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Evidenz-Check

Phytos fürs Immunsystem

Erkältungen in den Wintermonaten vermeiden – wer möchte das nicht? Zur Prophylaxe, aber auch zur Therapie, können Phytopharmaka eingesetzt werden, die das Immunsystem stimulieren. Die Evidenzlage rund um pflanzliche Immunstimulanzien ist jedoch durchwachsen.
Robert Fürst
Ilse Zündorf
01.12.2024  08:00 Uhr

Der Hals fühlt sich an wie ein Reibeisen und schmerzt beim Schlucken und Sprechen, es folgen Schnupfen und Husten: Meist sind Viren für diese Erkältung verantwortlich, allen voran Rhino-, Adeno- oder Coronaviren. Hin und wieder beteiligen sich allerdings auch Bakterien.

In der Regel ist das Immunsystem in der Lage, mit all diesen unterschiedlichen Erregern fertig zu werden. So können sich die B- und T-Lymphozyten des spezifischen (adaptiven) Immunsystems – einmal mit einem spezifischen Pathogen konfrontiert – auch noch Monate oder Jahre später daran »erinnern« und dieses dann sehr schnell und gezielt abwehren. Aber auch das unspezifische (angeborene) Immunsystem mit den Makrophagen, natürlichen Killerzellen, neutrophilen Granulozyten und dem Komplementsystem ist sehr erfolgreich bei der Erregerabwehr. Allerdings ist mit diesem Arm des Immunsystems kein immunologisches Gedächtnis verknüpft: Die hieran beteiligten Zellen und Komplementfaktoren müssen immer wieder aufs Neue aktiv werden.

Die effektivste Unterstützung des Immunsystems zur Abwehr von Pathogenen wäre die Impfung, durch die spezifische B- und T-Zellen gegen einen Erreger mobilisiert und im Falle einer echten Infektion direkt aktiv werden. Gegen die meisten Erkältungsviren ist allerdings kein Impfstoff verfügbar, sodass man zur Prophylaxe und Therapie letztlich nur das unspezifische Immunsystem stärken kann. Pflanzliche Immunstimulanzien zielen vor allem hierauf ab.

Prophylaxe oder Therapie?

Was soll eine solche Immunstimulation im Idealfall bewirken? Im Prinzip lässt sich das Immunsystem entweder präventiv so stärken, dass ein Pathogen erst gar keine Chance hat, sich im Körper auszubreiten. Die Alternative ist, eine bereits vorhandene Infektion mit einem Immunstimulans möglichst zu verkürzen.

Gerade was Erkältungskrankheiten angeht, die selbstlimitierend und innerhalb kurzer Zeit, meist einer Woche, ausgestanden sind, ist der Wirksamkeitsnachweis in einer klinischen Studie dabei nicht ganz einfach. Wie lange muss die Intervention für beispielsweise eine Prophylaxe stattfinden? Wie sind Endpunkte eines Behandlungserfolgs – egal ob Prophylaxe oder Therapie – zu definieren? Gibt es klinische Parameter, die eine Wirksamkeit erklären? Antworten auf all diese Fragen wären wichtig, liegen aber durch die verfügbaren klinischen Studien zu pflanzlichen Immunstimulanzien häufig nicht oder nicht ausreichend vor.

Etliche Drogen und Extrakte werden vom Ausschuss für pflanzliche Arzneimittel (Committee on Herbal Medicinal Products, kurz: HMPC) der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA für die Therapie von Erkältungskrankheiten empfohlen. Häufig sind dabei Inhaltsstoffe aktiv, die etwa reizmindernd oder schleimlösend wirken. Nur bei wenigen Pflanzenpräparationen wird dagegen eine immunmodulierende Wirksamkeit zugrunde gelegt.

Presssaft von Echinacea purpurea

Zu diesen gehört der Frischpflanzen-Presssaft von Echinacea purpurea (Familie Asteraceae). Der HMPC gewährt in der entsprechenden Monographie Presssäften und getrockneten Presssäften aus dem frischen Kraut des Purpur-Sonnenhuts mit einem Droge-Extrakt-Verhältnis (DEV) von 1,5–2,5:1 den Well-established-use-Status für die kurzzeitige Vorbeugung und Behandlung von Erkältungen (siehe Kasten).

Für diese Einstufung waren vor allem zwei ältere Studien [1, 2] relevant, in denen insgesamt 200 Erwachsene mit Symptomen einer beginnenden Erkältung zehn Tage lang den Frischpflanzen-Presssaft oder Placebo erhielten. In beiden Studien war die Erkrankungszeit in der Verumgruppe signifikant um vier beziehungsweise drei Tage kürzer.

Ein 2014 veröffentlichter Cochrane-Review [3] umfasst die Ergebnisse von 24 kontrollierten klinischen Studien mit insgesamt 4631 Teilnehmern und resultiert in dem Ergebnis, dass Echinacea-Präparate einen geringen Effekt bei der Prävention und keinen Effekt bei der Therapie von Erkältungskrankheiten haben. Problematisch ist jedoch, wie die Autoren einräumen, dass die Studien mit sehr unterschiedlichen Präparaten durchgeführt wurden: Nicht nur, dass mit Echinacea purpurea, E. angustifolia und E. pallida drei verschiedene Stammpflanzen verwendet wurden, es gab auch Unterschiede beim eingesetzten Pflanzenteil (Kraut beziehungsweise Wurzel) und beim Extrakttyp (zum Beispiel Presssaft oder Auszug). Nur in sieben der analysierten Studien wurden Präparate geprüft, die das Kraut von E. purpurea enthielten.

Noch kritischer äußerten sich 2019 die Autoren einer Metaanalyse [4]: Zwar finden auch sie Hinweise für eine mögliche präventive Wirkung auf die Häufigkeit von Infektionen der oberen Atemwege, allerdings hinterfragen sie, inwieweit diese Wirkung klinisch relevant ist. Insgesamt 29 Studien flossen in die Analyse ein, die sich größtenteils mit denen des Cochrane-Reviews deckten. Durch die Heterogenität der getesteten Präparate ist es in den Augen der Autoren fraglich, ob sich eine möglicherweise vorhandene Wirksamkeit in der Praxis signifikant darstellt.

Für einen möglichen immunmodulierenden Effekt stehen die in den Extrakten enthaltenen Alkylamide, Glykoproteine, Polysaccharide und Kaffeesäurederivate in der Diskussion. In der Zellkultur und in Tiermodellen zeigten verschiedene Extrakte eine Wirkung auf Makrophagen und natürliche Killerzellen, allerdings sind die genauen pharmakologischen Mechanismen noch nicht komplett aufgeklärt.

Während einer kurzzeitigen Behandlung mit Echinacea-Präparaten sind die unerwünschten Wirkungen vernachlässigbar. Für die Anwendung des (getrockneten) Frischpflanzen-Presssafts empfiehlt der HMPC eine maximale Einnahmedauer von zehn Tagen. Bei einer Überempfindlichkeit gegenüber anderen Korbblütlern sind die Präparate kontraindiziert.

Im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) sind neben verschiedenen Drogen von Echinacea-Stammpflanzen auch zwei Presssäfte aus Purpur-Sonnenhut-Kraut monographiert, einer mit und einer ohne Ethanol stabilisiert. In den Presssäften müssen je 100 ml mindestens 0,25 Prozent Cichoriensäure und mindestens 0,1 mg N-Isobutyldodecatetraenamid enthalten sein.

Sonnenhut im Fertigarzneimittel

Das Kombinationspräparat Esberitox® enthält einen Trockenextrakt mit einem DEV von 4–9:1 und dem Auszugsmittel Ethanol (30 Prozent) aus den Wurzeln des Purpur-Sonnenhuts sowie des Blassfarbenen Sonnenhuts (Echinacea pallida), dem Wurzelstock der Färberhülse (Baptisia tinctoria, Familie Fabaceae) und den Spitzen und Blättern des Lebensbaums (Thuja occidentalis, Familie Cupressaceae). Von den enthaltenen Drogen sind nur die Wurzeln der Echinacea-Arten in der Ph. Eur. und vom HMPC monographiert und zur traditionellen Anwendung bei Erkältungssymptomen empfohlen. Zugelassen ist das Kombinationspräparat zur unterstützenden Therapie viraler Erkältungskrankheiten, nicht zur Prophylaxe.

In präklinischen Tests in Zellkulturen und an Mäusen stimulierte der Extrakt die Makrophagenaktivität, aktivierte CD4⁺-T-Lymphozyten und induzierte die Expression von Zytokinen und die Differenzierung der B-Lymphozyten zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen [5]. In den getesteten Mäusen war diese Art der Immunstimulation nicht systemisch vorhanden, sondern trat als eine Art »Priming« auf und führte nach einem zweiten Stimulus, beispielsweise einer Infektion, zu einer gesteigerten lokalen Zytokinexpression.

Das Kombinationspräparat wurde in verschiedenen klinischen Studien getestet, unter anderem an 85 Probanden mit einer Erkältung, wobei die Anzahl der täglich benötigten Taschentücher als Indikator für die Gesamtsymptomatik diente. In der randomisierten Studie [6] erhielten zwei Probandengruppen dreimal täglich 9,6 beziehungsweise 19,2 mg Extrakt, eine Gruppe bekam eine Placebo-Medikation. Die Teilnehmer sollten die Medikation kurz nach Beginn der Rhinitis so lange einnehmen, wie die Symptome anhielten, längstens für zwölf Tage. Die Patienten der Verumgruppen regenerierten dosisabhängig schneller als die der Placebogruppe.

Inwieweit die Wirksamkeit des Extrakts auf antiviral aktive oder aber immunstimulierende Inhaltsstoffe zurückzuführen ist, wurde nicht genauer untersucht. Für die mögliche immunstimulierende Wirkung werden vor allem die Polysaccharide und Glykoproteine der verschiedenen Drogen verantwortlich gemacht.

Wurzelwirkung der Pelargonie

Von der in Südafrika heimischen Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides) aus der Familie der Geraniaceae setzen Einheimische die Wurzelrinde seit Langem gegen Tuberkulose, Ruhr und Diarrhö ein. Im 19. Jahrhundert kam die Droge nach Europa und wurde zur Therapie von Fieber, Husten, chronischer Bronchitis sowie zur allgemeinen Steigerung der Immunabwehr verwendet.

So enthält etwa das Fertigarzneimittel Umckaloabo®-Tropfen einen Fluidextrakt aus Pelargonium-sidoides-Wurzeln mit dem DEV 1:8–10, der mit 11-prozentigem Ethanol hergestellt wurde (EPs® 7630). Zugelassen ist das Präparat bei akuter Bronchitis. Zusätzlich gibt es einen Trockenextrakt (DEV 6,25–11,11:1, Auszugsmittel Ethanol, 11 Prozent), der einerseits zu Saft für Kinder und andererseits zu Filmtabletten verarbeitet wird. Diese beiden Präparate sind zur symptomatischen Behandlung der akuten Bronchitis zugelassen.

Für die Wirkung werden die in der Wurzel enthaltenen Gerbstoffe verantwortlich gemacht, die laut Ph.-Eur.-Monographie mindestens zu 2 Prozent enthalten sein müssen. Der HMPC empfiehlt Extrakte der Droge zur symptomatischen Behandlung einer Erkältung (TU) [7].

In In-vitro-Studien war eine Stimulation der Phagozytoseaktivität, NO-Freisetzung sowie die Bildung der Interleukine 1 und 12 bei Makrophagen zu beobachten, was auf eine Aktivierung des angeborenen Immunsystems hinweist [8]. Eine kleine klinische Studie [9] mit 25 Teilnehmern unterstützt diesen Hinweis: Männliche Marathonläufer erhielten 28 Tage lang entweder dreimal täglich 30 Tropfen des Pelargoniumextrakts oder Placebo. Untersucht wurde der Effekt auf das Immunsystem der Läufer, die weiterhin ihr übliches Training absolvierten.

In der Verumgruppe waren die Spiegel des sekretorischen Immunglobulins A im Vergleich zur Placebogruppe erhöht, während die Spiegel von IL-15 und IL-6 abnahmen. Die Autoren schlossen daraus, dass der Pflanzenextrakt eine modulierende Wirkung auf das Immunsystem von Sportlern hat, die sich intensiv körperlich betätigen.

Kapuzinerkresse und Meerrettich

Ein anderes Phytopharmakon, das häufig bei Erkältungssymptomen eingesetzt wird, ist zugelassen »zur Besserung der Beschwerden bei akuten entzündlichen Erkrankungen der Bronchien, Nebenhöhlen und ableitenden Harnwege« (Angocin®). Jede Filmtablette enthält 200 mg Kapuzinerkressenkraut und 80 mg Meerrettichwurzel – wohlgemerkt als pulverisierte Droge und nicht als Extrakt, wodurch relativ viele Tabletten einzunehmen sind. Sowohl Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus, Familie Tropaeolaceae) als auch Meerrettich (Armoracia rusticana, Familie Brassicaceae) enthalten Senfölglykoside, auf die die antibakterielle Wirkung der Drogenmischung zurückgeht. Weder für die Kombination noch die Einzeldrogen liegen Monographien beim HMPC oder in der Ph. Eur. vor.

In einer randomisierten, multizentrischen, placebokontrollierten, klinischen Doppelblind-Studie [10] wurde getestet, ob das Kombinationspräparat zur Prophylaxe von Atemwegsinfekten wirksam ist. Dafür erhielten 351 Patienten über einen Zeitraum von 84 Tagen entweder eine Placebo-Medikation oder zwei verschiedene Dosierungen des Präparats (dreimal zwei oder zweimal zwei Verumtabletten plus einmal zwei Placebo-Tabletten pro Tag). In der Gruppe mit der höheren Dosierung sank die Rate der Atemwegsinfekte im Vergleich zur Placebogruppe um 50 Prozent.

Bei den erkrankten Studienteilnehmern waren jedoch Schwere und Dauer der Infektionen gleich, unabhängig davon, ob sie Verum oder Placebo erhalten hatten, was darauf hindeutet, dass das Immunsystem durch das Präparat nicht stimuliert wurde. Zu beachten ist, dass Angocin nicht zur Prävention zugelassen ist.

Die Datenlage zur Knoblauchknolle

Schaut man in verschiedene Veröffentlichungen über Arzneipflanzen mit angeblich immunstimulierenden Eigenschaften, wird häufig auch der Knoblauch (Allium sativum, Familie Amaryllidaceae) erwähnt. Auf der Basis der traditionellen Anwendung von getrocknetem Knoblauchpulver im Vereinigten Königreich und einem Trockenextrakt (DEV 5:1, Auszugsmittel 34-prozentiger Ethanol) in Schweden zur Vorbeugung oder Therapie einer Erkältung schreibt der HMPC Knoblauch den TU-Status in dieser Indikation zu [11].

Klinische Daten, die eine derartige Anwendung unterstützen, sind jedoch eher dürftig: In einer 2014 veröffentlichten Cochrane-Metaanalyse [12] wurden acht Studien als möglicherweise relevant identifiziert, von denen jedoch nur eine das Einschlusskriterium einer randomisierten, kontrollierten Studie erfüllte. Bei dieser Studie [13] erhielten 146 Teilnehmer zwölf Wochen lang entweder Placebo oder eine nicht genauer spezifizierte Knoblauchkapsel. Die positiven Resultate einer geringeren Anzahl Erkrankungsfälle (24 versus 65) und weniger Gesamtkrankheitstage (111 versus 366) in der Verumgruppe basierten allerdings auf persönlichen Einschätzungen der Studienteilnehmer.

Eine randomisierte, placebokontrollierte Studie [14] wurde bei der Metaanalyse ausgeschlossen, weil auch Muskelschmerzen und Fieber als mögliche Symptome mit aufgenommen waren. Endpunkte der Studie mit 120 Teilnehmern waren einerseits die Proliferation von Immunzellen, andererseits das Auftreten von Symptomen einer Erkältung oder Grippe. Nach 45 Behandlungstagen proliferierten die gd-T- und natürlichen Killerzellen in der Verumgruppe deutlich besser als bei den Teilnehmern unter Placebo. Dies deutet tatsächlich auf eine immunstimulierende Aktivität der Knoblauch-Inhaltsstoffe hin. Nach 90 Behandlungstagen waren 26 Personen in der Verumgruppe und 28 in der Placebogruppe erkrankt, was keinen signifikanten Unterschied darstellte. Allerdings schien die Anwendung von täglich 2,56 g Knoblauchextrakt die Krankheitssymptome abzuschwächen.

Verantwortlich für die Wirksamkeit sind vor allem die verschiedenen Cystein-Sulfoxide im Knoblauch. Gemäß Ph.-Eur.-Monographie enthält die Droge Knoblauchpulver (Allii sativi bulbi pulvis) mindestens 0,45 Prozent Allicin.

Als unerwünschte Wirkungen können neben übelriechendem Atem und Körpergeruch Bauchschmerzen und Blähungen, aber auch allergische Reaktionen und Kopfschmerzen auftreten.

Personen, die orale Antikoagulanzien oder Saquinavir/Ritonavir einnehmen, sollten auf Knoblauch-Präparate verzichten, weil durch die Interaktion mit den Pflanzeninhaltsstoffen die Blutungszeit verlängert beziehungsweise die antivirale Wirkung reduziert werden könnte.

Ingwer – Scharfmacherdes Immunsystems?

Ingwer ist ein beliebtes Hausmittel bei einer beginnenden Erkältung. Verwendet wird der Wurzelstock von Zingiber officinale (Familie Zingiberaceae), der gemäß Monographie in der Ph. Eur. entweder ganz oder nur an den Flachseiten vom Kork befreit ist und mindestens 15 ml ätherisches Öl pro kg wasserfreie Droge enthält.

Der HMPC hat sich umfassend mit der Droge auseinandergesetzt und verschiedene Anwendungsgebiete definiert: den WEU zur Vorbeugung von Übelkeit und Erbrechen bei Reisekrankheit und den TU unter anderem bei gastrointestinalen Beschwerden und Appetitlosigkeit, aber auch zur Behandlung von Erkältungssymptomen [15]. Im ätherischen Öl sind vor allem Sesquiterpene und Monoterpene enthalten.

Die charakteristischen Scharfstoffe des Ingwers sind die Gingerole, die zu 4 bis 7,5 Prozent enthalten sind. In ingwerhaltigen Nahrungsmitteln ist das Rhizom üblicherweise pulverisiert und/oder gekocht, weshalb die Gingerole in die noch schärfere Stoffgruppe der sogenannten Shogaole umgewandelt sind. Gerade den Gingerolen und Shogaolen wird eine immunmodulierende Wirkung zugeschrieben [16].

Zellkulturexperimente mit humanen Leukozyten zeigten, dass Oleoresin und Gingerol in einer Konzentration von 50 µl/ml die Proliferation der B- und T-Lymphozyten stimulieren, für Shogaol sind höhere Konzentrationen nötig. Zudem wird die Lyse-Aktivität der natürlichen Killerzellen durch diese Ingwer-Inhaltsstoffe verstärkt. Es erscheint also durchaus plausibel, dass Ingwer das Immunsystem stimulieren könnte. Allerdings fehlen klinische Studien, die eine entsprechende Wirksamkeit bei Menschen nachweisen.

Curcuma im Check

Ebenso wie Ingwer gehört Curcuma zur Familie der Zingiberaceae. In der Ph. Eur. sind zwei Wurzelstock-Drogen monographiert: Zum einen der Curcumawurzelstock der Stammpflanze Curcuma longa und zum anderen die Javanische Gelbwurz von Curcuma zanthorrhiza.

Die Gelbwurz besteht aus dem getrockneten Rhizom und enthält mindestens 50 ml ätherisches Öl pro kg wasserfreier Droge sowie mindestens 1 Prozent Dicinnamoylmethan-Derivate, berechnet als Curcumin. Demgegenüber wird der Curcumawurzelstock vor dem Trocknen durch siedendes Wasser oder heißen Wasserdampf gebrüht und ist durch mindestens 25 ml ätherisches Öl pro kg wasserfreier Droge sowie mindestens 2 Prozent Dicinnamoylmethan-Derivate, berechnet als Curcumin, charakterisiert. Der HMPC stuft die Anwendung beider Drogen bei Verdauungsstörungen als traditionell ein.

In In-vitro-Untersuchungen stimulierte der Heißwasserextrakt des Curcumawurzelstocks mit den Polysacchariden von Curcuma longa die Proliferation von peripheren mononukleären Zellen und die Expression von Zytokinen. Bei Mäusen regte ein für 14 Tage einmal täglich verabreichter Methanolextrakt der Droge in einer Dosierung von 200 mg/kg sowohl die angeborene als auch die adaptive Immunantwort an [17].

Auch beim Curcumawurzelstock erscheint es also durchaus plausibel, dass Extrakte das Immunsystem stimulieren. Bisher wurden die entsprechenden In-vitro- und In-vivo-Untersuchungen mit nicht genauer charakterisierten Gesamtextrakten durchgeführt. Welche Inhaltsstoffe für die Wirkung der Extrakte verantwortlich sind, wurde nicht weiter analysiert. Klinische Studien zur Indikation »Immunstimulation« stehen auch hier aus.

Extrakte vom Ginseng

Weitere Pflanzen, die immer wieder im Zusammenhang mit einer Immunstimulation genannt werden, sind Ginseng, Panax ginseng, und der Amerikanische Ginseng, Panax quinquefolius, die beide zur Familie der Araliaceae gehören. Die Wurzeln beider Arten enthalten vor allem Polysaccharide und Ginsenoside, auf die die immunstimulierende Wirkung zurückgeführt wird. Im Europäischen Arzneibuch wird in der Monographie zu Ginseng radix der Stammpflanze Panax ginseng zwischen dem weißen und roten Ginseng unterschieden: Durch Behandlung mit Wasserdampf vor dem Trocknen der Wurzel wird aus weißem der rote Ginseng. Der Gehalt an den beiden wichtigen Ginsenosiden Rg1 und Rb1 muss gemäß Ph. Eur. bei mindestens 0,4 Prozent liegen.

Auch der HMPC hat bisher nur Panax ginseng monographiert und der Ginsengwurzel sowie verschiedenen Präparationen daraus einen TU-Status bei Erschöpfungssymptomen zugesprochen [18]. Die Ginsengwurzel gilt als Adaptogen, also als Droge zur Besserung des Allgemeinzustands – darunter kann im Prinzip auch eine Modulation der Immunabwehr subsummiert werden.

In In-vitro-Studien steigerten Extrakte aus Ginsengwurzeln die Phagozytoseaktivität und die Zytokinexpression von murinen Makrophagen und regten die Aktivität dendritischer Zellen und natürlicher Killerzellen an. Zudem zeigten Maus-Modelle, dass Ginsenoside die T-Zell-Proliferation und die Antikörperproduktion steigern. Klinische Studien mit Extrakten aus Ginsengwurzeln zielen vor allem auf andere Indikationen wie Senkung des Blutglucosespiegels oder des Blutdrucks, Fatigue-Symptome oder kognitive Fähigkeiten ab.

Nur wenige, kleinere klinische Studien zeigten Effekte auf die Immunzellen der Probanden. Inwieweit diese einen positiven Einfluss auf beispielsweise Erkältungskrankheiten haben, wurde bisher nicht untersucht.

Fazit

Zweifellos sind verschiedene Pflanzenextrakte und -inhaltsstoffe – auch noch einige mehr als hier vorgestellt [22] – in der Lage, die Proliferation von Immunzellen und/oder die Expression von Zytokinen zu stimulieren. In Zellkulturexperimenten lässt sich eine Aktivierung von Zellen des angeborenen Immunsystems leicht nachweisen, sodass es nicht verwunderlich ist, dass viele Drogen und Extrakte getestet werden. Die Relevanz dieser Untersuchungen aber ist höchst fragwürdig. Fragen nach der Bioverfügbarkeit pflanzlicher Inhaltsstoffe und nach deren Konzentration am Wirkort bleiben fast immer unbeantwortet. Damit ist die Übertragbarkeit der Daten auf die Situation im Menschen nicht gegeben.

Insgesamt ist die Evidenzlage bei den pflanzlichen Drogen und Arzneimitteln zur Stimulation des Immunsystems eher gemischt: Es gibt nicht viele klinische Studien und die wenigen geben kein allzu klares Bild hinsichtlich der immunstimulierenden Wirkung. Sehr häufig sind Inhaltsstoffe im Extrakt vorhanden, die zusätzlich antimikrobiell wirken könnten, sodass sich die Effekte verstärken und überlagern.

Generell gilt für alle Präparate mit immunstimulierenden Eigenschaften, dass sie für Menschen mit Immundefekten, Autoimmunerkrankungen, Erkrankungen des weißen Blutzellsystems oder unter Immunsuppression nicht geeignet sind. Außerdem sollten sie nicht dauerhaft eingenommen werden, um das Immunsystem nicht überzustimulieren.

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