Mehr Nebenwirkungen bei Impfstoffwechsel |
Eine erste, am Donnerstag veröffentlichte Zwischenauswertung der Com-Cov-Studie befasst sich jedoch nicht mit der Wirksamkeit und initiierten Immunantwort des Impfsystems, sondern dessen Reaktogenität und Sicherheit. Das Fazit: Wer zwei unterschiedliche Corona-Impfstoffe bei seiner Erst- und Zweitimpfung erhält, hat eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für milde und moderate Nebenwirkungen nach der zweiten Dosis. Das berichten Forscher um Dr. Robert Shaw von der Universität Oxford im Fachjournal »The Lancet«. Anlass zur Sorge um die Patientensicherheit gebe es deswegen aber nicht, betonten die Wissenschaftler.
Von insgesamt 830 Probanden hatten 463 Freiwillige im Abstand von vier Wochen zwei Impfdosen erhalten: entweder zuerst das Präparat von Astra-Zeneca und dann das von Biontech/Pfizer oder umgekehrt oder jeweils zwei Dosen des gleichen Impfstoffs. Bei den homologen Impfserien war die systemische Reaktogenität bei Astra-Zeneca (zweimal Vaxzevria in vier Wochen) nach der ersten Dosis höher. Wer zweimal Tozinameran von Biontech/Pfizer erhielt, hatte dagegen bei der zweiten Dosis mehr systemische Reaktionen wie Fieber oder Schüttelfrost.
Im Vergleich zu den homologen Impfsystemen war bei beiden heterologen Systemen die Häufigkeit der leichten und moderaten Impfreaktionen erhöht. In der Gruppe der 110 Probanden, die zuerst Vaxzevria und dann Tozinameran erhalten hatten, berichteten 34 Prozent von Fieber. Im Vergleich dazu trat Fieber nur bei 10 Prozent der 112 Probanden auf, die zweimal Vaxzevria erhalten hatten. Ähnliches war auch bei der mRNA-Vakzine zu beobachten: Von den 114 Probanden, die Tozinameran als Prime- und Vaxzevria als Booster-Impfung erhalten hatten, berichteten 41 Prozent von Fieber, im Vergleich zu 21 Prozent beim homologen Tozinameran-Regime.
Ähnliche Anstiege wurden für Schüttelfrost, Fatigue, Kopf- und Gliederschmerzen, Unwohlsein und Muskelschmerzen beobachtet. Die meisten Reaktionen traten innerhalb von 48 Stunden nach den Impfungen auf, Hospitalisierungen waren nicht notwendig. Die hämatologischen und biochemischen Profile unterschieden sich zwischen den heterologen and homologen Impfsystemen nicht. Thrombozytopenie wurde bei keinem Probanden beobachtet.
»Die Ergebnisse dieser Studie legen nahe, dass die Gabe zweier unterschiedlicher Dosen zu vermehrten Arbeitsausfällen am Tag nach der Impfung führt«, sagte Matthew Snape von der Universität Oxford, der die Studie leitet. Das sei etwa wichtig für die Planung von Impfungen bei Beschäftigten im Gesundheitsbereich. Zu beachten sei auch, dass die 463 Probanden in der Zwischenauswertung im Durchschnitt 57 Jahre alt waren und somit zu einer Altersgruppe gehören, in der Impfreaktionen weniger stark ausfallen als bei Jüngeren. In Deutschland ist das heterologe Impfsystem jetzt aber gerade für Jüngere vorgesehen.
Wie gut die Immunreaktionen bei den heterologen im Vergleich zu den homologen Impfsystemen ist, wurde noch nicht ausgewertet. Die Daten hierzu werden im Juni erwartet. Auch die Ergebnisse zu dem längeren Impfabstand von zwölf Wochen und zu der Erweiterung der Com-Cov-Studie um die zwei zusätzlichen Impfstoffe stehen noch aus. Es bleibt daher abzuwarten, ob die verstärkten Nebenwirkungen auch mit einem guten Immunschutz belohnt werden.
Erste Daten aus Tierversuchen legen aber nahe, dass ein heterologes Impfsystem einen guten Schutz induziert. So zeigte eine im März veröffentlichte Studie an Mäusen, dass eine Prime-Dosis mit einer Adenovirus-Vektorvakzine gefolgt von einem mRNA-Impfstoff als Booster höhere Titer neutralisierender Antikörper induzierte als ein homologes Impfschema. Das berichtete ein Forscherteam von der chinesischen Arzneimittelbehörde in Peking im Journal »Emerging Microbes & Infections«. Auch die Th1-basierte T-Zell-Antwort fiel bei einem heterologen System besser aus. Allerdings untersuchten die Wissenschaftler Covid-19-Impfstoffe, die in China entwickelt wurden, und keine in der EU zugelassenen Vakzinen.
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