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Markteinführung

Ozanimod als neue Therapieoption bei MS

Seit Juli ist mit Ozanimod (Zeposia® 0,23 mg, 0,46 mg und 0,92 mg Hartkapseln, Celgene) ein neuer Wirkstoff für die orale Therapie bei bestimmten Patienten mit Multipler Sklerose auf dem deutschen Markt verfügbar.
AutorKontaktSven Siebenand
Datum 05.08.2020  11:00 Uhr

Zugelassen ist Ozanimod bei erwachsenen Patienten mit schubförmig remittierender Multipler Sklerose (RRMS) mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinische oder bildgebende Befunde. RRMS ist die häufigste Verlaufsform zum Zeitpunkt der Diagnosestellung von MS. Bei etwa 85 Prozent der Patienten wird anfangs die Diagnose RRMS gestellt.

Ozanimod ist der dritte Sphingosin-1-Phosphat-(S1P-)Rezeptormodulator im Handel: Zuvor waren bereits Fingolimod (Gilenya®) und Siponimod (Mayzent®) auf den Markt gekommen, die beide ebenfalls oral eingenommen werden. Fingolimod wird bei hochaktiver RRMS verwendet und Siponimod ist bei sekundär progredienter MS (SPMS) mit Krankheitsaktivität zugelassen.

Der Wirkmechanismus der S1P-Rezeptormodulatoren ist bislang nicht vollständig geklärt. Man geht davon aus, dass S1P mit den G-Protein-gekoppelten S1P-Rezeptoren interagiert, wodurch es unter anderem verschiedene immunologische und neurologische Prozesse beeinflusst. Unter physiologischen Bedingungen wandern bestimmte Lymphozyten zwischen Lymphknoten und Blutgefäßen. Als Signal zum Austritt aus den Lymphknoten dient ein chemotaktischer S1P-Gradient zwischen peripheren lymphatischen Organen und den Blutgefäßen. Lymphozyten folgen diesem S1P-Gradienten und können so die Lymphknoten verlassen.

Von fünf Rezeptor-Subtypen (S1P1-5), die in verschiedenen Geweben unterschiedlich stark exprimiert werden, findet sich insbesondere S1P1 auf B- und T-Lymphozyten und regelt deren Austritt aus den Lymphknoten. Deshalb scheint die Wirkung auf den S1P1-Rezeptor für die Effektivität der drei Wirkstoffe entscheidend zu. Sie wirken alle als funktionelle Antagonisten am S1P1-Rezeptor. Das bewirkt dessen Internalisierung und Abbau, was zu einer S1P1-Desensibilisierung der Lymphozyten führt. Dadurch können diese dem S1P-Gradienten nicht mehr folgen und so nicht mehr aus den Lymphknoten migrieren. Während Fingolimod ein unselektiver S1P-Rezeptormodulator ist, docken Ozanimod und Siponimod selektiv an die Subtypen 1 und 5 an.

Ozanimod wird einmal täglich als Kapsel eingenommen. Weil es durch Ozanimod zur vorübergehenden Abnahme der Herzfrequenz kommen kann, sollte die Dosis zu Beginn der Behandlung oder nach einer längeren Unterbrechung nur langsam gesteigert werden. Die Anfangsdosis beträgt während der ersten vier Tage eine 0,23-mg-Kapsel täglich, während der folgenden drei Tage eine 0,46-mg-Kapsel täglich und ab dem achten Tag eine 0,92-mg-Kapsel täglich. Bei bestimmten Risikopatienten wird nach Erstgabe von Ozanimod eine sechsstündige Überwachung auf Anzeichen und Symptome einer Bradykardie empfohlen. In der Fachinformation wird erläutert, in welchen Fällen eine Überwachung auch noch über diese sechs Stunden hinaus zu erfolgen hat.

Vorteil gegenüber Interferon β-1a in Studien

Die Zulassung basiert auf Daten der beiden randomisierten und doppelblinden Phase-III-Studien SUNBEAM und RADIANCE Teil B, an denen insgesamt mehr als 2600 Patienten teilnahmen. Verglichen wurde jeweils mit Interferon β-1a (IFN β-1a). Im Vergleich dazu zeigte sich für Ozanimod in der SUNBEAM-Studie über einen Behandlungszeitraum von mindestens zwölf Monaten eine relative Verringerung der jährlichen Schubrate (Annualized Relapse Rate, ARR) um 48 Prozent (absolute ARR 0,18 versus 0,35) sowie in der RADIANCE-Studie über 24 Monate eine relative Verringerung um 38 Prozent (absolute ARR 0,17 versus 0,28).

In SUNBEAM zeigte sich unter der Behandlung mit Ozanimod nach zwölf Monaten eine geringere Anzahl T1-gewichteter Gadolinium-anreichernder (Gadolinium-enhanced, GdE) Läsionen als unter IFN β-1a (0,16 versus 0,43). Darüber hinaus war auch die Anzahl neuer beziehungsweise sich vergrößernder T2-Läsionen unter Ozanimod im Vergleich zu INF β-1a nach zwölf Monaten geringer (1,47 versus 2,84). Auch in RADIANCE gab es ähnliche Vorteile. Unter Ozanimod gab es nach einem Behandlungszeitraum von 24 Monaten eine geringere Anzahl T1-gewichteter GdE-Läsionen als unter IFN β-1a (0,18 versus 0,37). Zudem war auch hier die Anzahl neuer beziehungsweise sich vergrößernder T2-Läsionen unter Ozanimod im Vergleich zu IFN β-1a geringer (1,84 versus 3,18).

Last, but not least zeigte sich in SUNBEAM nach einem Jahr im Vergleich zu IFN β-1a eine geringere mittlere prozentuale Veränderung des Gehirnvolumens gegenüber dem Ausgangswert (-0,41 versus -0,61 Prozent). In der RADIANCE-Studie betrug die mittlere Verringerung des Gehirnvolumens von Baseline bis Monat 24 unter Ozanimod -0,71 Prozent, unter IFN β-1a lag dieser Wert bei -0,94 Prozent.

Sehr häufig beobachtete Nebenwirkungen von Ozanimod sind Nasopharyngitis und Lymphopenie. Häufig treten unter anderem erhöhte Leberenzym-Werte, Virusinfektionen der Atemwege, Harnwegsinfektionen, Pharyngitis sowie Bradykardie und Hypertonie auf.

Kontraindikationen beachten

Kontraindiziert ist Zeposia während der Schwangerschaft und bei Frauen im gebärfähigen Alter, die keine zuverlässige Methode zur Empfängnisverhütung anwenden. Aufgrund des Potenzials für schwerwiegende unerwünschte Arzneimittelwirkungen durch Ozanimod und seine Metabolite bei gestillten Säuglingen sollen Frauen, die mit Ozanimod behandelt werden, nicht stillen.

Weitere Kontraindikationen des neuen Wirkstoffs sind schwere Leberfunktionsstörung, Immunschwäche, schwere aktive Infektionen und aktive maligne Erkrankungen. Zudem ist das Medikament tabu bei Patienten mit bestimmten Herzerkrankungen und Patienten, die in den vergangenen sechs Monaten zum Beispiel einen Schlaganfall, einen Herzinfarkt oder andere Herzprobleme hatten. Vor Einleitung der Ozanimod-Therapie ist bei allen Patienten ein EKG durchzuführen, um etwaige Vorerkrankungen des Herzens festzustellen. Der Blutdruck sollte während einer Ozanimod-Therapie regelmäßig kontrolliert werden.

Die Anwendung von attenuierten Lebendimpfstoffen kann ein Infektionsrisiko bergen und sollte daher während der Behandlung mit dem Wirkstoff und für bis zu drei Monate danach vermieden werden. Zudem sollten Patienten, die Ozanimod einnehmen, sich nicht ohne Schutz dem Sonnenlicht aussetzen, da bei ihnen ein potenziell höheres Risiko für bösartige Wucherungen besteht.

Was gibt es in Sachen Wechselwirkungen zu bedenken? Die gleichzeitige Anwendung von Inhibitoren des Brustkrebsresistenz-Proteins (BCRP), von MAO-Hemmern oder CYP2C8-Induktoren mit Ozanimod wird nicht empfohlen. Das kann zu erhöhten beziehungsweise erniedrigten Spiegeln des MS-Medikaments führen und damit dessen Wirksamkeit oder Sicherheit beeinflussen. Zudem hat die Einleitung einer Ozanimod-Therapie bei Patienten, die einen Betablocker oder einen Calciumkanal-Blocker erhalten, wegen der Möglichkeit für additive Effekte bezüglich der Herzfrequenz-Abnahme mit Vorsicht zu erfolgen.

Wie geht es weiter mit Ozanimod? Aufgrund seiner antiinflammatorischen Wirkung wird die Substanz derzeit bei weiteren entzündlichen Erkrankungen, zum Beispiel bei Colitis ulcerosa und Morbus Crohn, in Phase-III-Studien untersucht.

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