Ozanimod als neue Therapieoption bei MS |
Sven Siebenand |
05.08.2020 11:00 Uhr |
Kontraindiziert ist Zeposia während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine zuverlässige Methode zur Empfängnisverhütung anwenden. Aufgrund des Potenzials für schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen durch Ozanimod und seine Metabolite bei gestillten Säuglingen sollen Frauen, die mit Ozanimod behandelt werden, nicht stillen.
Vor Therapiebeginn ist eine Herzuntersuchung wichtig. Ein kardiales Monitoring nach Erstgabe von Ozanimod brauchen nur Risikopatienten. / Foto: Fotolia/Gina Sanders
Weitere Kontraindikationen des neuen Wirkstoffs sind schwere Leberfunktionsstörung, Immunschwäche, schwere aktive Infektionen und aktive maligne Erkrankungen. Zudem ist das Medikament tabu bei Patienten mit bestimmten Herzerkrankungen und Patienten, die in den vergangenen sechs Monaten zum Beispiel einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt oder andere Herzprobleme hatten. Vor Einleitung der Ozanimod-Therapie ist bei allen Patienten ein EKG durchzuführen, um etwaige Vorerkrankungen des Herzens festzustellen. Der Blutdruck sollte während einer Ozanimod-Therapie regelmäßig kontrolliert werden.
Die Anwendung von attenuierten Lebendimpfstoffen kann ein Infektionsrisiko bergen und sollte daher während der Behandlung mit dem Wirkstoff und für bis zu drei Monate danach vermieden werden. Zudem sollten Patienten, die Ozanimod einnehmen, sich nicht ohne Schutz dem Sonnenlicht aussetzen, da bei ihnen ein potenziell höheres Risiko für bösartige Wucherungen besteht.
Was gibt es in Sachen Wechselwirkungen zu bedenken? Die gleichzeitige Anwendung von Inhibitoren des Brustkrebsresistenz-Proteins (BCRP), von MAO-Hemmern oder CYP2C8-Induktoren mit Ozanimod wird nicht empfohlen. Das kann zu erhöhten beziehungsweise erniedrigten Spiegeln des MS-Medikaments führen und damit dessen Wirksamkeit oder Sicherheit beeinflussen. Zudem hat die Einleitung einer Ozanimod-Therapie bei Patienten, die einen Betablocker oder einen Calciumkanal-Blocker erhalten, wegen der Möglichkeit für additive Effekte bezüglich der Herzfrequenz-Abnahme mit Vorsicht zu erfolgen.
Wie geht es weiter mit Ozanimod? Aufgrund seiner antiinflammatorischen Wirkung wird die Substanz derzeit bei weiteren entzündlichen Erkrankungen, zum Beispiel bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, in Phase-III-Studien untersucht.
Außergewöhnlich innovativ ist der Wirkmechanismus von Ozanimod nicht. Er ist bereits von Siponimod bekannt. Beide Wirkstoffe zeichnen sich dadurch aus, dass sie selektiv an den S1P-Rezeptorsubtypen 1 und 5 angreifen. Fingolimod wirkt dagegen unselektiv. Potenzielle Off-Target-Effekte, zum Beispiel durch die Wirkung am Rezeptorsubtyp 3, sind dadurch wahrscheinlicher.
Während Siponimod bei der SPMS zugelassen ist, kann Ozanimod bei der aktiven RRMS in der Erstlinie eingesetzt werden, Fingolimod erst bei hochaktiver Erkrankung. Das ist sicher das wichtigste Argument für die vorläufige Einstufung als Schrittinnovation. Experten weisen immer wieder auf die Bedeutung einer frühen hochwirksamen Therapie bei RRMS hin. In Deutschland kommen insbesondere in der Erstlinie aber eher selten hocheffektive Therapeutika zum Einsatz.
Patienten, die initial und früh mit einer hochwirksamen krankheitsmodifizierenden Therapie behandelt wurden, profitieren von einem geringeren Risiko für die Konversion zu SPMS. Mit Ozanimod besteht nun die Möglichkeit, früh effektiv antientzündlich zu behandeln. Die zulassungsrelevanten Studien belegen den Vorteil gegenüber Interferon β-1a (IFN β-1a). Interessant wäre ein Vergleich mit Fingolimod, das sich in Studien bei RRMS auch gegenüber IFN β-1a behaupten konnte.
Ein solcher Vergleich wäre auch hinsichtlich der Sicherheitsparameter wichtig. Dass kardiale Nebenwirkungen über den S1P-Rezeptorsubtyp 3 zustande kommen, gilt als sicher. Allerdings scheint dieser Subtyp nicht alleine für die Nebenwirkungen am Herzen verantwortlich zu sein. Was aber sicher ein Vorteil in der Praxis ist: Bei Patienten ohne kardiale Auffälligkeiten ist nach Erstgabe von Ozanimod kein kardiales Monitoring nötig. Unter Fingolimod ist das bei allen Patienten Pflicht.
Sven Siebenand, Chefredakteur