalyse [12] wurden acht Studien als möglicherweise relevant identifiziert, von denen jedoch nur eine das Einschlusskriterium einer randomisierten, kontrollierten Studie erfüllte. Bei dieser Studie [13] erhielten 146 Teilnehmer zwölf Wochen lang entweder Placebo oder eine nicht genauer spezifizierte Knoblauchkapsel. Die positiven Resultate einer geringeren Anzahl Erkrankungsfälle (24 versus 65) und weniger Gesamtkrankheitstage (111 versus 366) in der Verumgruppe basierten allerdings auf persönlichen Einschätzungen der Studienteilnehmer.

Eine randomisierte, placebokontrollierte Studie [14] wurde bei der Metaanalyse ausgeschlossen, weil auch Muskelschmerzen und Fieber als mögliche Symptome mit aufgenommen waren. Endpunkte der Studie mit 120 Teilnehmern waren einerseits die Proliferation von Immunzellen, andererseits das Auftreten von Symptomen einer Erkältung oder Grippe. Nach 45 Behandlungstagen proliferierten die gd-T- und natürlichen Killerzellen in der Verumgruppe deutlich besser als bei den Teilnehmern unter Placebo. Dies deutet tatsächlich auf eine immunstimulierende Aktivität der Knoblauch-Inhaltsstoffe hin. Nach 90 Behandlungstagen waren 26 Personen in der Verumgruppe und 28 in der Placebogruppe erkrankt, was keinen signifikanten Unterschied darstellte. Allerdings schien die Anwendung von täglich 2,56 g Knoblauchextrakt die Krankheitssymptome abzuschwächen.

Verantwortlich für die Wirksamkeit sind vor allem die verschiedenen Cystein-Sulfoxide im Knoblauch. Gemäß Ph.-Eur.-Monographie enthält die Droge Knoblauchpulver (Allii sativi bulbi pulvis) mindestens 0,45 Prozent Allicin.

Als unerwünschte Wirkungen können neben übelriechendem Atem und Körpergeruch Bauchschmerzen und Blähungen, aber auch allergische Reaktionen und Kopfschmerzen auftreten.

Personen, die orale Antikoagulanzien oder Saquinavir/Ritonavir einnehmen, sollten auf Knoblauch-Präparate verzichten, weil durch die Interaktion mit den Pflanzeninhaltsstoffen die Blutungszeit verlängert beziehungsweise die antivirale Wirkung reduziert werden könnte.

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