Off-Label-Use mit Evidenz |
Eine mögliche Alternative stellt die parenterale Gabe dar, bei der Arzneistoffe unter Umgehung des Magen-Darm-Trakts in den Blutkreislauf gelangen. Die intravenöse Gabe spielt vor allem stationär eine wichtige Rolle. Da nur geschultes Personal intravenös applizieren darf, ist die Umsetzung im ambulanten Umfeld schnell mit großen Herausforderungen verbunden. Eine intramuskuläre Gabe ist ebenfalls nur in bestimmten Fällen möglich.
Um Patienten ohne intravenösen Zugang auch zu Hause, in einem Pflegeheim oder Hospiz adäquat medikamentös versorgen zu können, kommt alternativ die subkutane Applikation in Betracht [19, 20]. Dieser kommt im palliativen Setting eine wichtige Rolle zu. Die wenigsten Arzneistoffe sind jedoch für diese Applikationsart zugelassen, sodass es sich in der Regel um einen Off-Label-Use handelt.
Die intravenöse Applikation von Arzneimitteln kommt bei der Palliativversorgung vor allem im stationären Setting vor. / Foto: Getty Images/Jose Luis Pelaez Inc
Den Patienten wird dafür eine subkutane Verweilkanüle zum Beispiel in die Bauchdecke, in die Oberarm- beziehungsweise Oberschenkelaußenseite oder ober- oder unterhalb des Schulterblattes gelegt, über die dann – als Bolus, Kurzinfusion oder kontinuierlich – Medikamente zugeführt werden. Ein Vorteil dieses wenig invasiven Applikationsweges ist, dass pflegende Angehörige nach einer entsprechenden Schulung die Medikamentengabe übernehmen können. Bei der kontinuierlichen Gabe kommen vor allem Spritzen- und Peristaltikpumpen zum Einsatz.
Limitierender Faktor ist das zu applizierende Volumen. Für die Bolusinjektion beträgt dieses 2,5 ml pro Gabe [21]. Für die kontinuierliche Gabe werden maximal 50 bis 100 ml/24 h empfohlen. Dies ist an den Spritzengrößen der Pumpen orientiert, ebenso soll so vermutlich die schnelle Resorption aus dem Unterhautfettgewebe sichergestellt werden [22]. Bei der reinen Flüssigkeitssubstitution werden aber auch Volumina von 500 bis 1000 ml und mehr appliziert [16]. Für Notfälle eignet sich die subkutane Gabe aufgrund des langsameren Anflutens eher nicht [21].
Zur intravenösen und -muskulären Injektion zugelassene Wirkstoffe eignen sich nicht automatisch für die subkutane Gabe. Folgende Eigenschaften sind von Vorteil [22]:
Treten lokale Reizungen auf, sollte die Nadel entfernt und eine andere Applikationsstelle gewählt werden. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Kompatibilität und Stabilität der Lösungen. Mischungen mehrerer Arzneistoffe sind nach Möglichkeit zu vermeiden, da diese das Risiko chemischer oder physikalischer Inkompatibilitäten mit einhergehendem Wirkverlust bergen. Jedoch lässt sich dies nicht immer praktisch umsetzen. Die Angaben zu Inkompatibilitäten in den Fachinformationen können erste Hinweise liefern. Angehörige der Fachkreise können zudem kostenfrei die Datenbank unter www.pall-iv.de nutzen, die evaluierte Informationen zu Kompatibilitäten von Mischinfusionen aus der klinischen Praxis bietet.
Häufig off Label subkutan wird zum Beispiel Metamizol zur Schmerzbehandlung im palliativen Kontext angewendet. Allerdings finden sich nur wenige veröffentlichte Daten zu dieser Applikationsart. In der Datenbank pall-OLU ist die verfügbare Evidenz zusammengetragen und eine »Kann-Empfehlung« (Empfehlungsgrad 0) unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen daraus abgeleitet. Da mehrere Übersichtsarbeiten vor der Bildung von Infiltraten, Rötung und Schmerzen an der Einstichstelle warnen, empfehlen die Datenbankautorinnen und -autoren, den Infusionsort etwa alle 48 Stunden zu wechseln und eine neue Butterfly-Kanüle zu legen. Zudem soll die unverdünnte Injektionslösung demnach, da sie eine hohe Osmolarität aufweist, zur besseren Verträglichkeit mit 0,9-prozentiger NaCl-Lösung verdünnt werden.