Lästig bis lebensbedrohlich |
Das Spektrum möglicher auslösender Pathogene ist sehr umfangreich (Tabelle). Am häufigsten sind in Deutschland enteropathogene Viren für eine Gastroenteritis verantwortlich. Spitzenreiter sind Norovirus-Infektionen. Ebenfalls häufig sind Campylobacter- und Salmonella-Spezies sowie Rotaviren.
Hohe Umweltresistenz und Infektiosität zeichnen Noroviren aus. Die Ausscheidung erfolgt über Stuhl und Erbrochenes. Die Übertragung erfolgt über Schmierinfektionen oder über virushaltige Aerosole nach dem Erbrechen. Besonders in den Wintermonaten sorgen die Viren für hohe Erkrankungszahlen in Kindergärten, Schulen, Pflegeheimen und Krankenhäusern (7). Alle Altersgruppen sind betroffen, am häufigsten Menschen unter fünf und über 80 Jahren.
Campylobacter und Salmonellen sind die häufigsten bakteriellen Erreger einer infektiösen Gastroenteritis (8). Die höchsten Mortalitätszahlen sind bei Salmonellen-Infektionen zu finden, die als sporadische Einzelfälle, aber auch gehäuft in Ausbrüchen innerhalb von Familien oder Personengruppen auftreten können (9).
Pathogen | Beispiele |
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Bakterien | Escherichia coli (EC), auch Enterotoxin-bildende EC (ETEC), enterohämorrhagische EC (EHEC) und enteroaggregative EC (EAEC)Yersinia enterocolitica und Y. pseudotuberculosisClostridioides difficileCampylobacter jejuniSalmonellen, ShigellenVibrio cholerae |
Viren | Rotaviren, Adenoviren, NorovirenSapoviren, Cytomegalievirus |
Verursacher einer Lebensmittelvergiftung | Staphylococcus aureusBacillus cereusClostridioides perfringens |
Protozoen | Giardia lambliaCryptosporidium parvumEntamoeba histolytica |
Helminthen (Würmer) | Platthelminthen (Trematoden, Schistosoma, Zestoden)Trichinellen |
Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr sind die wichtigsten therapeutischen Maßnahmen, um die durch Erbrechen und Durchfall verlorenen Flüssigkeitsmengen und Elektrolyte wieder auszugleichen. Die Leitlinie spricht sich für orale Rehydrationslösungen (ORL) aus. Diese kommen leider zu selten zum Einsatz. Sie sind nicht nur klassischen Hausmitteln wie der Kombination aus Salzstangen und Limonade (Cola) vorzuziehen, sondern auch – wann immer möglich – der intravenösen Substitution (1).
Zur oralen Rehydration eignen sich spezielle glucose- oder komplexe kohlenhydratbasierte Elektrolytlösungen. Nach Empfehlungen der WHO sollte die Salz- und Glucosetrinklösung (»WHO-Trinklösung«) eine Osmolarität von 245 mosm/l und folgende Zusammensetzung haben:
Die physiologische Grundlage für dieses Therapieprinzip lässt sich in den Enterozyten und dem gekoppelten Kotransport von Natrium und Glucose finden. Natrium wird effektiver über den SGLT-1-Transporter aus dem Darmlumen ausgeschleust, wenn es mit Glucose oder Galactose transportiert werden kann. Das Wasser folgt dem gerichteten Natriumstrom passiv nach. Da die ORL ein optimales Verhältnis von Natrium und Glucose enthält, kann mit einer maximalen Natriumresorption und einer damit verbundenen Wasserrückresorption gerechnet werden.
Patienten mit akuten Magen-Darm-Problemen kommen meist zuerst in die Apotheke. / Foto: Adobe Stock/contrastwerkstatt
Das Apothekenteam sollte darauf hinweisen, dass die Rehydrationslösung in Wasser und nicht in anderen Getränken wie Milch oder Limonaden in der vorgeschriebenen Verdünnung verabreicht werden sollte. Eine Kühlung erhöht sehr oft die Akzeptanz bei den Patienten. Bei kleinen Kindern und alten Menschen empfiehlt sich das häufige Anbieten von kleinen Flüssigkeitsmengen aus der Tasse oder vom Löffel.
Im stationären Rahmen kann eine kontinuierliche Rehydration über eine nasogastrale Sonde gegeben werden (1). Dies steht der intravenösen Zufuhr in puncto Sicherheit und Effektivität auch bei Kindern in nichts nach.
Die zu verabreichenden Flüssigkeitsmengen richten sich nach den Flüssigkeitsdefiziten. Erwachsene mit akuter Magen-Darm-Infektion sollten darauf achten, nach jedem Stuhlgang zu trinken (mehr als 2 Liter pro 24 Stunden). Sollte zu Hause keine Rehydrationslösung zur Verfügung stehen, können bei milder akuter Gastroenteritis zu Beginn auch Wasser, Tee oder stark verdünnte Fruchtsäfte zur Flüssigkeitsergänzung genutzt werden. Der Patient kann die WHO-Lösung notfalls auch selbst anmischen (Kasten).
Unverdünnte Fruchtsäfte, Leitungswasser und Limonaden sind insbesondere bei schweren und starken Formen der Gastroenteritis ungeeignet. Sie enthalten entweder zu viel Zucker, was die Diarrhö weiter verstärken kann, oder zu wenig oder im falschen Verhältnis die notwendigen Elektrolyte.
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In jeder Hausapotheke sollten eine bis zwei Packungen einer oralen Rehydratationslösung griffbereit sein. Steht kein Fertigarzneimittel zur Verfügung, rät die WHO, die Lösung selbst herzustellen. Sie empfiehlt für Erwachsene, auf einen Liter Wasser vier Teelöffel Haushaltszucker, einen Dreiviertelteelöffel Salz und eine Tasse Orangensaft oder zwei zerdrückte Bananen zu geben. Unklar sind die Füllmenge der Löffel (flach gestrichen oder gehäuft) und die Tassengröße. Dazu werden keine Angaben gemacht.
Für die Rehydratation bei Säuglingen und Kleinkindern wird auf die Leitlinie der European Society for Paediatric Gastroenterology Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) in ihrer letzten Aktualisierung im Jahr 2014 verwiesen. Als Standardtherapie der Dehydratation bei akuter Gastroenteritis soll eine orale Rehydratation mit einer Glucose-Elektrolytlösung (Natrium 60 mmol/l, Glucose 74 bis 111 mmol/l) oder polymerbasierten Elektrolytlösung rasch begonnen werden.