Neurodermitis-Begleiter im Taschenformat |
Laura Rudolph |
07.04.2022 18:00 Uhr |
In Deutschland leiden etwa 10 bis 20 Prozent der Kinder und 2 bis 5 Prozent der Erwachsenen an Neurodermitis. / Foto: GettyImages/ dragana991
Den Auftakt der digitalen Anwendungen bei Neurodermitis (atopische Dermatitis) bildete die App »Nia« der Berliner Firma Nia Health. Sie entstand 2019 aus einem Gründer-Stipendiumsprojekt an der Berliner Charité. »Nia war die erste als Medizinprodukt zertifizierte Neurodermitis-App überhaupt. Wir haben sie von Anfang an mit Betroffenen entwickelt, um sie bestmöglich auf ihre Bedürfnisse anzupassen«, erklärt Mitgründer und CEO Tobias Seidl im Gespräch mit der PZ.
Hautscores helfen Betroffenen, ihren Hautzustand selbst einzuschätzen. / Foto: Nia Health
Nia wurde zusammen mit Hautärzten entwickelt und orientiert sich am Curriculum der Arbeitsgemeinschaft Neurodermitis-Schulung (AGNES), dem Dachverband für Neurodermitis-Schulung in Deutschland. Die App ist in vier Varianten erhältlich . Die Basisversion ist kostenlos. Nutzer können Informationsartikel lesen, ihren Hautzustand fotografisch dokumentieren sowie Schübe und mögliche Auslöser erfassen. Das Premium-Paket »TagebuchPlus« für 9,95 Euro pro Monat bietet zusätzlich eine Auswertung der gesammelten Daten.
Noch mehr kann die vollumfängliche Premiumversion »Digitale Begleitung«: hinzu kommen Videos und Schulungsmaterialien mit alltagstauglichen Tipps, ein PDF-Report für den nächsten Arztbesuch sowie eine ausführliche Schub-Verlaufskontrolle. Seidl erklärt: »Auf Basis des klinisch validierten AGNES-Curriculums erhalten die Patientinnen und Patienten gut umsetzbare Tipps und Tricks für den Alltag. Außerdem kann der Verlauf der Hautgesundheit über klinische Scores objektiviert werden, was eine gute Selbstkontrolle ermöglicht.« Einige Krankenkassen (AOK PLUS, KKH - Kaufmännische Krankenkasse, IKK Südwest, BKK Pfalz) übernehmen bereits die Kosten in Höhe von 49,95 Euro pro Monat für dieses Paket für sechs oder zwölf Monate. In der Version »Expertinnen Coaching« (84,95 Euro pro Monat) gibt es zweimal pro Monat ein individuelles digitales Beratungsgepräch obendrauf.
Von Betroffenen für Betroffene: Nach diesem Prinzip entstand die App »NALA« der Firma Nala Care aus Bern in der Schweiz. »Wir als Gründer kennen Neurodermitis extrem gut. Ich litt selbst zwölf Jahre an der Hautkrankheit«, verrät Mitgründer Jeremy Henrichs der PZ im Interview. Mit der digitalen Begleiterin NALA für 20 Euro pro Monat möchte das Entwicklerteam eine »Abkürzung zu einer glücklichen Haut« schaffen, wie es auf der Website heißt. Während nach der Diagnose häufig ein jahrelanger Kampf gegen die Beschwerden beginnt, soll die App die Symptome in nur wenigen Monaten deutlich reduzieren.
In der NALA-App lässt sich der Hautzustand fotografisch festhalten. / Foto: Freepik.com/NALA.care GmbH
NALA setzt auf ein ganzheitliches Konzept, entwickelt von einem Team aus Dermatologen, Allergologen und weiteren Experten. Anwender können ihren Hautzustand fotografisch aufzeichnen und Triggerfaktoren dokumentieren. »Wer selbst betroffen ist, weiß, wie schwierig es sein kann, die persönlichen Schubauslöser und Hautunterstützer zu identifizieren«, betont Henrichs. Er fügt hinzu: »Wir können nicht nur den Betroffenen selbst helfen, persönlich Dos und Don’ts zu dokumentieren, sondern mittels künstlicher Intelligenz auch Vorschläge für noch unbekannte Faktoren generieren.« Über anerkannte Hautscores können Nutzer ihren Hautzustand im zeitlichen Verlauf bewerten. Die App generiert einen Hautreport, der sich als Grundlage für den nächsten Arztbesuch eignet. Er zeigt den Gesundheitsverlauf der vergangenen Monate in einer Übersicht. Zudem ist die App für Eltern betroffener Kinder geeignet.
NALA bietet darüber hinaus Schulungen im Videoformat: In neun Workshops lernen Betroffene, was ihrer Haut guttut, was sie stresst und was sie konkret für ihre Hautgesundheit tun können. Dabei greift die App Themen wie Hautpflege, Ernährung und Stressmanagement auf. Über Erfahrungsberichte können sich die Anwender untereinander austauschen. Die App-Entwickler sprechen von ihrer App als einem »360-Grad-Werkzeugkasten«.
In der Serie »PZ App-Check« stellt die PZ digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) indikationsbezogen vor, ergänzt durch weitere aus Sicht der Redaktion empfehlenswerte Gesundheits-Apps. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und es erfolgt keine detaillierte Bewertung. Geachtet wird etwa auf die Seriosität der Anbieter, die Verfügbarkeit sowohl für Apple- als auch Android-Nutzer und die Verfügbarkeit der App in deutscher Sprache. Bisher erschienen die Beiträge »Wegweiser im App-Dschungel«, »Welche Apps helfen beim Abnehmen?«, »Tinnitus entstressen«, »Depressionen digital angehen«, »Hilfe beim Reizdarmsyndrom« und »Apps als Helfer zur Allergiebewältigung«.