Neues zu Langzeitschäden nach Corona-Infektion |
Theo Dingermann |
18.03.2021 13:00 Uhr |
Mangelnde Belastbarkeit, Müdigkeit und Luftnot können auch noch Wochen nach einer SARS-CoV-2-Infektion anhalten. Dann spricht man vom Long-Covid- oder Post-Covid-Syndrom, wobei es bislang noch keine klare Definition gibt. / Foto: Getty Images/Jasmin Merdan
Nach wie vor ist Covid-19 eine ungewöhnliche, kaum berechenbare Krankheit. Einige Patienten bleiben nahezu symptomlos, bei vielen Patienten ist Covid-19 eine nach durchschnittlich 14 Tagen selbst limitierende Erkrankung und für manche Patienten besteht im Laufe der Erkrankung Lebensgefahr. Aber eine große Zahl von Patienten fühlt sich keineswegs gesund, nachdem die Hauptsymptome abgeklungen sind. Als Hauptbeschwerden gelten mangelnde Belastbarkeit, Müdigkeit und Luftnot, aber auch Herzbeschwerden. »Wenn nach sechs bis acht Wochen noch Atemnot vorherrscht, sollte das unbedingt untersucht werden«, rät Professor Dr. Claus Vogelmeier, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Lungenstiftung (DLS).
»Schätzungen zufolge haben etwa 10 Prozent mit Langzeitfolgen zu kämpfen, die unter den Bezeichnungen Post-Covid-Syndrom oder Long-Covid bekannt sind«, heißt es heute in einer Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP). Die Vielfalt an dokumentierten Symptomen machten es behandelnden Ärztinnen und Ärzten schwer, sie einem klar abgegrenzten Krankheitsbild zuzuordnen. Dazu soll es demnächst Hilfestellung geben: Die Fachgesellschaft kündigte für Ende April das Erscheinen einer S1-Leitlinie für die Diagnostik und Therapie von Long-Covid vor. »Bei stationär behandelten Patientinnen und Patienten treten zudem häufig Veränderungen der Lunge auf. Das Lungengewebe ist dann so verändert, dass der Gasaustausch zwischen Blut und Luft in der Lunge erschwert ist«, so der Pneumologe Professor Dr. Andreas Rembert Koczulla, federführender Koordinator der Leitlinie. »Daten aus Österreich machen jedoch Hoffnung auf eine gute Rückbildungstendenz nach 60 beziehungsweise 100 Tagen.«
Welche Effekte über vier Monate nach überstandener Erkrankung auftreten können, zeigt sich aktuell in eine französischen Studie. Die Ergebnisse der sogenannten »COMEBAC Study Group« wurden jetzt in JAMA publiziert. Die Wissenschaftler schlossen in ihre prospektive, unkontrollierte Kohortenstudie 478 von Covid-19 Genesene ein, die zwischen März und Mai 2020 in einem Universitätskrankenhaus in Frankreich stationär behandelt worden waren. Diese Patienten wurden vier Monate nach ihrer Entlassung telefonisch nach möglichen Krankheitssymptomen im Nachgang zur eigentlichen Erkrankung befragt. Patienten mit relevanten Symptomen und alle Patienten, die auf einer Intensivstation stationär behandelt worden waren, wurden zu einer weiteren Beurteilung bei einem ambulanten Pflegebesuch eingeladen.
In den Telefoninterviews berichteten 244 Patienten (51 Prozent) mindestens ein Symptom, das vor der Erkrankung nicht vorhanden war. Über Müdigkeit klagten 31 Prozent, über kognitive Symptome 21 Prozent und über eine erneut aufgetretene Dyspnoe 16 Prozent der Befragten.
Bei 177 Patienten (37 Prozent), darunter 97 von 142 ehemaligen Intensivpatienten, wurde eine genauere Untersuchung veranlasst. Bei diesen Patienten lag der Medianwert des »Multidimensional Fatigue Inventorys« auf einer Skala von 1 (am besten) bis 5 (am schlechtesten) für verminderte Motivation bei 4,5 und für mentale Müdigkeit bei 3,7. Der Medianwert des »Short-Form Health Survey« lag für die Subskala »durch körperliche Probleme eingeschränkte Rolle« auf einer Skala von 0 (am besten) bis 100 (am schlechtesten) bei 25.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.