Ozanimod als neue Therapieoption bei MS |
Sven Siebenand |
05.08.2020 11:00 Uhr |
Die Multiple Sklerose sollte möglichst frühzeitig hocheffektiv behandelt werden, um den weiteren Krankheitsverlauf auszubremsen. / Foto: Adobe Stock/ Artur Szczybylo
Zugelassen ist Ozanimod bei erwachsenen Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinische oder bildgebende Befunde. RRMS ist die häufigste Verlaufsform zum Zeitpunkt der Diagnosestellung von MS. Bei etwa 85 Prozent der Patienten wird anfangs die Diagnose RRMS gestellt.
Ozanimod ist der dritte Sphingosin-1-Phosphat-(S1P-)Rezeptormodulator im Handel: Zuvor waren bereits Fingolimod (Gilenya®) und Siponimod (Mayzent®) auf den Markt gekommen, die beide ebenfalls oral eingenommen werden. Fingolimod wird bei hochaktiver RRMS verwendet und Siponimod ist bei sekundär progredienter MS (SPMS) mit Krankheitsaktivität zugelassen.
Der Wirkmechanismus der S1P-Rezeptormodulatoren ist bislang nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass S1P mit den G-Protein-gekoppelten S1P-Rezeptoren interagiert, wodurch es unter anderem verschiedene immunologische und neurologische Prozesse beeinflusst. Unter physiologischen Bedingungen wandern bestimmte Lymphozyten zwischen Lymphknoten und Blutgefäßen. Als Signal zum Austritt aus den Lymphknoten dient ein chemotaktischer S1P-Gradient zwischen peripheren lymphatischen Organen und den Blutgefäßen. Lymphozyten folgen diesem S1P-Gradienten und können so die Lymphknoten verlassen.
Die Markteinführung des neuen MS-Medikaments Zeposia® erfolgte in Deutschland am 15. Juli 2020. / Foto: Celgene
Von fünf Rezeptor-Subtypen (S1P1-5), die in verschiedenen Geweben unterschiedlich stark exprimiert werden, findet sich insbesondere S1P1 auf B- und T-Lymphozyten und regelt deren Austritt aus den Lymphknoten. Deshalb scheint die Wirkung auf den S1P1-Rezeptor für die Effektivität der drei Wirkstoffe entscheidend zu. Sie wirken alle als funktionelle Antagonisten am S1P1-Rezeptor. Das bewirkt dessen Internalisierung und Abbau, was zu einer S1P1-Desensibilisierung der Lymphozyten führt. Dadurch können diese dem S1P-Gradienten nicht mehr folgen und so nicht mehr aus den Lymphknoten migrieren. Während Fingolimod ein unselektiver S1P-Rezeptormodulator ist, docken Ozanimod und Siponimod selektiv an die Subtypen 1 und 5 an.
Ozanimod wird einmal täglich als Kapsel eingenommen. Weil es durch Ozanimod zur vorübergehenden Abnahme der Herzfrequenz kommen kann, sollte die Dosis zu Beginn der Behandlung oder nach einer längeren Unterbrechung nur langsam gesteigert werden. Die Anfangsdosis beträgt während der ersten vier Tage eine 0,23-mg-Kapsel täglich, während der folgenden drei Tage eine 0,46-mg-Kapsel täglich und ab dem achten Tag eine 0,92-mg-Kapsel täglich. Bei bestimmten Risikopatienten wird nach Erstgabe von Ozanimod eine sechsstündige Überwachung auf Anzeichen und Symptome einer Bradykardie empfohlen. In der Fachinformation wird erläutert, in welchen Fällen eine Überwachung auch noch über diese sechs Stunden hinaus zu erfolgen hat.